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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zerstören, ich habe da ein kleines Programm, das …«
    »Die Festplatte wird zerstört«, stellt Dschingis mit eisiger Stimme klar.
    »Wie du willst, wenn es dir nicht leid ums Geld tut, die Festplatte ist schließlich noch tipptopp, und ich lege die Hand dafür ins Feuer, dass mein …«, brabbelt der Magier eingeschnappt. »Aber gut, dann hau halt deine Festplatte kaputt!«
    Nun richten sich alle Blicke auf mich.
    Die letzte Meinung, die noch fehlt.
    »Dann werde ich mal das Urteil verkünden, ja?«, frage ich. Ich weiß genau, was ich sagen will.
    »Hallo, Ljonka!«
    Pat kommt in die Bibliothek. Er trägt einen VR-Anzug, der haargenau so aussieht wie die Uniform im Labyrinth.
    »Pat!«, empfängt Dschingis ihn wütend. »Hast du mir nicht etwas versprochen?«
    »Ich habe meine Hausaufgaben gemacht!«, ruft der Junge. »Alle! Und ich habe sogar noch einen super Skin gezeichnet. Da wollte ich mir mein Lob abholen!«
    »Der Skin ist gut«, lobt ihn Dschingis. »Trotzdem hast du mir versprochen, nicht in die Tiefe zu gehen. Oder hast du das schon wieder vergessen?«
    Pat sieht Bastard flehend an. Der räuspert sich – und streicht die Segel. »Komm schon, Dsching«, sagt er. »Du brauchst dir doch wirklich keine Sorgen zu machen. Hier sind wir sicher. Außerdem hat Pat das gleiche Recht wie wir alle, diese Sache zu entscheiden.«
    Das letzte Argument zieht.
    »Setz dich, du Maler«, sagt Dschingis in scharfem Ton. »Wir überlegen, was wir mit Dibenkos Programmen machen.«
    »Und?«, fragt Pat, während er sich zwischen Dschingis und Bastard quetscht.
    »Die allgemeine Meinung geht dahin, sie zu zerstören. Der Dark Diver hat uns ein Ultimatum gesetzt, er verlangt die Dateien. Wir glauben, es ist am besten, die Daten zu vernichten. Dann wird er uns nämlich in Ruhe lassen. Gegen ihn zu kämpfen, das übersteigt unsere Kräfte.«
    »Wieso das denn?«, fragt Pat, der erst von Dschingis zu Bastard und schließlich zu mir sieht.
    So stürzen Idole. Der coole Businessman Dschingis, der große Hacker Bastard und der letzte Diver Leonid – sie alle geben vor dem Dark Diver klein bei.
    »Weil es absolut nicht in unseren Kräften liegt. Er hat in der Tiefe Möglichkeiten von nahezu mystischer Natur – was du von uns nicht gerade behaupten kannst. Entweder müssen wir also auf Deeptown verzichten und unsere Besuche in der Tiefe aufgeben oder wir vernichten die Dateien.«
    Eins muss man Pat lassen: Er zögert keine Sekunde. »Dann löschen wir die Dateien! Oder geben sie ihm!«
    »Nein, wir werden sie ihm nicht geben. Wir löschen sie.« Dschingis richtet seinen Blick wieder auf mich. »Leonid? Wofür bist du?«
    »Wir löschen sie«, antworte ich. »Und zwar völlig. Ich will auch erklären, warum.«
    Anscheinend haben alle auf eine Erklärung gewartet – wie auch immer die aussehen mag.
    »Dibenko hat sich da eine sehr ausgefeilte Sache einfallen lassen. Er hat eine künstliche Intelligenz geschaffen, die zunächst jedoch nicht eigenständig ist, sondern nur als Anhängsel eines Menschen auftritt. Im Grunde also einen Cyborg, nur dass die
eine Hälfte dieses Cyborgs nicht mechanisch und elektronisch, sondern virtuell und programmiert ist. Diese KI kopiert in der ersten Phase nur die Reaktionen des Menschen. Später … antizipiert sie diese Reaktionen dann. Stimmt das soweit?«
    Als Maniac nickt, fahre ich fort: »Dieses Wesen kann sich außerdem selbstständig weiterentwickeln … Das haben wir bereits beim Imperator erlebt. Er hat als dummes Programm mit ein paar eingespeicherten Reflexen begonnen und hat jetzt … die Grenzen dieses Programms weit hinter sich gelassen. ›Wer bin ich?‹, hat er uns gefragt. Dibenko hat mit seinem Spielzeug also ganze Arbeit geleistet. Was mich jedoch stört …«
    »Ich weiß«, unterbricht mich Dschingis. »Und du hast ja recht. Es gibt nicht nur den Imperator. Da ist auch noch dein Taxifahrer. «
    Seine Gedanken bewegen sich wirklich in den gleichen Bahnen wie meine.
    »Man kann natürlich behaupten, der Imperator sei von Anfang an darauf abgerichtet gewesen zu kämpfen und zu töten«, sage ich. »Weil seine Rolle im Labyrinth es so verlangt. Deshalb hat er sich auch in diese Richtung weiterentwickelt. Aber der reale Mensch, der hinter dem Taxifahrer steckt, dürfte kaum ein Psychopath gewesen sein, der seinen Spaß an Auffahrunfällen hat, der einen Pistolenlauf anknabbert oder Menschen entführt. Dennoch ist die Figur genau dazu geworden und dient jetzt dem Dark Diver. Und das

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