Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
stellte gleich die nächste Frage. „Wie kommt es, dass du darüber Bescheid weißt? Schließlich bist du doch kein Magier.“
Ergeben sah Wigget hinauf zur Höhlendecke. Der junge Mann machte es ihm schwer, sehr schwer. Zweitausend Jahre hatte er auf seine Freiheit gewartet und nun musste er diesen grünen Jungen unterweisen. Und dazu musste er ganz von vorne anfangen. Er schüttelte den Kopf, um die trüben Gedanken zu vertreiben. „Lange, bevor ihr Menschen die Welt betreten habt, gab es nur uns Drachen. Wir entstanden aus reiner Magie. Unsere Entstehungsgeschichte ist so alt, dass sie durch die Jahrtausende hindurch in Vergessenheit geraten ist. Unser Ursprung mag zwar in der Magie liegen, aber wir sind aus dem festen Stoff der Erde gemacht. Unsere Körper sind zerstörbar.
Vor uns war niemand und es dauerte lange, bis andere kamen. Als erstes erschienen die Zwerge, dann die Trolle und die Nat Chatkas. Ihnen folgten die Nixen und Sylphen, Dryaden und Einhörner, Elfen und Feen, dann kamen die Gnome, Liks, Goblins und Kobolde und zuletzt ihr Menschen. Wir waren es, die allen, die nach uns kamen, die Magie nahebrachten. Von all denen, die in den Jahrtausenden die Welt besiedelten, waren die Trolle, die Menschen und die Chetekken“ - Wigget sah den fragenden Blick seines Schüler und sagte, „Nat Chatkas“, und fuhr dann fort: „nur bei diesen drei Völker fanden sich einige wenige, die in der Lage waren, Magie anzuwenden, alle anderen Wesen sind an Zahl nur wenige und im Unterschied zu den vorgenannten magisch, so wie wir Drachen magische Wesen sind, aber Magie nicht anwenden können. Wenn also die Magie schwindet, werden auch wir vergehen.“ Wigget machte eine kurze Pause. Hätte er Hände besessen, hätte er sie jetzt sicher auf dem Rücken verschränkt, überlegte Alep. Dann fuhr der kleine Drache fort. „Das Wissen um die Magie ist uns Drachen eingegeben. Wir werden damit aufgezogen wie andere Wesen mit der Milch. Versteht Ihr nun, dass Ihr auf der Welt keinen besseren Lehrer finden könnt als einen Drachen?“
Alep nickte.
„Dann unterbrecht mich nicht wieder und hört zu.“
„Aber ...“
„Na?“, ermahnte Wigget. Alep schoss den Mund. „Magie ist die Kraft des Lebens; das Blut der Erde, der Berge und Wälder. Ihr könnt es fühlen, wenn Ihr Eure Augen schließt und Euch dem Rhythmus des Lebens hingebt. Ich spüre diesen Rhythmus beständig und wäre ich wie Ihr ein Magier und imstande, Magie aufzunehmen und sie zu bändigen, dann nähme ich diese Kraft, bündelte sie und gestaltete die Welt nach meiner Vorstellung! Aber da ich ein Drache bin, der von Natur aus die Magie nicht beherrschen kann, darf ich mich im Unterschied zu Euch diesen freundlichen Träumen von Macht und Herrschaft hingeben. Ich bin wohl in der Lage, diese unvergleichliche Kraft zu spüren, ja ich kann sie sogar sehen, aber mehr nicht. Ein Magier vom Rang eines Pretorius freilich bezieht die Magie von überall her. Aus dem Wasser, der Luft und dem Feuer, denn alles ist ein immerwährender Kreislauf. Doch dazu kommen wir später.“
„Aber ...“, unterbrach Alep.
„Ich fürchte, Ihr habt für heute schon alle ‘aber’ aufgebraucht“, mahnte Wigget. „Und ein gerüttelt Maß Eurer zukünftigen ‘aber’ obendrein. Hört zu und lernt!“ Wigget machte eine Pause und sah sich um. „Ich sehe schon, wir fangen besser gleich an! Nun, Magier, seid Ihr bereit? Bevor wir anfangen, noch eins“, Wigget sah Alep forschend ins Gesicht, dann wurde sein Blick unsicher. „Wenn Ihr bei Eurem Freund Erfolg haben solltet, dann schuldet Ihr mir einen Gefallen.“
Alep hob fragend den Kopf, aber Wigget erklärte: „Nicht jetzt. Ich erkläre es Euch später. Also dann: schließt Eure Augen und öffnet Euren Geist, wie Ihr es tut, wenn Ihr mit mir in Verbindung tretet.“
Gut, lobte Wigget. Übergangslos erklang seine Stimme in Aleps Geist. Nun tastet langsam hinaus, erforscht diese Höhle und fühlt das Leben im Euch umgebenden Fels.
Na, toll, dachte Alep. ‘Spür das pure Leben im Fels’. Felsen sind nicht lebendig! Dieser Drache war schon ein seltsames Wesen. Auf alles hatte er eine Antwort und immer im rechten Moment. Genau wie jetzt.
Kwin ist krank. Also, heile ihn. Punktum. So einfach geht das. Alep schüttelte den Kopf. Er fragte sich, weshalb der Drache nicht schon längst auf und davon geflogen war. Zwischen ihnen beiden lag eine Unendlichkeit und auch wenn Wigget mit seiner immerwährenden Hilfsbereitschaft und
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