Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
jawohl, das ist er.“ stellte Wigget kundig fest. „Schaut ihn Euch doch an. Wenn er von ihr spricht, bekommen seinen Augen einen seltsamen Glanz, seine Stimme klingt schwermütig und ich wette, dass er auch feuchte Hände kriegt.“
Verstohlen wischte Kwin seine Handflächen an der Hose ab, aber Alep hatte es doch bemerkt. Also so sah einer aus, der verliebt war! Alep schüttelte sich. Das war ja schlimmer als jede Krankheit, die er kannte. Kwin schien ihm in diesem Augenblick unerreichbar und fremd, als wäre er nicht mehr er selbst. So soll es mir nicht ergehen, sagte er sich. Das wäre ja noch schöner.
Bald darauf erreichten sie Taraks Stand und blieben stehen. Tarak schüttelte jedem die Hand und grinste von einem Ohr zum anderen. Er hatte ein gewinnendes Lächeln, und weiße Zähne blitzten, als er seinen Mund öffnete. „Hallo, Jungs. Ganz schön was los heute, nicht wahr? Wollt ihr ein paar Felle kaufen? Oder Körbe?“
Mit selbstgefälliger Miene wies er auf die Waren seines kleinen Standes. „Vielleicht braucht Oma Elders ein paar Kräuter? Ich habe alles da, was in eine gute Kräuterküche gehört. Überzeugt euch selbst.“
„Tarak“, ermahnte Kwin den dicken Jäger kopfschüttelnd, „du klingst schon wie eine Krämerseele.“ Dann wurde sein Grinsen boshaft. „Du willst uns doch nicht wieder dieses vertrocknete Zeug andrehen, oder?“ Er nahm ein Bündel Bocksbart auf und roch daran. „Verdorrt, wie alles andere hier. Dafür wirst du nicht mehr viel kriegen.“ Er reichte die Pflanzen an Alep weiter. Der nahm sie vorsichtig auf und versenkte seine Nase darin. „Stimmt“, bestätigte er dann. Er bedachte Tarak mit traurigem Blick. „Tut mir leid, alter Freund. All die viele Arbeit ist nun ganz umsonst gewesen. Am besten wirfst du es gleich weg, sonst schadest du bloß deinem Geschäft.“
„Ja, ja.“, sagte Tarak ergeben und verdrehte die Augen. „Jedes Jahr versucht ihr es aufs neue. Wann werdet ihr endlich begreifen, dass ihr mich nicht reinlegen könnt, hm? Was ist das auf deiner Schulter, Alep? Es ähnelt einem Drachen, aber dafür ist es natürlich viel zu klein.“
„Es ist ein Drache, Tarak. Der einzige seiner Art.“
Alep verband seinen Geist mit Wigget. Schnell, ich brauche das Zauberwort, dass dieses Kraut hier verdorren lässt. Wie heißt es?
Zauberwort? Wigget stöhnte. Ihr wisst ja noch weniger als eine Haselnuss.
Halt keine Reden. Hilf mir lieber , drängte Alep.
Erklärt dem Bocksbart einfach, was Ihr wünscht, und er wird es tun.
Einfach so? Ungläubig betrachtete Alep die Pflanzen.
Ihr habt die Magie, nutzt sie! Wiederholt, was Euch bei mir misslungen ist.
Unsicher und äußerst behutsam tastete Alep nach den Pflanzen und forderte sie auf, die Köpfe hängen zu lassen. Im gleichen Augenblick fielen sie kraftlos in sich zusammen. Alep grinste. Er hielt das verdorrte Bündel in der Hand und reichte es Tarak.
„Da soll mich doch ...“, entfuhr es Tarak überrascht. Aus schmalen Augen musterte er Alep. „Du bist natürlich unschuldig daran?“
„Natürlich“, sagte Alep entrüstet. „Du glaubst doch nicht, dass ich dafür verantwortlich bin.“
„Nein, eigentlich nicht“, stimmte Tarak leise zu und kratzte sich am Kopf. Plötzlich erholten die Pflanzen sich wieder. Staunend betrachteten Tarak, Alep und Kwin den Bocksbart. Augenblicke später wirkten die Pflanzen wieder frisch.
Was hat das zu bedeuten? fragte Alep Wigget irritiert.
Nichts weiter. Verflogen ist aller Zauber. Schließlich habt Ihr den Bocksbart nicht getötet, sondern - überredet .
Tarak betrachtete den Bocksbart misstrauisch. Dann lächelte er. „Na seht ihr“, erklärte er erleichtert, „nichts ist passiert.“ Vorsichtig, fast zärtlich legte er das Bündel zurück in den Korb.
„Wie ist es dir im Sommer ergangen“, wechselte Alep das Thema, bevor Tarak das Problem von einer anderen Seite angehen konnte.
„Gut! Alles in allem. Ich habe jetzt vor meinem Haus in den Bergen einen eigenen Brunnen. Es hat mich viel Zeit gekostet, ihn zu graben, aber die Mühe hat sich gelohnt. Und ich habe die besten Felle seit Jahren. Noch nie sind so viele Nerze und Füchse in meine Fallen gegangen. Wenn ich in den nächsten Tagen all das hier verkaufen kann, dann brauche ich in diesem Winter nicht als Wagenbegleiter zu arbeiten.“ Stolz sah er von einem zum anderen.
Alep aber hatte die letzten Worte gar nicht mehr gehört. Aufmerksam sah er über Taraks Schultern hinweg zum Wirtshaus, aus
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