Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
wesentlichen Aufgaben eines Dieners. Was, so frage ich Euch, Magier, kann es auf der Welt besseres geben als einen Diener, der morgens Eier und Speck für Euch zubereitet?“
„Ach, sei endlich still“, rief Alep. „Immer musst du dich einmischen.“ Er betrachtete den reglosen Diener.
Schritte näherten sich. Alep drehte sich erwartungsvoll um und blickte N’Gucha in die Augen. Bei ihrem Anblick erschien ein frohes Lächeln auf seinem Gesicht. Die Kriegerin erwiderte es. „Nun, Flachländer? Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht?“
„Ja! Zum ersten Mal seit meiner Gefangennahme habe ich wieder in einem richtigen Bett geschlafen. Wo ist Kwin?“
„Ich bin herübergekommen, um dich abzuholen. Er ist in seiner Werkstatt und trifft Vorbereitungen für die Anfertigung des Freigolems.“ In diesem Augenblick bemerkte N’Gucha die reglos auf dem Küchenboden liegende Gestalt. Sie drängte sich an Alep vorbei und erkannte den besinnungslosen Konk, der langsam wieder zu sich kam. „Was ist passiert?“ N’Gucha wandte sich fragend an Alep.
„Nichts“, erwiderte Alep unschuldig.
„Wir haben nur ein wenig geplaudert“, fügte Wigget hinzu.
„Geplaudert? Und wieso liegt er dann hier? Komm her, und hilf mir.“
Gemeinsam hoben sie Konk vom Boden auf und setzten ihn in einen Stuhl. Wenig später öffnete der Diener mit flatternden Lidern seine Augen. Er betrachtete N’Gucha, Alep und dann Wigget und sagte mit verschwörerischer Stimme zu N’Gucha: „Es kann sprechen. Und es versteht jedes Wort.“ Ängstlich beobachtete er jede Regung des Drachen.
„Nur ein bisschen geplaudert?“, N’Gucha bedachte Alep und Wigget mit eisigem Blick aus zusammengekniffenen Augen. „Der ärmste ist ja völlig verstört.“
„Das täuscht“, widersprach Wigget. „Das ist Ergriffenheit. Im äußersten Falle ist er ein bisschen durcheinander, weil er sich bei seinem Sturz den Kopf angeschlagen hat. Ihr seht, Kriegerin, so kommt eins zum anderen und hinterher weiß niemand mehr, was vorher passiert ist.“
„Sehr richtig“, bestätigte Alep. „Manche Menschen reagieren eben heftiger als andere. Dieser hier ist in Ehrfurcht erstarrt, als er uns sah und miteinander sprechen hörte. Aber ich versichere dir, dass er sich bei seinem Sturz nichts getan hat. Das hätte ich bemerkt.“
N’Gucha schüttelte den Kopf. Sie ging zum Ofen und füllte Tee in eine Tasse, brachte sie zu Konk und drückte sie dem Diener in die Hand. „Trink das.“
Konk führte die Tasse an seine Lippen, wandte aber seinen Blick keinen Moment von Wigget ab.
„Beruhige dich, Konk“, sagte Alep ruhig. „Das ist Wigget. Er ist ein Drache. Es besteht kein Grund, dass du dich vor ihm fürchtest. Er würde dir niemals etwas antun.“
„Und was ist so ungewöhnlich daran, dass ich sprechen kann?“, fragte Wigget unschuldig. „Ihr könnt es ja schließlich auch.“
Konk nickte mit offenem Mund. „Ein Drache!“, wiederholte er. „Wigget. Kein Grund sich zu fürchten.“
„Richtig“, bestätigte Wigget, „und wenn Ihr jetzt so freundlich wäret, die Eier und den Schinken ...“
„Wigget!“, mahnte Alep. „Lass ihn in Ruhe.“
„Ihr beide seid hungrig?“, fragte N’Gucha.
„Ja!“, erwiderte Wigget.
„Nein!“, antwortete Alep.
„Nun, ihr werdet warten müssen, bis Konk sich von seinem Schreck erholt hat. Setzt euch an den Tisch und habt ein wenig Geduld. Und lasst Konk seine Arbeit tun.“
Bald darauf saßen alle schweigend vor ihrem Frühstück. Konk ging es besser, obwohl er noch immer ein wenig blass war. Er stand wieder am Herd und rührte in seinen Töpfen.
Während Wigget seine Schnauze tief in seiner großen Schüssel versenkt hatte und nur hin und wieder ein zufriedenes Brummen ausstieß, genossen Alep und N’Gucha sowohl das Frühstück als auch die Anwesenheit des anderen. Alep fühlte sich fast wie zu Hause und zum ersten Mal seit langer Zeit auch wieder wohl. Er betrachtete N’Gucha über seine Gabel hinweg. Die Kriegerin strahlte eine Ruhe aus, die auch auf ihn überging, und er fragte sich, wie es sein mochte, jeden Tag mit einer Frau zu beginnen.
„Woran denkst du?“, unterbrach N’Gucha seine Gedanken.
Sofort war Alep wieder bei sich, überlegte kurz und antwortete dann: „An Lisett und Ledus. Sie sind sicher noch im ‘Drachenhort’. Lisett ist Kwins Verlobte. Ich sollte sie gleich nach dem Frühstück abholen.“
„Lisett ist hier?“, erklang plötzlich eine Stimme von der Türschwelle.
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