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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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den
     Tisch. »Trinken wir einen Schluck, zum Gedenken an Georgi.«
    Pleschakow nickte und schenkte den Kognak ein. Er und der General leerten ihr Glas, Stas nippte nur daran.
    »Möge die Erde ihm leicht sein«, sagte Pleschakow, hustete in seine Faust und sagte in anderem Ton: »Sie schließen also nicht
     aus, dass es bloßer Zufall war?«
    »Vielleicht hat eine Bestie ihn hier aufgespürt. Er hat sie nämlich leidenschaftlich gehasst, er wurde sogar mehrfach bestraft
     wegen Überschreitung seiner dienstlichen Kompetenzen.«
    »Wer? Georgi?«, rief Stas ungläubig.
    »Ja.« Pleschakow nickte. »Hier in Moskau war er nett und gutmütig, aber dort gingen ihm oft die Nerven durch. Ihr Vater hat
     ihn aus einer gewaltigen Scheiße rausgeholt.«
    »Richtig.« Der General nickte. »Wenn du es genau wissen willst: Ich hab ihn zu dir geschickt, weil er jedem an die Gurgel
     geht, der einen Kameraden angreift. Solchen Männern vertraue ich. Und so ist es ja auch gekommen – er hat dich geschützt.
     Er wurde getötet, und du lebst.«
    Stas senkte den Kopf und presste die Hände an die Schläfen.Der General sah seinen Sohn traurig und mitleidig an. Die Sekretärin kam mit einem Tablett herein, aber niemand trank Kaffee.
     Stas klagte über Kopfschmerzen und bat darum, nach Hause gefahren zu werden. Der General blieb in der Bank.
    »Vielleicht fährst du lieber zu uns?«, fragte er seinen Sohn. »Du solltest endlich deine Mutter besuchen, und überhaupt wärst
     du bei uns sicherer aufgehoben.«
    »Ich muss auf jeden Fall erst zu mir.« Stas verzog gequält das Gesicht, als könne er vor Kopfschmerzen kaum sprechen. »Ich
     war ewig nicht zu Hause, ich muss mich umziehen und überhaupt. Ich komme heute Abend zu euch.« Er küsste seinen Vater auf
     die schlaffe, stachlige Wange.
    Im gepanzerten Audi des Sicherheitsdienstes der Bank lehnte er sich in den weichen Sitz und schloss die Augen.
     
    Sergej ballerte schon über eine Stunde auf die Zielscheibe. Er war früh um sechs aufgewacht und an den Schießstand gegangen,
     um bis zum Frühstück ganz allein zu üben. Wegen der Ohrenschützer hörte er nicht, dass jemand zu ihm trat. Aber er spürte
     plötzlich, dass er nicht mehr allein war, drehte sich um und nahm die Ohrenschützer ab.
    Hinter ihm stand Dokotor Awanessow und lächelte.
    »Guten Tag, mein Lieber. Du schießt hervorragend. Na, erzähl mal, wie gehts?«
    »Danke, alles in Ordnung«, erwiderte Sergej lächelnd.
    »Ja, ich sehe, du machst dich sehr gut. Ich weiß, dass du schon joggst und einen guten Appetit hast. Apropos – hast du schon
     gefrühstückt?«
    »Wollte ich gerade. Leisten Sie mir Gesellschaft?«
    »Unbedingt, mein Lieber.« Der Doktor nickte energisch. »Beim Frühstück und beim Abendbrot. Aber nicht jetzt. Später.«
    »Ist etwas passiert?«, fragte Sergej beiläufig und versuchte, dem Doktor in die schwarzen Kirschenaugen zu sehen.
    »Aber nein! Wieso denn? Wir beide gehen jetzt zur Untersuchung, wir müssen eine Röntgenaufnahme machen und noch ein paar andere
     Sachen, nicht sehr angenehme, aber es muss sein.«
    Der Doktor wandte den Blick ab, tätschelte Sergej die Schulter und schob ihn sanft zum Ausgang.
    Sie gingen hinauf in den ersten Stock, in ein geräumiges Untersuchungszimmer. In der Mitte stand ein hohes, raffiniert konstruiertes
     Bett. An den Wänden Bücherregale, Geräte mit Monitoren, weiter hinten, am Fenster, ein Schreibtisch. Darauf saß Schwester
     Katja und baumelte mit den Beinen.
    »Oh, hallo, lange nicht gesehen!«, sagte sie und sprang herunter. »Du siehst prima aus.«
    Sergej nickte. »Danke, du auch.«
    »Setz dich, mein Lieber, ruh dich aus«, sagte Awanessow, »ich bin gleich zurück.«
    Sergej setzte sich auf einen Wachstuchhocker. Katja zog eine Tüte mit bunten Bonbons aus ihrer Kitteltasche, nahm ein Bonbon
     heraus, wickelte es aus und warf es sich in den Mund.
    »Dir biete ich keins an, du darfst nicht«, erklärte sie und zog eine komisch-ernste Grimasse.
    »Wieso, wird die Untersuchung unter Narkose durchgeführt?«, erkundigte sich Sergej mit dümmlichem Lächeln.
    »M-m« – Katja schüttelte den Kopf und schloss die Augen –, »ich weiß nicht genau, aber ich glaube, deine Stifte sollen entfernt
     werden.«
    Sergej verzog das Gesicht. »Schon wieder rumschnippeln?«
    »Keine Sorge, die OP ist ein Klacks, ein kleines Loch unterder Kniescheibe, und der Stift wird rausgezogen. Das tut überhaupt nicht weh. In ein paar Tagen kannst du wieder

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