Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Dann stach er Löcher in eine Handvoll Blätter und führte einen Zweig vorsichtig durch die so entstanden Öffnungen. Skeptisch betrachtete er sein Werk. Zuletzt legte er den mit den Blättern versehenen Zweig über den anderen und betrachtete skeptisch sein Werk. „Ich hoffe, dass das ausreicht“, murmelte er, konzentrierte sich auf die schwarze Klinge des Stabes und zugleich auf das Ergebnis, das er erreichen wollte und sagte:
„Rosenblatt und Rosenholz
werde eins und ziehe stolz
als Wächter droben deine Kreise.
Du fliegst voraus. Auf diese Weise
sollst du als Flammenball vergehn
ist irgendwo ein Feind zu sehn.
Flieg mit dem kalten Abendwind
bis wir an unserem Ziele sind.“
Die zarten Rosenblätter dehnten sich nach den Seiten hin aus und schienen zusammenzuwachsen, bis auf jeder Seite nur noch ein einziges, zum Ende hin spitz zulaufendes Blatt zu erkennen war, das sich zu einem grünen Flügel formte. Mit den Zweigstücken geschah ähnliches. Sie verschmolzen miteinander und dehnten sich aus bis ein unförmiger Körper entstanden war. Von den seltsamen Vorgängen im Bug des Schiffes angelockt, kamen die Gefährten und einige der Matrosen vorsichtig näher, das eigenartige Schauspiel zu betrachten.
Dann war die Veränderung vollendet. Zu Aleps Füßen lag ein Ding, das entfernt an einen Vogel erinnerte. Durch die Magie zum Leben erweckte hüpfte es flatternd über das Schiffsdeck, wurde vom Wind erfasst und nach oben gerissen. Einmal in der Luft, stabilisierte es endlich seinen Flug und stieg dann anmutig höher hinauf. Alep schaute ihm zweifelnd nach und fürchtete, es würde jeden Moment aufs Schiffsdeck zurückfallen. Doch es behauptete sich gegen den kräftigen Ostwind und begann das Schiff in weiten Kreisen zu umrunden.
Wigget, rief Alep. Siehst du das?
Ja, Magier. Was habt Ihr nun schon wieder angestellt?
Das ist dein Vertreter, der ab jetzt für dich das Schiff bewacht. Komm herunter und ruh dich aus.
Wigget landete sanft auf Aleps Schulter. „Es ist ein Wunder, dass das Ding sich überhaupt in der Luft halten kann und obendrein verspottet es jedes flugfähige Wesen, das ich kenne. Aber es fliegt tatsächlich. Ihr seid ein guter Schüler gewesen. Ich sollte Euch loben, erinnert mich zu gegebener Zeit daran.“
Yanea wartete bis zur vereinbarten Stunde. Dann setzte sie den Golem auf den Rücken der Drachin Juwel und erklärte ihr zum letzten Mal den Weg durch die Drachenhöhle zum Talikon.
Juwel ließ es stumm über sich ergehen. Yanea öffnete die Tür und Juwel verließ das Haus Richtung Westen, über den Drachensee nach Hornburg.
Sie spürte den warmen Ostwind, der sie beständig umwehte. Das Gewicht des Golems spürte sie kaum. Hoch flog sie, bis sie von der Erde aus nicht mehr zu erkennen war und eilte ihrem Ziel mit kräftigen Flügelschlägen entgegen.
Als sie wenige Stunden später Hornburg erreicht und die Lage des Königshügel ausgemacht hatte, flog sie in weiten Spiralen tiefer, bis sie den Eingang zum Drachenhügel erkannte. Leer und verlassen und dunkel lag der Eingang vor ihr. Sie ging noch tiefer und näherte sich dann von Osten im schnellen Sinkflug, umrundete den Hügel und war im nächsten Moment ungesehen im Höhleneingang verschwunden.
Der Weg, der nun vor ihr lag, war der kleinen Drachin gut bekannt. Wigget hatte ihn viele Male beschrieben, wobei sie ihn ständig ermahnen musste, nicht vom Thema abzuschweifen und statt dessen ihr den Hof zu machen.
Schon bald waren Drachin und Drachenreiter von völliger Dunkelheit umgeben. Juwel verlangsamte ihren Flug und spürte mehr über die Lüfte, die pausenlos durch das Höhlensystem wehten, wo sie sich befand, als dass sie sich auf Augen oder Ohren verlassen konnte. Von rechts blies ihr ein beständig warmer Wind entgegen, der die Hitze tief aus der Erde empor brachte. Sie wandte sich nach links und gleich wieder nach rechts. Bald darauf hatte sie ihr Ziel erreicht. Vorsichtig ließ sie sich nieder und wartete.
So nah am Talikon kam endlich Leben in den Golem. Ungelenk stieg er von Juwels Rücken und hakte eine winzige Fackel von seinem Gürtel, die Kwin angefertigt hatte, und hielt sie Juwel hin. Die Drachin spie einen dünnen Feuerstrahl und setzte sie in Brand. Wortlos machte sich Eichenherz auf den Weg. Juwel wartete, bis sie nichts mehr hörte und verließ den Berg. Über der Altstadt Hornburgs zog sie wartend ihre Kreise.
Etwa zu der Zeit, da Alep, Kwin und ihre Gefährten sich der Hauptstadt
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