Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Schweigen. „Hast du dich gefragt, weshalb die Schlangen ausgerechnet unser Dorf überfallen haben?“
Natürlich hatte er das getan, in den Stunden bis zum Morgengrauen hatte er reichlich Gelegenheit dazu gehabt. Und er war auch zu einer Lösung gekommen, die aber so unglaublich schien, dass er sie gleich wieder verworfen hatte.
„Der Überfall der Schlangen galt ganz allein dir“, erklärte Großmutter eindringlich. „Ja, ich weiß, das zu glauben fällt dir schwer. Aber hier gibt es nichts, was einen solchen Angriff rechtfertigen könnte. Außer dir!“ Sie machte eine kleine Pause und sagte dann: „Der Auserwählte.“
Also doch, dachte Alep. Großmutter glaubte es auch. Die Nat Chatkas, Spindel und Großer hatten dieses Blutbad nur angerichtet, um ihn zu töten. Da sie ihn nie zuvor gesehen hatten, brachten sie einfach jeden um. Das Pflückfest war die beste Gelegenheit dafür. Kein Flachländer blieb Bitterquell an diesem Tag fern. Es bereitete Alep fast körperliche Schmerzen, für all das verantwortlich zu sein.
Wie er es auch drehte und wendete, seine Anwesenheit bedeute eine ständige Gefahr für die Menschen hier. Er musste fort, ob er wollte oder nicht.
„Ich stimme Eurer Großmutter zu“, meldete Wigget sich zu Wort, flatterte von Aleps Schulter und stolzierte die Tischplatte hinauf und wieder herab. Dabei legte er den Kopf schief, und sein dünner Schwanz zuckte aufgeregt hin und her. „Außerdem müssen wir uns fragen, wie es dem Golem und seiner Schar Auserwählter auf dem Weg nach Hornburg ergangen ist. Es ist wahrscheinlich, dass auch sie Opfer eines Angriffs der Nat Chatkas geworden sind. Magier, Ihr müsst nach Hornburg und retten, was ihr retten könnt, bevor das ganze Land im Chaos versinkt. Doch es gibt auch Grund zur Freude: Ich werde euch begleiten!“
Alep sah durch den Drachen hindurch, der mittlerweile seine Wanderung über die Tischplatte eingestellt hatte.
„Als wir angegriffen wurden“, sagte Alep, „habe ich nur die beschützen wollen, die ich liebe. Aber es wurden immer mehr. Zuerst meine Familie, dann meine Freunde und schließlich stand ich für jeden Flachländer ein, egal ob lebendig oder tot. Und ich konnte nicht aufhören. Ich weiß nicht, wer ich bin, aber was ich bin ist ziemlich deutlich geworden.“
„Du fürchtest dich vor die selber weil du ein guter Freund, Sohn und Bruder bist?“ Kwin trat nahe an Alep heran. „Du bist nicht der Einzige, der getötet hat. Alle, die hier sind, haben getötet.“
„Mag sein“, erwiderte Alep, „aber Kämpfen und Töten sind zwei Dinge, die ich nachweislich besser beherrsche als jeder von euch.“
„Und das sind vielleicht genau die Eigenschaften, die ein Auserwählter braucht“, sagte Oma Elders sanft. Alep sah seine Großmutter hilfesuchend an. Sie nickte ihm aufmunternd zu. „Es war ein schrecklicher Tag. Jeder von uns hat Dinge getan, auf die er nicht unbedingt stolz ist. Alep, ich glaube nicht, dass du ein schlechter Mensch bist. Vertraue auf deine Stärken und sie werden dir den rechten Weg weisen.“
Alep nickte. „Danke.“
„Ihr solltet euch schnell verabschieden, Magier. Die Schlangen wissen jetzt, wer ihr seid. Sicher lassen sie das Dorf beobachten. Wenn Ihr Euch auf den Weg macht, werden sie Euch folgen und Eurer Heimat mit Euch den Rücken kehren.“
Oma Elders wandte sich an Kwin. „Du bist seit Jahren sein bester Freund, bist ihm fast ein Bruder. Ich wäre ruhiger, wenn ich wüsste, dass du ihn begleitest.“
Kwin räusperte sich und sagte: „Das hatte ich ohnehin vor, Frau Elders. Schau mich nicht so überrascht an, Alep. Du hast doch nicht geglaubt, ich würde hierbleiben, und dich allein ziehen lassen.“
Alep nickte nur dankbar.
„Dann ist es entschieden“, erklärte Oma Elders erleichtert. „Ich werde euch Proviant einpacken und dann brecht ihr beide unverzüglich auf.“
„Auf geht’s, Magier“, rief Wigget. „Nach Hornburg!“
„Ich bin kein Magier!“, widersprach Alep. „Sieh es doch endlich einmal ein.“
„Noch nicht!“, bestätigte Wigget und grinste, dass seine scharfen Drachenzähne nur so blitzten.
Kwin ging leise davon, suchte und fand Lisett schlafend unter einem Tisch. Sanft weckte er sie auf. Die hübsche Artistin blinzelte schlaftrunken, als seine Hand ihre Wange berührte. Als sie ihn erkannte, lächelte sie. „Mein schöner Tischler! Ist es schon Zeit, aufzustehen?“
„Nein. Ich habe dich geweckt, um mich zu verabschieden. Ich gehe mit Alep nach
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