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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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wir auf Maniac gewartet, der fuchsteufelswild und nur mit einer MP, über deren Herkunft er sich hartnäckig ausschwieg, wieder zu uns stieß. Dann mussten wir Bastard suchen, der in irgendeiner Felsspalte steckte und verzweifelt auf drei schneckenartige Monster feuerte, die aus einem flachen Gewässer herausgekrochen kamen. Diese Biester! Als wir in der geschlossenen Gruppe an ihnen vorbeigezogen waren, hatten sie sich natürlich nicht aus dem Wasser rausgetraut!
    Verglichen damit war das achte Level das reinste Kinderspiel. Bei dem handelte es sich um einen riesigen Sumpf. Da mich das
Ganze irgendwie an Stalker erinnerte, habe ich angefangen, den Weg vor uns mit Raketen zu spicken – mit einem Ergebnis, das unsere kühnsten Erwartungen übertraf: Etliche Monsterleichen trieben hoch an die Oberfläche, um dort ein bizarres Muster zu bilden. Die Viecher, die sich in größerer Entfernung verborgen gehalten hatten, gingen daraufhin zum Angriff über. Der wirkte zwar recht furchteinflößend, konnte ihr Ableben aber nicht verhindern.
    Das neunte Level war dann zu viel für uns.
    Dabei schien es zunächst ganz harmlos. Die Berge darin sind nicht übermäßig hoch, du musst durch Steinbrüche, in denen komplizierte Mechanismen behäbig das Gestein schlucken und zerhäckseln. Daneben wartet es mit verschiedenen Bauwerken, den Ruinen eines alten, gigantischen Tempels und ein paar Armeefahrzeugen auf.
    Nur: Wir waren einfach schon zu erschöpft.
    Allein für die Fahrzeuge – ob sich jemand in ihnen versteckt hielt und wenn ja, wer, haben wir bis zum Schluss nicht herausbekommen – brauchten wir zehn Raketen, bis sie fulminant abbrannten. Die Steinbrüche kosteten uns drei Anläufe – bei denen wir fast unsere gesamte Ausrüstung verloren.
    Und das, was wir in den Bauten gefunden haben, reichte vorne und hinten nicht für unsere kleine Armee.
    An starken Waffen sind uns nur mein Raketenwerfer mit fünf Schuss Munition, Nikes Laserstrahler und Maniacs MP geblieben.
    Alle anderen müssen sich mit Pistolen begnügen.
    Und natürlich verfügt niemand von uns noch über eine kugelsichere Weste.
    Wir bringen noch den langen, aufsteigenden und extrem öden Tunnel in den Bergen neben dem Tempel hinter uns und erreichen so den Ausgang zum zehnten Level.
    Der Rechner, an dem wir unsere Daten eingeben, steht auf dem Gipfel. Er ist halb in den Stein eingelassen, nur der Bildschirm und die Tastatur liegen an der Oberfläche.
    Jede Diskussion können wir uns sparen – nach achtzehn Stunden ohne Schlaf, nach achtzehn Stunden im Labyrinth.
    »Wir treffen uns um zehn Uhr Moskauer Zeit am Torbogen wieder«, entscheidet Dschingis und sieht uns an. Niemand erhebt Einwände. Daraufhin schiebt er Pat zum Rechner. Der gibt erschöpft sein Passwort ein, zieht den Cursor auf Exit – und verschwindet. Dschingis folgt ihm.
    »War doch trotzdem ganz lustig, oder?«, sagt Zuko, der unbedingt Optimismus verbreiten will. Doch selbst seine Albernheit hat einen Knacks davongetragen.
    »Wir sind eben alle nicht mehr so in Form wie früher«, murmelt Maniac. »Und jetzt hör auf rumzutrödeln!«
    Zuko gibt seine Daten ein – und verschwindet.
    Als Nächster ist Maniac dran.
    Bastard sieht sich noch einmal nachdenklich um. Das Level ist sehr schön, da haben sich die Designer des Labyrinths wirklich alle Mühe gegeben. Ein flacher Hang zieht sich ins Tal, in dem dunkelblaue Seen liegen. In den Strahlen der untergehenden Sonne funkelt der Schnee, über den lilafarbenen Himmel ziehen hellviolette Wolken. Wir müssen noch hinunter in dieses Tal, uns anschließend durch einen Wald schlagen, ein Meer überqueren … Was haben sich die Macher des Spiels wohl noch alles ausgedacht? Fabriken, Vulkane, Weltraumbahnhöfe oder Felder? Und am Ende kommt dann jene Stadt, wo der schuftige Imperator auf dich wartet …
    »Leonid, das klappt doch nie«, sagt Bastard. »Und zwar nicht, weil wir nicht fit genug sind. Hier sind doch praktisch keine Kämpfe nötig! Die guten alten Duelle … du mit der MG, ich mit der Kettensäge … wo du den anderen austrickst … die gibt es hier
nicht. Wir kämpfen hier nicht gegen andere Spieler … egal, ob die nun im Körper von einem Menschen oder von einer Schnecke stecken. Wir kämpfen gegen die ganze Welt. Gegen die Welt des Labyrinths, gegen die Welt innerhalb von Deeptown. Wir kämpfen gegen die Entfernung, die Zeit … ach, verfuckt noch mal, als ob du das nicht alles selber wüsstest! Also dann, morgen um zehn …«
    Er

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