Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
kann, der hereinkommt, und zwar so, dass sie zum Talikon blickt. Wir warten am Hafen auf dich.“
Kwin wandte sich an Rendon. „Prinz, wir brauchen vertrauenswürdige Gewährsleute, die nach Alep Ausschau halten und ihm den Weg nach Lindenbrunn weisen, sobald er uns zu folgen versucht. Da wir nicht wissen, wo er sich zur Zeit aufhält, müssen wir dafür sorgen, dass er unseren Aufenthaltsort erfährt. Seine Anwesenheit in Lindenbrunn und seine Hilfe sind unerlässlich.“
„Kein Problem“, unterbrach Rendon, „ich kenne überall vertrauenswürdige Leute, die mir noch den einen oder anderen Gefallen schuldig sind.“
„Ich danke dir.“ Kwin betrachtete seine Gefährten, deren Anführer er jetzt war. Er fürchtete sich vor der Zukunft und wünschte sich, Alep hätte ihm in diesem Moment zur Seite gestanden.
11. In Gefangenschaft
Alep folgte Swerim durch die Straßen Hornburgs. Hinter ihnen trotteten die Gardisten, angeführt von Hauptmann Ratibor. Wieder wunderte sich Alep, wie wenig Soldaten zur Bewachung des Königshügels eingeteilt waren. Er hatte sich das ganz anders vorgestellt. Lediglich an den vier breiten Wegen, die wie ein Kreuz über dem Hügel lagen, standen Gardisten. Links und rechts der westlichen Königsstraße wuchsen vereinzelt Bäume. Dazwischen erstreckten sich symmetrisch angeordnete Grasflächen. Die Straße selbst war mit weißen Pflastersteinen ausgelegt. Am Fuß des Hügels endete die Pracht mit einem Schlag. Hier, wie überall sonst in der Stadt, bestanden die Straßen aus festgestampfter Erde.
Alep hatte die Hände tief in die Taschen seines Mantels gestoßen und trottete mit leicht gesenktem Kopf durch die winterliche Kälte. Die frische Luft tat gut und klärte seine Gedanken, und zum ersten Mal seit langem hatte er wieder das Gefühl, Ruhe zu haben.
Die dauerhafte Freude, die er sowohl auf Kwins, wie auch auf dem Gesicht des Trolls immer wieder erkannte, ja, die er sogar auf Swerims ständig dienstbeflissenem Gesicht sah, erinnerte ihn an alles, was er früher einmal besessen hatte: Einen festen Platz im Leben. Manchmal schien es ihm, als wäre er noch immer zu Hause, zu jener Zeit, als die Zukunft zwar unentschieden aber vorhersehbar gewesen war, denn viele Möglichkeiten hatten sich ihm seinerzeit nicht geboten. Das war eine bessere Zeit gewesen, in der er sich lediglich dann zu grämen brauchte, wenn Bak ihn wieder einmal aufzog oder sein Vater sich mehr fürs Vieh als für seinen jüngsten Sohn interessierte.
Weit davon entfernt, darüber die gleiche klägliche Unentschiedenheit wie einst zu verspüren, fühlte er mit einem Mal den Verlust seiner Kindheit, seiner Jugend, die ihn vor der Zeit zu dem gemacht hatte, was er jetzt war. Er freute sich für seine Freunde, wusste aber auch, dass er niemals so werden würde wie sie. Niemals würde er die gleiche Sicherheit verspüren wie seine Gefährten und Freunde, wie Kwin oder Lisett, Wigget oder gar Prak. Und zum ersten Mal seit vielen Wochen spürte er wieder jene schaurige Einsamkeit, die ihn Zeit seines Lebens begleitet hatte.
So trübsinnig, Magier?
Ich frage mich, weshalb ich nicht zufrieden bin mit dem, was ich bin und was ich tue. Auf dem Hof meines Vaters lag mein Leben noch vor mir. Jetzt denke ich manchmal, dass es bald zu Ende sein wird. Ich hatte nie die Gelegenheit, frei zu leben.
Wenn das hier alles vorbei ist, könnt Ihr tun und lassen, was Ihr wollt.
Mach mir nichts vor, Wigget. Mein Leben wird in dieser Stadt ein Ende finden, das weißt du ebenso gut wie ich. Nach allem, was bisher geschehen ist, bin ich es, der Pretorius aufhalten muss.
Swerim bog in eine breite Straße ab, gesäumt von mehrstöckigen hellen Häusern. Alep betrachtete sie mit wenig Interesse und verfiel dann wieder in trübe Gedanken. Irgendwann, nachdem sie mehrmals abgebogen waren, sah er auf und bemerkte, dass die Häuser zu beiden Seiten kleiner und bescheidener geworden waren. Neben dem Eingang zu einer schmalen Gasse stand ein Schild auf dem in hellen Farben ein Hammer und ein Amboss gemalt worden waren. Darunter war ein Pfeil, der in die Gasse wies. Alep betrat den schmalen Weg und hörte beim Näherkommen das helle Klingen eines Schmiedehammers. Er erreichte die Tür zur Schmiede und suchte im Halbdunkel der Werkstatt nach dem Schmied. Hinter dem Amboss stand ein kleiner, kantiger Mann, der eine schmale Klinge mit einer Schmiedezange auf den Amboss drückte und ihr mit dem Hammer eine Form gab. Die Klinge ähnelte jener,
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