Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
jedes Wort so, wie sie es sagten. Nicht wenige Lndenbrunner waren überzeugt, dass binnen dreier Tage der Wald die Fremden für ihren Frevel bestrafen würde.
Aber wie mussten sie sich wundern, als nach den ersten Tagen noch immer nichts geschehen war. Der Wald lag still und in regelmäßigen Abständen kam einer der Fremden nach Lindenbrunn zurück, besuchte seine Gefährten, ergänzte die Lagervorräte, erkundigte sich nach den Geschäften der Stadt und fragte nach Neuigkeiten und anderen Fremden, die möglicherweise angekommen waren. Das alles war schlimm und störte die Ruhe der Städter, rüttelte an ihrem Weltbild und machte ihnen auch Angst und Tallis Lomen verstand die Welt nicht mehr. Was ging dort draußen vor, fragte er, denn offensichtlich waren die Fremden unempfindlich gegenüber den Gefahren des Waldes. Tallis Lomen beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen.
Zwei Wochen waren Alep und Wigget unterwegs und außer Schnee und Eis hatten sie nichts gesehen. Dann ging der Proviant zu Ende. Am Abend desselben Tages sahen sie in der Ferne die Lichter einer kleinen Stadt. „Lindenbrunn“, sagte Wigget, „die schönste Stadt am Drachensee. Wir sind angekommen, Magier.“
Alep konnte das Ende seiner Reise kaum noch erwarten und freute sich darauf, seine Freunde und Gefährten endlich wiederzusehen. Er fragte sich, wie es ihnen ergangen war und verweilte lange bei der Erinnerung an N’Gucha, der Beschützerin Yaneas. Er brauchte nur die Augen zu schließen, da er sah sie auch schon wieder vor sich, erinnerte sich an jenen Tag, als sie ihn im Spahnwald angetroffen hatte, um ihm mitzuteilen, dass sie gemeinsam mit Knoll, Pail und der Prinzessin nach Hornburg zurückkehren würde.
Plötzlich vernahm er in der Ferne laute Stimmen, die sich ihm zügig näherten. Er erkannte eine weibliche Stimme, die lachend mit ihrem Begleiter schimpfte.
„Trödel nicht herum! In einer Stunde sind wir da, dann bekommst du ein Festessen vorgesetzt. Ich verspreche es.“
„Das hast du schon so oft gesagt, dass ich deinen Versprechungen keinen Glauben mehr schenken werde. Du nutzt meine Gutmütigkeit aus. Sieh mich an. Ich bin ganz schwach und schlapp.“
„Futtersack“, schimpfte die Frauenstimme.
„Freche Göre“, erwiderte der andere. „Ich könnte dein Vater sein.“
„Ha! Ein Vater sorgt für seine Tochter. Nicht umgekehrt.“
Alep hatte sein Pferd angehalten und schaute in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Doch Wigget hatte die beiden schon erkannt. „Das sind die Artisten Lisett und Ledus“, erklärte er.
„Bist du sicher?“, fragte Alep verblüfft.
„Das ist doch nicht Euer Ernst, Magier, oder doch?“
„Schon gut. Aber was tun die beiden hier?“
„Das kann ich von hier aus nicht erkennen“, bemerkte Wigget mit einem schiefen Grinsen.
Inzwischen waren die beiden Reiter noch näher gekommen. „Das sind sie wirklich“, sagte Alep kopfschüttelnd. Wigget verdrehte die Augen.
„Heda! Lisett! Ledus!“, rief Alep und ritt ihnen entgegen. „Was führt euch denn hierher?“
„Alep? Bist du das?“, fragte Ledus, der bei Aleps ersten Worten an Lisett vorbeigeritten war und nun schützend vor ihr auf seinem Pferd saß.
„Ja! Ich bin es. Und Wigget.“
„Lisett! Wir haben den ersten gefunden. Alep Elders. Ich bin froh, dich zu sehen, Alep. Wo sind die anderen?“
„Und wo ist mein Kwin?“, fragte Lisett.
Alep räusperte sich. „Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen. Kwin und ich wurden getrennt. Ich suche ihn genauso, wie ihr beide. Nach allem, was ich weiß, hält er sich im Augenblick in Lindenbrunn auf.“
„Endlich ein Lichtblick“, jubelte Ledus und wandte sich frohgelaunt an seine Begleiterin. „Sorge dich nicht länger, Lisett. Einer von Zweien ist eine gute Quote für eine dunkle Nacht im fremden Land. Wirst sehen, wie geschwind wir jetzt auch deinen Tischler finden werden.
Sag, Alep, du hast nicht zufällig etwas zu essen in deinem Beutel, der da an deinem Sattel hängt?“
„Doch, Ledus, habe ich“, lachte Alep, löste den Beutel und warf ihn Ledus zu. „Bedien dich. Wir werden bald Lindenbrunn erreichen, da gibt es sicher Gelegenheit, unsere Vorräte aufzufüllen. Aber zuerst beantwortet mir meine Frage: was macht ihr beide hier?“
Ledus hatte ein Stück Trockenfleisch entdeckt und biss genussvoll hinein. Lisett bedachte ihn mit einem tadelnden Seitenblick und sagte: „Nachdem es in Bitterquell für uns nichts mehr zu tun gab außer Warten, habe ich
Weitere Kostenlose Bücher