wissen, was ich rausgefunden habe?«, fragte sie.
» Klar.«
Sie blickte mich an.
» Ich habe Kathys E-Mail-Adresse«, sagte sie. » Und ich hab mich in ihr Konto gehackt.«
74
Tori und ich gingen in mein Büro, wo sie ihren Laptop aufklappte. Unter den gegebenen Umständen hielten wir eine solche Besprechung besser unter vier Augen ab.
» Ihr Anwälte würdet ein solches Vorgehen wohl als sittenwidrig bezeichnen«, sagte Tori.
» Davon abgesehen ist es vor Gericht unzulässig«, fügte ich hinzu. Selbst wenn ich in Kathys E-Mail-Konto auf Gold stieß, würde ich es nicht verwenden können. Andererseits, wenn ich etwas wirklich Hilfreiches entdeckte, konnte ich immer noch einen Antrag auf Zulassung der Mails als Beweismittel stellen und dann so tun, als würde ich sie zum ersten Mal lesen.
Eigentlich hätte ich solche Gedanken aufzeichnen und sie mir in einem besinnlichen Moment wieder vorspielen sollen. Mit meinem Berufsethos stand es nicht zum Besten. Wann hatte das eigentlich begonnen?
Ach, richtig – als ein unschuldiger Mann wegen Mordes gehängt werden sollte.
» Hier ist es.« Tori deutete auf den Bildschirm. » Das ist Kathys private E-Mail.«
» Ist das ihr Posteingang?«
» Genau. Wie du siehst, kriegt sie auch ein Jahr nach ihrem Tod immer noch ein paar E-Mails. Das meiste davon ist Werbung. Persönliche Mails gibt es nicht mehr seit dem dreizehnten Januar, ihrem Todestag.«
Wir setzten uns nebeneinander auf die Couch. Sie reichte mir den Laptop. Ich scrollte durch die empfangenen Nachrichten. Die meisten davon waren wohl von Freunden. Die Nachrichten ganz oben auf dem Bildschirm – die aktuellsten – drehten sich um die Feier ihres vierundzwanzigsten Geburtstags, der am Tag nach ihrem Tod gewesen wäre. Etwas durchzuckte mich in diesem Moment, ein dumpfer Schmerz in den Eingeweiden, das Gefühl des Verlusts. Diese Frau war keine vierundzwanzig geworden. Wenn ich hier ein Rätsel zu lösen versuchte, dann tat ich das nicht nur für meinen Mandanten. Auch ihr war ich etwas schuldig.
» Schau mal unter dem achten Januar nach«, sagte Tori.
Dazu musste ich ein zweites Bildschirmfenster aufrufen. Ich öffnete eine E-Mail, die auf Freitag, den 8. Januar, 13:31 datiert war:
Ich brauche Rat
Von: Katherine Rubinkowski
‹ KR ubinkowski@ DLM law.net›
An: Thomas J. Rangle
‹ TR angle@ DLM law.net›
BCC : Ich ‹
[email protected]›
Tom, mir macht da was Sorgen, und ich würde gern mit dir darüber sprechen. Momentan sollte es aber besser unter uns bleiben.
Erinnerst du dich an das, was ich dir über den LabelTek/ GHI -Rechtsstreit erzählt habe? Dass ich Summerset Farms als Käufer von GHI -Düngemitteln in die Liste aufgenommen hatte, sie aber jemand wieder aus der schriftlichen Anfrage gestrichen hat? Und dass ich mich deswegen bei Bruce beschwert habe, der mich aber brüsk abwies? Also, offensichtlich hat LabelTek das mit Summerset inzwischen selbst herausgefunden, vermutlich übers Landwirtschaftsministerium. Und als sie eine schriftliche Anfrage an Summerset rausschickten, hat GHI daraufhin den Rechtsstreit sofort mit einem Vergleich beigelegt.
Okay, das ist an sich schon merkwürdig, aber es wird noch seltsamer. Als wir GHI als Mandanten übernahmen, war ich anfänglich mit der rechtlichen Seite des Ankaufs von Summerset beschäftigt. Summerset ist ein kleiner Betrieb, und GHI hat ihnen mehr Düngemittel verkauft, als sie jemals verwenden können. Ich weiß, das klingt paranoid – aber es sieht so aus, als würde Summerset diesen Dünger horten.
Bis dahin deckte sich die Mail mit den uns bekannten Informationen. Sie schilderte in prägnanter Form das, was wir bisher herausgefunden hatte. Kathy hatte diese Mail in der Arbeit abgeschickt – das » DLM law« in der E-Mail-Adresse stand unzweifelhaft für Dembrow, Lane und McCabe –, aber an sich selbst eine Blindkopie gesandt. Offensichtlich wollte sie die Nachricht für ihre eigenen Unterlagen.
Die E-Mail ging weiter:
Und erinnerst du dich an diese andere Firma, die wir übernommen haben – SK Tool and Supply? Etwa zur gleichen Zeit wie Summerset. Also, SK verkaufte bisher nur einfache Ausrüstung für Industriebetriebe, aber jetzt verkaufen sie auf einmal auch Nitromethan, das man für viele Dinge verwenden kann – unter anderem für Sprengstoff. Und als ich neulich wegen der Secada-Klage bei SK war – ich weiß, ich hätte das nicht tun dürfen –, hab ich in ihren Auftragsunterlagen geblättert und festgestellt, dass