Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Zeuge

Der falsche Zeuge

Titel: Der falsche Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
Vom Netzwerk:
werde ich auch auf Grund der Tatbestände tun. Und die Tatbestände werde ich recherchieren, ob du mir sie direkt anvertraust oder nicht.«
    Er guckt eine Weile schweigend auf den Boden. »Sie muss sich um mich keine Sorgen machen«, antwortet er schließlich leise. »Kannst du ihr das bitte ausrichten?«
    »Natürlich macht sie sich Sorgen!«, sage ich kurz angebunden. »Und sie werden immer drückender, solange du nicht willig bist, alles dafür zu tun, um so glimpflich wie möglich aus der Sache herauszukommen.«
    Ich stehe auf.
    »Bis wir uns das nächste Mal treffen, solltest du darüber nachdenken, was du tun kannst, um deinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das ist das Einzige, was deiner Mama Freude macht.«

15
    Ludmilla ist traurig. Sie sitzt zusammengesunken auf dem Beifahrersitz, als wir vom Eldóradó abfahren.
    Ich lenke meinen Silberpfeil aus der Innenstadt heraus und die Miklabraut entlang. Wir sind auf dem Weg in den Breidholt. Spätabends in der feuchten Dämmerung.
    Sergei erwartet uns.
    Auf dem Weg berichtet sie mir in allen Einzelheiten, was in der Besprechung gesagt wurde, die sie heute Morgen mit den Ärzten in der Uniklinik hatte.
    Sie konnten ihr viel über den körperlichen Zustand Rutas sagen. Sie benutzten eine Unzahl an medizinischen Fachbegriffen, die Ludmilla so gut wie gar nichts sagten.
    Aber ihr Ergebnis war trotzdem eindeutig: Ruta hat keine Chance.
    Sie hat ein Gläschen mit Herztabletten geleert, das Sergei in Lettland verschrieben wurde. Er hatte es in der Wohnung vergessen, als er so plötzlich ins Ausland reisen musste.
    Die Tabletten waren richtige Hämmer, die für diejenigen unverzichtbar sind, die in Gefahr schweben, einen Herzanfall zu bekommen. Sind auch in kleinster Menge lebensgefährlich.
    Niemand kann genau sagen, wie viele Tabletten sie eigentlich geschluckt hat. Nur, dass es einfach zu viele waren.
    Sie hätte eigentlich schon tot sein müssen, als ich sie fand.
    Vielleicht war sie es auch, nur noch nicht offiziell bestätigt. Die medizinischen Geräte messen keine Gehirntätigkeit mehr. Sie kann auch nicht alleine atmen. Computergesteuerte Geräte tun es für sie. Wenn die Herz-Lungen-Maschine abgestellt wird, wird sie zweifellos sterben.
    Wann?
    Diese Frage lag während des Gesprächs in der Luft.
    »Ich glaube, sie warten jetzt nur darauf, dass ich Ja sage, die Maschine auszumachen«, sagt Ludmilla.
    Ich habe mit einem solchen Ende gerechnet. Was die Sache an sich aber trotzdem nicht besser macht.
    Wir nähern uns rasant dem Block im Breidholt.
    »Wann erwarten sie deine endgültige Entscheidung?«
    »Ich soll morgen wieder mit den Ärzten reden.«
    Sergei überrascht mich.
    Er trägt Edelkonfektion. Und die Krawatte ist eindeutig aus Seide.
    Warum habe ich mir eingebildet, er liefe abgerissen herum?
    Der Knabe scheint um die fünfzig zu sein. Groß. Hat kräftige Schultern und ein zerfurchtes Gesicht. Springlebendige dunkle Haare. Braune Augen. Schwarze Bartwurzeln. Sein Gesichtsausdruck ist von ungewöhnlicher Traurigkeit geprägt. Die Augen auch.
    Als ob dort ein Mann stünde, der alles Unglück der Welt gesehen hätte und es auf seinen Schultern trüge.
    Er umarmt Ludmilla wortlos. Mir gönnt er einen festen Händedruck.
    Sein Koffer steht in der Diele. Auch zwei Plastiktüten aus dem Tax-Free-Shop vom Keflavíker Flughafen, voll gestopft mit Waren.
    Mein Hals ist völlig ausgetrocknet. Aber bis ich nach Hause komme, muss kaltes Wasser genügen. Ich gehe direkt in die Küche. Stelle den Wasserhahn an und lasse das Wasser laufen. Warte, bis es kalt genug wird.
    Die Küche ist sauber und ordentlich.
    »Was für ein vorbildlicher Hausmann er ist«, sage ich lobend und fülle ein Glas mit kaltem Wasser.
    Ludmilla versteht nicht, was ich meine.
    »In der Küche sah es aus wie auf einer Mülldeponie, als ich Ruta am Donnerstagabend hier gefunden habe«, füge ich als Erklärung hinzu. »Aber jetzt ist alles wieder schön und aufgeräumt.«
    Sie sprechen Russisch zusammen. Oder Lettisch. Ich verstehe jedenfalls kein Wort.
    Sergei schüttelt den Kopf.
    »Das muss ein Missverständnis sein«, antwortet Ludmilla schließlich. »Sergei sagt, es sah hier so aus, als er verreist ist, und genauso, als er wieder nach Hause gekommen ist. Er fragt auch, ob du Kaffee willst?«
    Ich schaue sie abwechselnd an.
    Verdammter Mist!
    Quetsche mich zwischen den beiden durch. Untersuche die Küchenschränke. Oben und unten. Das Geschirr in den Regalen ist sauber. Das Besteck in den

Weitere Kostenlose Bücher