Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
verträumten, ja fast leidenschaftlichen Ausdruck angenommen hatte. N’Gucha bewegte sich wirklich wie eine Katze. Bei ihrem Anblick empfand Alep eine Gefühl tiefer Freude. Er erhob sich, wünschte Ledus viel Spaß für die zweite Runde und trat ihr entgegen.
„Alep Elders! Bist du das wirklich?“ Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Du hast lange gebraucht, um herzukommen, Flachländer!“
„Es ist auch ein weiter Weg bis hierher. Ich freue mich, dich zu sehen.“
N’Gucha hob zweifelnd ihre Augenbrauen. Es geschah nicht oft, dass jemand freimütig bekannte, bei ihrem Anblick Freude zu empfinden - im Gegenteil, die meisten Leute freuten sich erst dann, wenn sie wieder verschwunden war. Die Beschützerin der Prinzessin zu sein, war eine Angelegenheit, bei der man sich viele Feinde machte und nur selten Freunde fand. Schon bei ihrer ersten Begegnung im Flachen Land, als sie Alep aufgesucht hatte, um ihm mitzuteilen, dass ihre kleine Gruppe sich unter Führung des Golems Knoll auf den Weg nach Hornburg machen würde, war ihr die Freundlichkeit aufgefallen, mit der Alep ihr begegnet war. Er war so ganz anders als der Tischler; stiller und über seine Lebensjahre hinaus auch reifer.
„Wir haben dich früher erwartet“, sagte sie dann. „Wo bist du solange gewesen?“
„Das erkläre ich dir später. Dies ist nicht der richtige Ort. Wie hast du mich gefunden?“
„Ich war auf der Suche nach Rendon - um diese Zeit betrinkt er sich meistens -, als ich von einem Mann hörte, der im Begriff sei, die Vorräte dieses Gasthauses auf ein Jahr hin aufzufressen. Das wollte ich mir ansehen. Folge mir. Ich bringe dich und deinen geflügelten Begleiter zu unseren Unterkünften.“
Holla, jubelte Wigget. Sie ist so anmutig, wenn sie Befehle gibt. Und ich bin der geflügelte Begleiter des Magiers. Ein Kompliment ohnegleichen. Ich werde sicher nicht schlafen können in dieser Nacht.
Halt endlich die Klappe, mahnte Alep ungehalten.
Eure Laune hat sich rapide verschlechtert seit der Meister Böttcher Euch N’Gucha beschrieben hat.
Wigget ..., sagte Alep drohend.
Schon gut, schon gut. Wenn Ihr darauf besteht, werde ich mich fortan in Schweigen hüllen, wie es sich geziemt für denjenigen, der sieht, was der Blinde nicht erkennen kann.
Was soll das nun wieder heißen?
Nichts! erklärte Wigget hintersinnig. Irgendwann werdet Ihr es selbst herausfinden.
Wenn du mir auf deine krumme Art erklären willst, dass meine Zuneigung für N’Gucha über das freundschaftliche Maß hinausgeht, dann lass dir versichern, dass du dich irrst.
Vielleicht sollte ich einmal bei ihr vorsprechen, überlegte Wigget. Ihr Verhalten ist noch um einen Hasenzahn schärfer als das Eure.
Wage es ja nicht, warnte Alep.
N’Gucha führte Alep durch die dunklen Straßen Lindenbrunns. Alep beobachtete fasziniert, wie ihr hochgesteckter Zopf bei jedem ihrer Schritte auf und ab wippte.
„Du hast Glück, Alep. Kwin ist heute mit Prak und Taukon vom Nachtwald zurückgekehrt, obwohl wir sie erst morgen zurückerwartet haben. Der Tischler hat jetzt alles, was er braucht, um die Weissagung zu erfüllen.“
„Also stimmt es“, entfuhr es Alep. „Kwin ist der Auserwählte?“
„Ja! Und auch Nein. Aber eins ist sicher, er wird seinen Auftrag nicht allein ausführen können. Aber das lass dir lieber von ihm selbst erklären.“
N’Gucha und Alep erreichten ein Gebäude und traten ein. Drinnen war alles dunkel und still.
Sie entzündete eine Kerze und sagte: „Wir sind zu spät, Alep. Deine Gefährten liegen alle schon im Bett. Es war ein anstrengender Tag. Nun muss die Wiedersehensfreude bis morgen aufgespart werden.“ N’Gucha drehte sich um und Alep begegnete ihrem Blick. Er fühlte sich seltsam dabei und zum ersten Mal gestand er sich ein, dass Tallis Lomens Beschreibung der Kriegerin vorzüglich gewesen war.
N’Gucha drückte Alep die Kerze in die Hand und wies zur Treppe hinüber, die nach oben führte. „Dort hinauf findest du am Ende des Ganges ein leeres Zimmer. Nimm es für diese Nacht. Ich wünsche dir einen erholsamen Schlaf.“ Sie lächelte ihn an, drehte sich um und ging, bevor er etwas erwidern konnte.
Alep zuckte die Schultern und stieg müde die Treppe hinauf. Er fand das angegebene Zimmer, trat ein und stellte die Kerze auf den Tisch. Schnell zog er sich aus und legte sich unter die dicken Winterdecken, die auf dem Bett lagen. Wigget kam herüber geflogen.
Der Drache rollte sich am Fußende des Bettes ein. „Gute
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