Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Geist in den entkräfteten Körper, gab Wigget neue Energie und heilte seine Wunden. Wenig später schlug der Drache die Augen auf. Er erkannte Alep und ein kaum wahrnehmbares Funkeln lag in seinen grünen Augen. „Habt Ihr endlich den Weg hierher gefunden, Magier? Zu spät, will mir scheinen. Ich habe Euch früher erwartet.“
„Iss, Wigget. Ich habe hier Gänsebraten und Schinken. Iss, damit du wieder zu Kräften kommst, dann bringe ich dich und deine Juwel heim.“
„Habe ich denn ein Heim, Magier?“ entgegnete der Drache. „Lasst mich sterben, Alep Dieron Elders. Es gibt nichts mehr zu tun. All die Qual und die Bürde, die ich Jahrhunderte lang ertragen habe - wofür? Ich habe gesucht, wisst Ihr? Jeden Tag und viele Nächte lang. Alles vergebens. Die schwarzen Drachen werden nicht zurückkehren. Mein Traum wird sich niemals erfüllen.“
„Sag so etwas nicht. Solange du lebst, wird es auch schwarze Drachen geben. Du bist der letzte König der Winde. Deine Pflicht liegt nicht in diesen Bergen oder deinem Streben nach alter Macht und Größe. Dein Platz ist an meiner Seite, mein Freund. Das Leben ist ärmer ohne dich. N'Gucha hat uns einen Sohn geboren und ich brauche jemanden, der auf ihn aufpasst. Ich brauche dich!”
“Ich war lange genug Euer Kindermädchen, Magier. Noch einmal werde ich das nicht machen. Da müsst Ihr schon mehr bieten! Viel mehr.”
Als sie Wigget so reden hörte, hob Juwel den Kopf und ein Funkeln stahl sich in ihre Augen.
Alep lachte. “Rodan wird dir gefallen. Er ist, zu meinem großen Glück, nach seiner Mutter geraten. Komm Wigget, iss.”
“Das sagt Ihr nur aus Selbstsucht. Ihr wollt, dass ich lebe. Doch mit mir geht es zu Ende. Ich habe keine Freude mehr am Leben.”
“Ja! Das weiß ich und jetzt iss.” Alep schnitt kleine Brocken Fleisch und legte sie Wigget in den Mund. Juwel versenkte hungrig ihre Zähne in den Schinken.
Alep kümmerte sich fürsorglich um seinen kranken Freund, dessen Traurigkeit nicht weichen wollte. Seine Wunden waren dank Aleps Magie schnell verheilt und der Drache kam auch wieder zu Kräften, aber seine Seelenpein war groß, und die konnte Alep mit keiner Magie lindern. So erzählte er ihm und der gespannt lauschenden Juwel stundenlang Geschichten aus dem Lindental. Von N’Gucha und Rodan, von Kwin, Lisett und ihrer Tochter, von Lindenbrunn und dem Nachtwald und den angrenzenden Bergen.
Am folgenden Tag verließen sie die Sandsteinhöhlen, kehrten zum Eldershof zurück und machten sich tags darauf auf den langen Weg nach Hause. Wigget war schweigsam und in sich gekehrt, aber Juwel freute sich unbändig, wieder über Land zu fliegen. Ihr Frohsinn und ihr beständiges Lachen rüttelte sogar Wigget hin und wieder aus seiner Trägheit. Schließlich erreichten sie das Lindental. Der Sommer ging zu Ende. Die Sonne schien und versprach reiche Ernte.
“Das ist meine neue Heimat”, erklärte Alep, als sie das weitläufige Tal mit seinen sanften Hügeln erreichten. “Und auch die eure, wenn ihr wollt.”
Wigget ließ seinen Blick schweifen und wies nach Norden und Osten. “Gibt es Höhlen dort?”, fragte er.
“Warum siehst du nicht selbst nach?”
“Weil es einfacher ist, Euch zu fragen.”
“Von mir wirst du nichts weiter erfahren. Mach dir selbst ein Bild. Du hast Flügel. Flatter los.“
„Flattern? Ihr glaubt, meine eleganten Flugmanöver könnte man mit einem profanen Flattern bezeichnen. Was ich betreibe nennt man die hohe Kunst des Fliegens und Gleitens. Flattern! Also ehrlich, Magier. Reißt Euch zusammen.“
„Ich werde es mir merken. Komm, N’Gucha und Rodan erwarten uns bereits. Und danach kannst du zu den Bergen fla-fliegen.”
Der Sommer endete und die ersten Anzeichen des nahenden Herbstes waren überall zu erkennen. Alep war häufig unterwegs, um Regen zu machen oder Verletzte und Kranke zu heilen. Die Arbeit machte ihn nicht reich, aber er hatte ein gutes Auskommen, das die Existenz seiner Familie sicherte. N'Guchas Pferdezucht entwickelte sich prächtig und würde schon in wenigen Jahren erste Gewinne abwerfen. Es war ein gutes Leben und Alep freute sich darauf, im Frühjahr zum zweiten mal Vater zu werden.
An einem dieser Tage, als Alep nach Süden aufbrach, um ein gebrochenes Bein zu richten, schloss Wigget sich ihm wortlos an. Der Drache ließ sich auf Aleps Schulter nieder und die beiden Freunde ritten gemächlich dahin. Schließlich sagte Wigget: “Ich werde bei Euch bleiben, Magier. Euer Sohn Rodan ist
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