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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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blinzelte einmal kurz und schlief wieder ein. Alep zog Mantel und Hemd aus. Mit nacktem Oberkörper stellte er sich hinter den Blasebalg und feuerte die Glut an, bis die Holzkohle rotglühend aufleuchtete. Anerkennend sah Türmer zu Alep hin. „Ihr scheint etwas vom Schmieden zu verstehen.“
    „Ja! Ich habe eine Zeitlang als Gehilfe eines Meister gearbeitet.“ Alep dachte an den alten Handemann, und verscheuchte die aufkommenden Erinnerungen an sein Zuhause schnell wieder.
    Während Türmer das Metall in der Glut erhitzte, fragte er: „Das war doch Hauptmann Ratibor, der Euch da begleitet hat?“
    „Ja. Er sollte mich beschützen“
    „Beschützen, in dieser Stadt und am helllichten Tag? Ich bitte Euch.“
    „Na ja, wahrscheinlich sollte er nur beobachten, was ich hier tue.“
    „Und was tut Ihr hier?“
    Skeptisch schaute Alep auf. Dann zuckte er vielsagend die Schultern. „Ich gehöre zu jenen, die dem Land, der Welt die Magie erhalten sollen - irgendwie. Nur, dass niemand weiß, wer derjenige ist, der zum Auserwählten berufen wird. Ebenso wenig wie niemand weiß, was seine Aufgabe sein wird.“
    „Nun, vielleicht kann ich Euch helfen.“
    „Tatsächlich?“
    Türmer nahm das Eisen aus der Glut, legte es auf den Amboss und begann mit rhythmischen Schlägen, das Metall zu einer Klinge zu formen. „Ich bin ein Schmied. Wir verfügen über größere Gaben als Ihr glaubt, Flachländer.“
    Die Kräfte eines Schmiedes. Das war das Lieblingsthema des alten Handemanns gewesen. Und damit hatte er nicht von den körperlichen Kräften gesprochen, sondern von den Gaben, die sie hatten, ihrem Vermächtnis, das härteste Material mit Hilfe des Feuers, des Geistes und der Ausdauer ihrer Arme zu formen.
    Inzwischen hatte Türmer das Eisen platt geklopft und zum wiederholten Male unter kräftigen Schlägen ineinander gefaltet. Wieder hielt er es in die heiße Glut. Die Wärme in der Werkstatt hatte durch Aleps beständiges Bedienen des Blasebalges beträchtlich zugenommen. Erste Schweißtropfen glitzerten auf Schultern und Stirn.
    „Es geht doch nichts über handfeste Männerarbeit, was?“ Von neuem dröhnten die Hammerschläge durch die Schmiede. Türmer forderte Alep auf, den Blasebalg zu betätigen. „Drückt kräftig, junger Mann. Wir brauchen viel Hitze, wenn es eine anständige Arbeit werden soll.“
    „Die Seele einer Schmiede ist das Feuer“, zitierte Alep den alten Schmied aus Bitterquell.
    „Ah, Ihr hattet einen guten Lehrer. Weshalb seid Ihr nicht dabei geblieben?“
    „Ich fühlte mich nicht zum Schmied berufen.“
    „Als ich ein Junge war, wollte ich um jeden Preis Tischler werden, wie mein Bruder und mein Vater vor mir, aber dann entdeckte ich die Schmiederei, und hier habe ich meine Erfüllung gefunden - als wahrer Schmied.“ Wie zur Bestätigung seiner Worte tauchte er das Werkstück ins kalte Wasser. Dampfschwaden stiegen auf. Dann begann die Prozedur von neuem. „Vielleicht wollt Ihr es versuchen?“. Türmer hielt Alep das Werkstück hin. Alep betrachtete das halbfertige Schwert gedankenverloren. Dann zuckte er mit den Schultern und sagte: „Warum nicht.“ Suchend sah er sich um.
    „Dort drüben.“ Türmer wies ihm die Richtung.
    Alep folgte dem Finger des Schmiedes und entdeckte eine schwere Lederschürze gleich neben der Tür. Er nahm sie von der Wand, band sie sich um und nahm Türmer die Schmiedezange mit der Klinge aus der Hand. Aus dem formlosen Klumpen Metall hatte er eine handbreite und kurze Klinge gearbeitet. Alep erhitze das Metall und stauchte das Eisen auf dem Amboss. Schon mit den ersten Hammerschlägen fiel er in einen eigenartigen Dämmerzustand. Noch ehe er sich versah, schweiften seine Gedanken wie von Zauberhand geführt fort ins Flache Land, nach Bitterquell und in die Tischlerwerkstatt, wo Kwin den Stab mit seinen Händen und seinem Gesang angefertigt hatte. Türmer tat dasselbe mit Metall. Und er, Alep, war ein Magier. Vielleicht konnte er das Metall beeinflussen wie Türmer oder wie Kwin belebtes Holz. Aber nein, er war zu unerfahren. Er mochte das Schmieden nicht einmal besonders.
    Alep Gedanken wanderten durch die Zeit und kreisten um den Diamanten, den er im Fels gesehen hatte. Sich immer freier fühlend, begann er unhörbar zu singen. Es war ein altes Lied aus seiner Kinderzeit, das seine Großmutter ihm vorgesungen hatte und das davon handelte, wie der letzte schwarze Drache gestorben war. Freudlos dachte er zurück, an sich und sein Leben und er sang

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