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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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die Farne zurück. „Not und Verderben“, murmelte er verärgert. Ein vorsichtiger Blick zwischen den Blättern hindurch zeigte ihm, dass der Golem sich stampfend und schnaufend auf den Weg zu ihm nach oben befand. Eine zornige Prinzessin sah ihm hinterher und spornte ihn mit wilden Zurufen noch weiter an.
    Der Golem war schnell. Schneller als er für möglich gehalten hätte. Kwin dachte nicht lange nach. Er kroch ein paar Meter rückwärts, erhob sich, wandte sich um und flüchtete.
    Der Abhang verlief hier wesentlich flacher nach unten als auf der anderen Seite. Das mochte sich als Vorteil erweisen. Obwohl Kwin nicht sicher war, die gleiche Geschwindigkeit wie der Golem erreichen zu können, hatte er einen guten Vorsprung. Er wich einer alten Eiche aus und sah ein Stück freien Wegs vor sich, als plötzlich ein riesiger Schatten von links auftauchte. Kwin erkannte flatterndes rotes Haar. Ehe er nachdenken konnte, hatte er sich abgestoßen und stürzte sich kopfüber in die Farngewächse vor ihm. Nur knapp entging er den zuschnappenden Händen und Armen der Beschützerin. Kwin rollte sich ab, wobei er die kniehohen Pflanzen unter sich zerdrückte und sprang auf die Füße. Eine leichte Panik machte sich in ihm breit. Er stob den Abhang hinunter. Ein Blick zurück bestätigte seine Vermutung. Es war die Beschützerin der Prinzessin, die ihm folgte und mit jedem Schritt ihrer langen Beine näherkam. Ein paar Meter hinter ihr flitzte der Golem torkelnd auf seiner Spur dahin. Trotz seiner unmöglich anmutenden Art zu laufen war er schneller als die beiden Menschen vor ihm. Den Kopf hoch erhoben ließ er seine Beute nicht aus den Augen. Kwin biss die Zähne zusammen und lief so schnell er konnte. Plötzlich krachte es hinter ihm. Als er zurückblickte, sah er den Golem in einer Wolke aus Erde, Laub und kleinen Zweigen in einem Haselnussstrauch verschwinden. Nur seine zappelnden Füße wiesen schräg nach oben daraus hervor. Es schien, als hätte er seinen Kopf tief zwischen die Wurzeln des Strauches getrieben. Erleichtert sah Kwin nach der Beschützerin. Sie war noch da und hatte wieder einige Meter aufgeholt. Sie hielt ihre gleichbleibende Geschwindigkeit bei und Kwin hatte den Eindruck, dass sie den Boden kaum berührte. Er konnte sich gegen das neuerliche Gefühl von Anerkennung nicht wehren. Gleichzeitig aber wurde ihm klar, dass er zum ersten Mal in seinem Leben vor einer Frau davonlief. Entwürdigend, dachte Kwin, einfach entwürdigend. Mit einem Schaudern dachte er an die beiden Dolche, die in ihrem Gürtel steckten.
    Langsam wurde er müde. Seine Schritte wurden kürzer. Jeder Atemzug kratzte sich den Weg durch seine trockene Kehle. Twist lief neben ihm und hielt das Tempo mühelos. Für ihn schien das ein Riesenspaß zu sein. Nicht so für Kwin. Er rannte um sein Leben. Noch immer holte die Beschützerin auf und war jetzt nur noch wenige Meter hinter ihm. Er konnte ihren ebenfalls heftigen Atem hören. Kwin überzeugte sich, dass sie keine Waffe in der Hand hielt und rief mit pfeifender, gepresster Stimme: „Twist!“
    Es schien, als hätte der große Hund nur auf diesen Befehl gewartet. Abrupt blieb er stehen, und Kwin hatte das Gefühl, an ihm vorüberzufliegen. Twist drehte sich auf den Hinterbeinen zu der Beschützerin und knurrte, wobei sich seine Lefzen hoben und lange, spitze Zähne deutlich sichtbar wurden. Das genügte. Die große Frau kam aus dem Tritt, blieb stehen und betrachte den Hund vorsichtig. Als Kwin sah, dass sie mit ihrer Hand nach einem ihrer Dolche tastete, rief er Twist zu sich. Mit einem Satz war der Hund wieder unterwegs und wenige Augenblicke später hatte er Kwin eingeholt. Endlich tauchten vor den beiden Flüchtenden die letzten Bäume auf. Gewonnen, dachte er. Mit einem Ruck riss er die Zügel seines Pferdes vom Schlehdornbusch, schwang sich in den Sattel und preschte los. Nach ein paar Dutzend Metern hielt er an und drehte sich im Sattel um.
    „Vielleicht ein andermal“, rief er, noch immer außer Atem, laut in die Bäume, „heute hat der kluge Kwin gewonnen.“
    Zwischen den Bäumen konnte Kwin eine Bewegung ausmachen. Die Äste teilten sich und die große Frau trat ins helle Tageslicht. Das lange rote Haar war ein wenig zerzaust, weiter erkannte Kwin keine Anzeichen von der wilden Verfolgung an ihr. Im Unterschied zu ihm. Seine Hose war voller Laub und Walderde. Seine rechte Hand war mit kleinen Schrammen übersät und ein Asthieb hatte einen tiefroten Strich auf seiner

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