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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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fertig?«
    »Als ich erfuhr, dass ein Brehon vom Festland kommen würde, hielt ich es für besser, damit zu warten und erst mit ihm zu sprechen
     … oder, wie sich herausstellt, mit ihr.«
    Sie äußerte sich nicht zu seiner hastigen Verbesserung, sondern bat ihn: »Ich würde gern die Stelle sehen, von der Äbtissin
     Cuimne hinabgestürzt ist.«
    »Das ist nicht weit. Ich bring dich dorthin.«
    Er griff nach einem Wanderstock aus Schwarzdorn und warf dann einen besorgten Blick auf Fidelmas Sandalen.
    »Hast du nichts Derberes an Schuhwerk? Der Morast unterwegs dürfte den leichten Dingern wenig bekommen.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Du hast eine gängige Schuhgröße«, stellte der Apotheker fest. Er ging zu einer Truhe und holte ein Paar klobige Schuhe aus
     ungegerbtem Leder mit einer dicken Sohle hervor, Schuhe von der Art, wie sie die Inselbewohner trugen. »Hier, zieh die an
     und erspar deinen zierlichen Schuhchen die Unwägbarkeiten der Insel.«
    Schon wenige Minuten später stapfte Fidelma etwas unbeholfen, aber doch trockenen Fußes hinter Corcrain durch das Gelände.
    »Hattest du Äbtissin Cuimne auch schon mal vor ihrem tödlichen |141| Unfall zu Gesicht bekommen?«, fragte Fidelma und keuchte ein wenig, als sie versuchte, hügelan mit dem Tempo ihres Anführers
     Schritt zu halten.
    »Die Insel ist klein, da geht man sich kaum aus dem Wege. Ja, ich habe sie gesehen und auch mehrmals mit ihr gesprochen.«
    »Weißt du, was sie hierhergeführt hat? Der
bó-aire
hat nicht einmal gewusst, dass sie eine Äbtissin war, und hat sie für eine einfache Nonne gehalten, die auf der einsamen Insel
     hier fernab von allem Treiben Zuflucht gesucht hat, um in aller Ruhe meditieren zu können.«
    »Den Eindruck hatte ich nicht. Im Gegenteil, sie hat mir erzählt, dass sie in einer bestimmten Angelegenheit, die etwas mit
     der Insel zu tun habe, Nachforschungen betreibe. Einmal hat sie was Merkwürdiges gesagt …« Er krauste die Stirn und musste
     in seiner Erinnerung graben. »Das hatte was mit dem Bischof von An Chúis zu tun. Sie hoffte, eine Wette zu gewinnen, die sie
     mit Bischof Artagán abgeschlossen hatte.«
    Fidelma machte große Augen vor Verwunderung.
    »Eine Wette? Hat sie sich näher darüber ausgelassen?«
    »Ich glaube, es hatte etwas mit ihren Nachforschungen hier zu tun.«
    »Aber was sie herauszufinden suchte, weißt du nicht?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Sie war nicht gerade mitteilsam, eher zurückhaltend. Ich kann mir gut vorstellen, dass der
bó-aire
nicht mitbekommen hat, wer sie wirklich war. Auch ich habe es nicht gewusst, wenngleich ich mir denken konnte, dass sie keine
     einfache Nonne war.«
    »Nachforschungen?«, grübelte Fidelma.
    Er nickte. »Wenngleich ich mir nicht vorstellen kann, was es hier zu forschen gäbe.«
    |142| »War sie bestrebt, mit irgendjemand auf der Insel in Kontakt zu kommen?«
    Der Apotheker überlegte. »Mit Congal, zum Beispiel.«
    »Congal? Wer ist das?«
    »Ein Fischer von Beruf. Aber er ist außerdem der ortskundige
seanchafí
, der Geschichtenerzähler der Insel, der alles über ihre Vergangenheit weiß.«
    »Sonst noch jemand?«
    »Sie hat auch Pater Patrick aufgesucht.«
    »Wen?«
    »Pater Patrick, unseren Priester hier.«
    Sie waren am Rand der Klippen angelangt. Fidelma musste allen Mut zusammennehmen – so dicht am Rande eines urwüchsigen, sturmgepeitschten
     Abgrunds zu stehen war ihr zuwider.
    »Genau unter dem Klippenrand hier haben wir sie gefunden«, erklärte Corcrain und wies auf die Stelle.
    »Woher kannst du das so genau sagen?«
    »Der vorstehende Felsbrocken dort ist ein markanter Punkt.« Er zeigte mit der Spitze seines Wanderstabs auf eine Felsnase.
    Fidelma bückte sich und suchte eingehend den Boden in der unmittelbaren Umgebung ab.
    »Wonach hältst du Ausschau?«
    »Könnte ja sein, das restliche Stück Kette liegt hier irgendwo. Ich weiß selbst nicht so recht.«
    Sie hielt inne, denn ihr Blick fiel auf einen Flecken, wo der Stechginster umgeknickt und das Gras niedergetreten war. Auch
     deutliche Abdrücke von Schuhen konnte sie in dem weichen, matschigen Boden erkennen, die trotz des Nieselregens noch nicht
     verwischt waren. Einzelheiten ließen sich nicht auf Anhieb ausmachen, doch so viel war klar, hier hatte mehr als einer gestanden.
    |143| »Du bist sicher, dass es diese Stelle war, von der sie hinuntergestürzt ist?«
    Er nickte.
    In Fidelmas Gesicht arbeitete es. Aus dem, was sie vor sich sah, konnte man schließen,

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