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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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bemerkt, Schwester. Es ist Realgar, das sogenannte Höhlenpulver. Künstler
     benutzen es für ihre Arbeiten als Farbstoff, aber wenn man es einnimmt, reagiert es wie ein schnell wirkendes Gift.«
    Fidelma nickte befriedigt, man mochte meinen, er bestätigte lediglich, was sie schon wusste. Sie blickte in die gespannten
     Gesichter, ihr Hauptaugenmerk aber galt Cuill, dem jungen Künstler. Der war kreidebleich geworden und in sich zusammengesunken.
    »Ich habe ihn gehasst«, stammelte er, »aber ich würde nie jemand umbringen. Ich halte es mit den Ehrbegriffen unserer Vorfahren,
     das Leben ist heilig, egal wie böse es sich darstellt.«
    »Aber dieses Gift benutzen Künstler, wie du einer bist, für ihre Arbeit«, unterstrich Marbán. »Wer außer dir und Gerróc wusste
     das? Weshalb gibst du es nicht zu, wenn du ihn getötet hast? Haben wir nicht beteuert, dass wir für die begangene Tat gegenseitig
     einstehen? Ich habe doch deutlich gesagt, dass ich für den Täter die Zahlung des Ehrenpreises übernehme.«
    »Bei welcher Gelegenheit hätte ich das Gift in Nechtans Becher tun können?«, setzte sich Cuill zur Wehr. »So gesehen, hättest
     auch du es getan haben können.«
    |454| Fidelma schritt ein; fortgesetzte gegenseitige Schuldzuweisungen brachten sie nicht weiter.
    »Cuill hat die entscheidende Frage berührt«, sagte sie ruhig, aber doch mit Autorität, dass wieder Ruhe herrschte. »Am besten,
     ihr setzt euch.«
    Langsam, wenn auch widerwillig, folgten sie ihrem Geheiß. Fidelma blieb da stehen, wo Nechtan gesessen hatte.
    »Lasst uns noch einmal die Tatsachen durchgehen«, begann sie. »Das Gift war im Weinbecher. Daraus könnte man schlussfolgern,
     dass es im Wein war. Der Wein war in dem Krug dort.« Sie zeigte auf den Beistelltisch, auf dem der Bedienstete den Weinkrug
     abgestellt hatte. »Marbán, ruf doch bitte den Diener herein, denn schließlich hatte er Nechtans Becher gefüllt.«
    Marbán rief ihn. Es war ein junger, dunkelhaariger, verunsichert wirkender Mann namens Ciar. Als er begriff, was geschehen
     war, war er vollends verwirrt und kaum mehr ansprechbar.
    »Du hast heute Abend den Wein ausgeschenkt, stimmt’s?«, fragte Fidelma.
    Ciar nickte. »Ihr habt es doch alle gesehen.«
    »Woher stammte der Wein? War es ein besonderer Wein?«
    »Nein. Er wurde vor einer Woche von einem Kaufmann aus Gallien erworben.«
    »Hat Nechtan von dem gleichen Wein getrunken, der seinen Gästen serviert wurde?«
    »Ja. Alle haben den gleichen Wein getrunken.«
    »Auch aus dem gleichen Krug?«
    »Ja. Allen wurde Wein aus ein und demselben Krug eingeschenkt. Als Letztem schenkte ich Nechtan aus dem Krug nach, und als
     ich seinen Becher gefüllt hatte, merkte ich, dass der Krug fast leer war. Ich fragte Nechtan, ob ich ihn auffüllen sollte,
     aber er schickte mich weg.«
    |455| »Das stimmt, Fidelma«, ließ sich Marbán vernehmen, »wir alle haben zugeschaut.«
    »Nechtan war aber nicht der Letzte, der Wein aus dem Krug getrunken hat«, erwiderte Fidelma, »das war Cuill.«
    Daolgar entfuhr ein kurzer Aufschrei, mit einem Redeschwall fiel er über Cuill her.
    »Fidelma hat recht. Ciar hat Nechtans Becher nachgefüllt und den Raum verlassen. Und während Nechtan mit Dathó sprach, bist
     du aufgestanden, um Nechtan herumgegangen und hast dir aus dem Krug nachgeschenkt. Unser aller Aufmerksamkeit war bei dem,
     was Nechtan zu sagen hatte. Niemand wäre es aufgefallen, wenn du die Giftkristalle in Nechtans Becher hättest gleiten lassen.
     Du hattest nicht nur ein Tatmotiv, sondern auch Mittel und Möglichkeit.«
    »Das ist eine Lüge!«, rief Cuill erregt.
    Doch Marbán ergänzte eifrig Daolgars Worte.
    »Wir haben gehört, dass das Gift von Künstlern auch als Farbstoff benutzt wird. Ist Cuill ein Künstler oder nicht? Außerdem
     hasste er Nechtan, weil der ihm seine Frau abspenstig gemacht hatte. Das erklärt doch alles.«
    »Die Beweisführung ist nicht ganz stichhaltig«, griff Fidelma ein.
    »Nämlich?«, wollte Dathó wissen.
    »Als Nechtan seine merkwürdige Rede hielt, in der er um Entschuldigung bat, habe ich ihn sehr genau beobachtet. Dabei habe
     ich durchaus mitbekommen, dass Cuill hinter ihm vorbeiging, ohne sich im Geringsten an Nechtans Becher zu schaffen zu machen.
     Er hat sich lediglich den restlichen Wein aus dem Krug eingegossen, den er dann auch trank, und hat damit ganz nebenbei den
     Beweis erbracht, dass sich das Gift in Nechtans Becher und nicht im Wein befand.«
    Misstrauisch sah

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