Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
billiges Zimmer frei und Ihr seht aus, als könntet Ihr ein billiges Zimmer vertragen. Wenn ich mich nicht irre, wartet er schon auf Euch.“ Der Bettler sah grinsend zu Alep auf. „Hübsches Tier, das Ihr da habt. Hat es einen Namen?“
„Ja!“, entgegnete Alep und machte sich auf den Weg. Hinter ihm schlurfte der Bettler davon.
Pollbark lag im Winterschlaf. Er begegnete nur wenigen Menschen und war froh darüber. Er fand das bezeichnete Haus ohne Schwierigkeit, klopfte an und wartete. Ein grünhäutiger Troll öffnete die Tür. Er sah erst Alep und dann Wigget an. „Tretet ein.“ Der Troll trat zur Seite und ließ Alep vorbei. „Ich vermiete keine Zimmer und ganz sicher nicht an Menschen“, erklärte der Troll. „Du bist Alep Dieron Elders!“ Das, bemerkte Alep, war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Ich habe eine Nachricht für dich.“
„Welche Nachricht?“, fragte Alep.
„Mein Bruder trug mir auf, dir folgendes auszurichten: Der Gefährten Weg führt über Lindenbrunn.“
Und ich dachte immer, ich wäre der einzige, dessen Sprache altmodisch klänge, erklärte Wigget frohgelaunt. Ich bin entzückt!
„ Das ist alles“, sagte der Troll. „Im Stall hinter meinem Haus steht ein Pferd für dich bereit. Folge mir.“
Im Stall angekommen drehte der Troll sich zu Alep um. „Hier ist es!“; sagte er. „Dort liegen Sattel und Zaumzeug. Nimm alles und verschwinde.“
Alep legte dem Pferd das Zaumzeug an und sattelte es. „Hat es einen Namen?“, fragte er den Troll.
„Nein!“
Alep saß auf und wartete bis Wigget sich auf seiner Schulter niedergelassen hatte.
„Dein Proviant“, sagte der Troll und reichte Alep einen gefüllten Lederbeutel.
„Danke“, sagte Alep.
„Danke mir nicht“, erwiderte der Troll. „Ich tue es für meinen Bruder. Lebe wohl, Mensch.“
Der Troll öffnete das Tor und sah seine ungebetenen Besucher abwartend an.
Alep nahm die Zügel auf und ließ sie gleich wieder sinken. „In welche Richtung liegt Lindenbrunn?“
„Nach Norden oder Süden um den See herum. Wofür du dich auch entscheidest, der Weg ist gleich lang. Folge dem Ufer des Sees und du wirst dein Ziel nicht verfehlen.“
Alep hob die Zügel und verließ im Schritt den Stall. Bald darauf erreichte er die Hauptstraße Pollbarks und ritt Richtung Norden davon.
13. Lindenbrunn
Ganz in der Nähe des hübschen Städtchens Lindenbrunn lag ein alter Wald. Folgte man der südlichen Seestraße, so stieß man schon nach einer knappen Reitstunde darauf. Es war ein sehr alter Wald, doch die Lindenbrunner Bürger, aufrechte Leute, die ihr Herz am rechten Fleck hatten, mieden ihn. Es gehe darin nicht mit rechten Dingen zu, sagten sie und weiter hieß es, es herrsche eine beständige, ja geradezu beängstigende Dunkelheit darin. Kein Lichtstrahl dringe durch das Blätterdach, so eng stünden die uralten Bäume. Und darum hieß der Wald schon seit ewigen Zeiten Nachtwald.
Die Lindenbrunner hatten ihr Leben in mittelbarer Nachbarschaft des in ihren Augen unheimlichen Waldes so gestaltet, dass kein Bürger damit in Berührung kam - und umgekehrt galt das Gleiche - obwohl dieser Tage niemand mehr an die Legende von den nächtlich umherstreifenden Bäumen glaubte. Diese Zeiten waren vorbei. Ein für allemal, versicherten die Würdenträger der kleinen Stadt am Drachensee - allen voran der famose Böttcher, Tallis Lomen.
Doch neuerdings hatte Tallis Lomen Grund zur Klage. Fremde waren gekommen, darunter auch ein Troll und ein Zwerg, und sogar eine Frau von Rang mit ihren beiden Zofen und einer Kriegerin an ihrer Seite, das stelle man sich einmal vor. Die Fremden hatten drei Häuser im Südviertel gekauft, und während der eine Teil der Gruppe zurückgeblieben war, war der andere Teil zum Nachtwald weitergezogen. Ziemlich schnell erkannten die Bürger Lindenbrunns, dass die Fremden - die schon die Frechheit besessen hatten, die Ruhe des Waldes zu stören, indem sie ihn einfach ungefragt betreten hatten - dass diese Fremden dort, wo die Bäume noch nicht so dicht standen, ein Lager errichtet hatten. Lomen wurde den Eindruck nicht los, dass die Fremden Vorbereitungen trafen, um dort zu überwintern, anstatt, wie sie es ja angekündigt hatten, sich in ihren warmen Häusern einzuquartieren.
Die Lindenbrunner waren wenig geneigt, den Fremden freundlich zu begegnen. Alle vertraten den gleichen Standpunkt: Mit dem Nachtwald war nicht zu spaßen. Stört die Bäume nicht, erklärten sie eindeutig und meinten
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