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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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aufgewacht und das Lager abgebrochen. Wir haben einen geeigneten Unterschlupf gefunden. Eine Höhle, gar nicht so weit von hier. Recht gemütlich, wenn ihr mich fragt. Vor allem aber trocken.“ Der Drache legte seinen schmalen Kopf schief. „Allerdings weiß ich nicht, wie wir ihn dahin schaffen sollen. Er kann wohl nicht selbst gehen?“
    „Nein!“ Alep schüttelte entschieden den Kopf. „Wir brauchen eine Trage.“
    Mit Kwins Axt in der Hand stapfte Alep auf der Suche nach zwei jungen, schlanken Bäumen durch den Wald in der Nähe des Lagers. Er fand zwei dicht beieinanderstehende Tannen, die ihm geeignet schienen. Aber bevor er die Axt schwang, kamen Zweifel auf. Was, fragte er sich, wenn die Bäume belebt waren. Er hatte überhaupt kein Wissen von magischen Wäldern und Bäumen, aber seine Ehrfurcht vor den stummen Riesen war groß. Kwin jedoch lag verletzt ein paar Dutzend Schritte hinter ihm und erwartete, dass er ihm half.
    Alep atmete tief aus, dann sagte er: „Tanne, ich muss dich fällen. Dich und deinen Bruder, denn Kwin Baumbehüter liegt verletzt dort drüben. Ich weiß nicht, ob du mich verstehen kannst, aber ich bitte dich inständig, mir zu vergeben, wenn ich nun euer Leben nehme, um das seine zu retten.“ Einen Augenblick noch stand Alep wartend da, dann hob er die Axt und fällte erst die eine, dann die andere Tanne. Ihm war seltsam zumute, aber er wischte alle Unsicherheit beiseite und ruhte erst aus, als beide Bäume geschlagen waren.
    Mit Hilfe der Pferde zog er die Stämme zum Lager. Aus Gürteln, Decken und einem langen Seil fertigte er eine Trage, die er an Kwins Pferd befestigen konnte. Schwierig wurde es erst, als er Kwin auf die Trage heben musste. Bald darauf folgte Alep dem voraus fliegenden Wigget. Twist trottete mit hängendem Kopf neben dem inzwischen ohnmächtigen Kwin dahin.
     
    Am Vormittag des folgenden Tages ließ der Regen endlich nach. Alep wechselte Kwins Verband dreimal. Schon am Morgen hatte er statt der Salbe das graue Pulver auf die Wunde gestreut, da Kwins Zustand unverändert schlecht war. Alep sehnte sich nach einem wärmenden Feuer und der Möglichkeit, Tee zubereiten zu können. Als dann am Vormittag ein fahler Sonnenstrahl durch die Wolken brach, stieg Hoffnung in ihm auf.
    Am zweiten Tag in der Höhle ging Alep los, Holz einzusammeln, das zwar noch feucht war, aber mit ein bisschen Glück schon brennen sollte. Als er dann feststellen musste, dass er das Holz nicht anzünden konnte, machte sich zum ersten Mal Niedergeschlagenheit breit.
    Er setzte sich mit dem Rücken an die Höhlenwand und wusste nicht, was er als nächstes tun sollte. Aller Mut war ihm verlorengegangen. Da kam Wigget herein.
    „Nun richtet Euch wieder auf“, versuchte er Alep aufzumuntern. „Schließlich seid Ihr ein Magier ersten Ranges.“ Als Alep nicht antwortete, näherte sich Wigget den aufgeschichteten Holzscheiten, blies einen dünnen Flammenstrahl mitten hinein und schon bald knisterte ein Feuer in der Höhle, das zwar stark rauchte, aber auch wärmte. Alep dankte Wigget überschwänglich und hätte den kleinen Drachen fast an seine Brust gedrückt, wenn der nicht rechtzeitig Reißaus genommen und laut schimpfend hinaus in den Wald geflogen wäre.
    In den folgenden Tagen ging es dem jungen Tischler zusehends schlechter. Selbst Großmutters Tee brachte keine Besserung. Kwin wälzte sich im Fieber und Alep wusste nicht, was er für seinen Freund tun konnte. Er brauchte einen Heiler.
    Es war Wigget, der den entscheidenden Hinweis gab. An ihrem fünften Tag in der Höhle flatterte er auf Aleps Schulter, bog auf die ihm eigene Art den langen Hals nach vorne und sah Alep direkt in die Augen. „Ihr seid ein Magier! Wisst Ihr noch?“
    „Na und?“, erwiderte Alep niedergeschlagen.
    „Die Magie, junger Zweifler, dient nicht nur der Zerstörung. Sie kann auch heilen und helfen. Seht, Euer Freund hat ein Gift im Körper. Um ihn zu heilen, müsst Ihr das Gift herausbringen. Sicher ist es einfacher, einen Nat Chatka niederzumachen, als eine Wunde zu heilen. Aber letzten Endes ist der Unterschied eher gering.“
    „Kannst du es mich lehren?“
    „Ja!“, erklärte Wigget. „Aber ich kann es Euch nicht zeigen. Ich kann Euch nur Hilfestellungen geben und Euch den Weg zur Zauberei ebnen, aber was Ihr mit diesem Wissen anfangt, und ob Ihr in der Lage sein werdet, Eurem Freund zu helfen, weiß ich nicht.“
    Doch damit gab sich Alep nicht zufrieden. Er, der ein Meister des Zweifels war,

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