Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
versprochen, mir die königlichen Ställe zu zeigen.“
N’Gucha drehte sich wortlos um.
„N’Gucha, warte“, bat Alep. „Ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest.“
„Gern, Magier.“ Die Kriegerin trat auf die andere Seite und nahm Rinas freie Hand.
Gegen Mittag kam Groom und erinnerte Alep daran, dass nur noch wenig Zeit sei. Sein Festgewand läge für ihn bereit. Doch Alep lachte nur. Zum Entsetzen des Dieners erklärte er: „Mein Festgewand, Groom, du treue Seele, trage ich immer am Leib. Sieh her.“ Er wies auf Hemd, Hose und Weste. „Beste Kleidung aus meiner Heimat, Hornburg und Lindenbrunn.“
„Ihr wollt doch nicht ...?“
Aber Alep lächelte nur stumm.
„Ihr wollt!“ Groom grinste. „Na, ja, ich kann’s verstehen. Mir behagt das Leben am Hofe auch nicht so recht. Ich beneide Euch, Herr, um jenes Leben, das Ihr vorher geführt habt. Ist das Flache Land so schön, wie man sagt?“
Rina erzählte es ihm.
Prinzessin Yanea war ein Bild von einer Königin. Stolz senkte sie das Haupt, als ihr Bruder ihr die Krone aufsetzte. Rendon trat zurück und stellte sich rechts vom Thron auf. Links standen Kwin und Lisett, daneben Oberst Nika, N’Gucha, Adengard, Türmer und Tallis Lomen. Der Jubel war ohrenbetäubend.
Yanea erhob sich und sprach. Sie sprach lange, begrüßte die Ehrengäste, allen voran Thedera und König Mall und dann erfuhren die einfachen Bürger der Stadt von der Verschwörung des Meistermagiers Pretorius und seinen Herrschaftsplänen.
Yanea hatte sicherlich viele Talente, doch ihr größtes, so entschied Alep, war ihr Vermögen, ihre Zuhörer mit Worten zu fesseln. Aus der anfänglichen Verwirrung, die sich schnell in der Menge ausgebreitet hatte, wuchsen Zorn, Misstrauen und Angst. Die junge Königin führte ihr Publikum gewandt wieder aus diesen zwiespältigen Gefühlen heraus. Obwohl die Geschehnisse längst jedem Hornburger bekannt waren, lauschten alle Anwesenden Yaneas Worten wie gebannt. Und als sie dann vom Tod der Gefährten berichtete, stöhnte die Menge auf wie einer allein. Der Tod Pretorius wurde stürmisch bejubelt, ebenso der ihres Bruders Geron. Dann sagte sie:
„Durch das mutige Einschreiten dieser Männer und Frauen hat das Land wieder Frieden. Heetland und Burnyk sind nicht länger im Krieg miteinander. Die Hajadas, die fälschlich noch immer als Trolle bezeichnet werden, erhalten mit diesem Tag das gleiche Recht wie Menschen und Zwerge. Hornburg wird zukünftig ein Hajadasviertel und ein Heetlandviertel erhalten.
Darüber hinaus ernenne ich Oberst Nika zum General, Heerführer und Waffenmeister der königlichen Armee. Mein Bruder, Prinz Rendon, erhält die Ländereien der Kreuzmark, die er an meiner Stelle verwalten wird. In Erinnerung seiner großen Taten als der von der Weissagung Auserwählte, ernenne ich hiermit Kwin Bohnthal aus Bitterquell zum ersten Berater des Reiches. Darüber hinaus erhält er die als Lindental bekannte Länderei zwischen Lindenbrunn und dem Nachtwald.“
Lisett griff Kwins Hand fester. „Sie könnte ein Vermögen als Erzählerin bei jeder Artistentruppe verdienen.“
„Sie hat bereits ein Vermögen“, erwiderte Kwin.
Zuletzt wandte Yanea sich an N'Gucha. „Auf eigenes Verlangen enden mit dem heutigen Tag alle Aufgaben der Bewahrerin N'Gucha. Sie verlässt Hornburg auf eigenen Wunsch.“ Yanea machte eine Pause und sah N'Gucha an. „Meine Liebe, ich danke dir für alles. Du wirst eine fürstliche Abfindung erhalten. Groß genug, um dir einen Traum zu verwirklichen.“
Der Winter kam mit beißender Kälte und viel Schnee. Kwin war kaum mehr zu sehen, so sehr nahm ihn das Amt des ersten Beraters der Königin in Anspruch und selbst Alep musste um einen Termin bitten. Als sich die beiden Freunde gegenüber saßen, schüttelte Kwin traurig den Kopf.
„Alep, du musst mir helfen. Ich kann hier nicht leben und arbeiten. Ich brauche Bäume und Wälder. Hier ist alles kahl. Ich möchte nach Hause.“
Alep sah Kwin verständnislos an. „Du bist ein Tischler von besonderer Begabung, der letzte Bewahrer der tiefen Geheimnisse deiner Zunft, und du fragst mich, was du tun sollst?“
Kwin betrachte Alep fragend. „Was willst du damit sagen?“
„Im Talikon wachsen besondere Bäume. Bitte sie um ein Geschenk und pflanze diese hier auf dem Königshügel. Die anderen aber an dem Ort, an dem du fortan leben möchtest. Zudem gibt es immer noch Brieftauben und Botenläufer. Mit deinen Fähigkeiten sollte es dir ein
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