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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Höflichkeit an den Tag.
    »Nein. Vermutlich nicht.«
    »Was wollen Sie dann?«
    Die beiden Kerle waren kräftig – und langweilten sich. Den ganzen Tag über mussten sie den reichen Schnöseln zulächeln, inzwischen dürften sie bereits einen Krampf in den Wangen haben. Dann kam endlich mal ein etwas unterbelichteter Typ in verwaschenen Jeans und alter Jacke an, noch dazu ohne Schirm …
    »Die Wohnung Nr. 31?«, wiederholte da der zweite Kerl.
    »Ja.«
    Die Kerle schienen enttäuscht. Alles klar. Die Wohnung Nr. 31 durfte sich offenbar einer illustren Besucherschar rühmen.
    »Wen soll ich melden?« Einer der beiden langte nach dem Hörer.
    »Sagen Sie, da ist jemand von …« Ich stockte. Ich werde mir jetzt nicht meinen eigenen Sarg zimmern, indem ich sagte, ich käme von einem gewissen Maniac. »… von Alexander Letow.«
    »Ihr Name?«
    »Der wird dem Mieter nichts sagen.«
    Wahrscheinlich hatten die Security-Kerle ihre eigene Vorstellung davon, wie diese Prozedur abzulaufen hatte, doch genau in dem Moment meldete sich am anderen Ende der Gegensprechanlage jemand.
    »Guten Morgen«, legte der Typ los. »Hier ist der Security-Service vom Eingang. Dschingis Sergejewitsch hat einen Besucher. Ja, bitte, seien Sie so freundlich und holen sie ihn.«
    Er wartete, schielte auf den kleinen Fernseher, auf dem ohne Ton ein Fußballspiel lief. Sein Kumpel lümmelte auf dem Sofa und stierte auf die Bildschirme, die an allen Wänden angebracht waren.
    Ich wartete ebenfalls. Der Regen ließ mich zusammenkauern.
    »Dschingis Sergejewitsch? Hier ist der Security-Service vom Eingang … Ja. Ein Mann in den Dreißigern, keine besonderen Kennzeichen. Seinen Namen will er nicht nennen. Er hat gesagt, er kommt von Alexander Letow.«
    Als der Security-Typ mich nun ansah, funkelte in seinen Augen echte Freude. »Was für ein Alexander Letow? Hä?«
    »Von Maniac!«, brüllte ich.
    »Von irgendeinem Manischen«, gab der Typ weiter. Sein Kumpel hatte sich inzwischen aufgesetzt, seine Hände ruhten auf seinen Schenkeln. Die Pistole trug er offen im Halfter. »Von was für einem Manischen?«
    »Sagen Sie ihm, er soll sich an den Lastkahn auf der Wassili-Insel in Piter erinnern!«, verlangte ich verzweifelt, denn ich ahnte, dass mir statt eines Besuchs bei Dschingis eher U-Haft winkte.
    »Er sagt was von einem Lastkahn auf der Wassili-Insel …« Der Security-Typ verstummte. »Ja. Verstanden. Danke. Auf Wiedersehen. «
    Der Hörer landete auf dem Apparat. Mit aufgesetzter Großzügigkeit in der Stimme verkündete der Typ: »Sie können durchgehen! Erst geradeaus, dann links. Der dritte Aufgang. Die Wache wird Sie hereinlassen. Auf Wiedersehen.«
    Zwei Paar Augen bohrten sich mir in den Rücken, als ich auf das Haus zuhielt. Ich fühlte mich, als sei ich im letzten Moment begnadigt und vom elektrischen Stuhl gezerrt worden.
    Nie ihm Leben hätte ich geglaubt, dass mich im realen Moskauer Alltag ein solches Gefühl packen konnte.
    Halt! Bedeutete das …?
    Nein, nein und noch mal nein! Daran durfte ich nicht mal denken!
    Das war kein Anfall!
    Unter gar keinen Umständen!
    Ich war nicht in der Tiefe . Mein Bewusstsein irrte nicht gerade durch den virtuellen Raum, um dort Paläste zu errichten und Städte zu zerstören. Ich befand mich mitten im normalen Moskau, steuerte auf ein stinknormales Haus von Millionären zu, das von typischen Security-Leuten bewacht wurde.
    Es war alles in Ordnung, es gab keinen Grund, in Panik zu geraten.
    Keine Ahnung, wie viele Aufgänge das Haus hatte. Vielleicht insgesamt ja nur drei. Mit je zwölf Wohnungen.
    Im Haus selbst warteten zwei Security-Typen auf mich. Sie waren dem Pärchen vorn am Eingang so ähnlich, dass man hätte glauben können, auch im realen Leben gäbe es längst einen Standardsatz an Körpern: Neureicher Russe, ehemaliger Intelligenzler, aufmerksamer Security-Typ. Die beiden vor mir gehörten zur dritten Kategorie.
    »Ihre Papiere«, verlangte einer von beiden in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Ich kramte meinen Pass heraus und wartete, bis der Kerl, der mit zwei Fingern auf die Tastatur einhackte, meine Daten in den Computer eingegeben hatte. Wenn ich mich nicht täuschte, füllte er sogar die Felder Geschlecht und Nationalität aus.
    Ob mit allen Besuchern so verfahren wird? Konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen. Wahrscheinlich hing es doch vom jeweiligen Äußeren ab.
    »Drücken Sie die Zwölf«, informierte er mich, als er mir endlich meinen Pass zurückgab. »Der

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