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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zu selten lebendige Augen.
    Die Tiefe ist ein Spielzeug, das wir in Händen halten.
    Sie ist gut, sie ist schlecht – sie ist gleichgültig.
    Dieser graue Nebel, das Feuer und das Eis, dieser Faden über der Schlucht – all das ist bloß Fiktion. Eine Zeichnung auf dem Bildschirm. Und der endlose Abgrund unter mir ist ebenfalls ein Trugbild. Es sind eingebildete Ängste.
    Ich bewege mich, mache einen vorsichtigen Schritt vorwärts, stelle einen Fuß auf die Saite, während ich den anderen auf dem soliden und festen Boden lasse.
    Ich muss diesen Weg bis zum Ende gehen.
    Es übersteigt jedoch die Kräfte eines Menschen, einen Kilometer über ein hauchzartes, vibrierendes Haar zurückzulegen. Und meine Diver-Fähigkeiten ändern daran nicht das Geringste – denn die Brücke schmilzt unter meinen realen Füßen.
    Ich darf nicht warten, bis sie sich in Luft auflöst.
    Ich darf nicht zögern, bis meine Kräfte schwinden.
    »Tiefe, Tiefe …«, murmle ich, als ich einen weiteren Schritt mache. »Tiefe, Tiefe, du bist mein.«
    Tiefe, Tiefe … ohne uns bist du nichts.
    Und so laufe ich neben dem Faden entlang, in den Abgrund. Ins Nichts.
    Die linke Wand besteht aus blauem Eis, die rechte aus purpurrotem Feuer …
    Der Wind peitscht mir ins Gesicht, sengend und eisig zugleich.
    Wie gern möchte ich einen der Felsen berühren, sei es den aus Feuer, sei es den aus Eis! Den Fall unterbinden, diesen endlosen Flug beenden!
    Doch genau das wäre mein Untergang – wie schon beim letzten Mal und beim vorletzten und …
    Ich verliere jeden Orientierungssinn.
    Für mich existieren nur noch zwei Flächen, die Feuerwand und die Eiswand, zwischen denen hindurch ich in die Tiefe falle …
    Oder fliege.
    Das hängt von der Betrachtungsweise ab.
    Das winzige warme Licht ist weit weg. Sehr weit. Zu ihm führt diese Brücke, über die niemand gehen kann.
    Nur brauche ich keine Brücke.
    Denn ich falle ja nicht. Ich fliege.
    Jeder fliegt nun einmal, so gut er kann.
     
    Ich muss mich von allem lossagen. Vom Labyrinth des Todes, das wir durchlaufen haben. Vom Imperator, diesem dummen Programm, das so unvermittelt gefragt hat: »Wer bin ich?«
    Denn all das spielt keine Rolle.
    All das ist zweitrangig, all das ist zum Tod verdammt, sollte die Tiefe selbst sterben.
    Mir ist nichts passiert.
    Ich bin nicht in diese Schlucht gefallen.
    Ich fliege. Ich fliege, so gut ich kann, zwischen zwei Flächen hindurch, die mir beide den Tod brächten, würde ich sie berühren.
    Aber ich habe einen Orientierungspunkt.
    Das warme Licht im ewigen Dunkel.
    Es umfasst alles. Dort befindet sich jeder von uns Ex-Divern. Und vielleicht birgt es sogar den Schlüssel für unser aller Leid …
    Es ist schwer, daran zu glauben, dass du fliegen kannst. Dafür musst du alles vergessen. Du musst dir ständig sagen, dass es gar keine Brücke gegeben hat und du auch keinen Schritt ins Bodenlose getan hast … Du musst den Raum auf den Kopf stellen, die Arme ausbreiten.
    Du musst dich dem Flug überlassen.
    Das Feuer ist unter mir. Ein tosendes, ewig hungriges Meer. Das Eis ist über mir. Eine solide Decke, die sich niemals durchstoßen lässt.
    Denn so wünsche ich es mir.
    Und vor mir schimmert das Licht.
    Nicht unter mir, nicht über mir – vor mir.
    Du musst dich von allem lossagen. Du musst die Welt so drehen, dass sie zu dir passt. Du musst sie zwingen, dir zu gehorchen.
Wo die Erde liegt und wo der Himmel, auf welchem Untergrund es sich besser steht – das entscheidet jeder für sich. Seit Anbeginn der Zeiten. Selbst als es noch keine Tiefe gegeben hat, keine Computer, als es nur Höhlen und zarte Zungen eines gestohlenen Feuers gab, war das schon so.
    Seit Anbeginn der Zeiten hatte ein Mensch das Recht, die Welt nach seinem Willen zu gestalten.
    Wahrscheinlich sind diejenigen, die all das nicht vergessen haben, Diver geworden. Und diese Fähigkeit kann uns niemand nehmen. Keine Deep-Psychose, nichts. Selbst wenn die Quelle unserer Kraft verloren geht, bleibt uns dieses Können erhalten. Denn es reicht, blind daran zu glauben, es reicht, sich daran zu erinnern, dass du einmal imstande warst, die Welt nach deinem Willen zu gestalten.
    Das Licht kommt immer näher …
    Es ist wirklich simpel, da hat Crazy Tosser recht gehabt.
    Du brauchst bloß einen Schritt in den Abgrund zu machen – der für dich ein echter Abgrund ist. Du darfst nicht vor der Tiefe fliehen, darfst dich nicht hinter dem kalten Glas des Monitors verstecken.
    Sicher, wir können jederzeit aus der

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