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Der falsche Zeuge

Der falsche Zeuge

Titel: Der falsche Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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haben, um Informationen und Einfluss zu kaufen.«
    »Hat sie hier in Island einflussreiche Leute verdächtigt, Bestechungsgelder anzunehmen?«
    »Sie hat mir gegenüber keine Namen genannt, zumal Salvör ziemlich verschwiegen war, wenn sie keine Beweise hatte. Aber doch, ich hatte im Gefühl, dass sie dabei an bestimmte Leute dachte, die mit der Privatisierung zu tun haben.«
    »Hatte Salvör irgendwelche Beweisunterlagen?«
    Vigdís überlegt einen Moment. »Ich bin fast sicher, dass sie Kontakt zu irgendeinem Informanten in der Verwaltung bekommen hatte«, sagt sie, »aber ich weiß nicht, wer das sein könnte. Salvör hatte allerdings besonderes Interesse an IEA, was getreu ihrer Aussage die englische Abkürzung für Icelandic Energy Advisors ist. Sie hat mich gefragt, ob ich schon mal von diesem Unternehmen gehört hätte.«
    »Und, weißt du etwas darüber?«
    »Nein, was das angeht, bin ich überfragt.«
    »Und inwiefern hat IEA mit Bestechung zu tun?«
    »Ich hatte den Eindruck, dass Salvör IEA verdächtigt, eine Briefkastenfirma zu sein, deren einzige Aufgabe darin besteht, Bestechungsgelder an isländische Leute zu zahlen. Aber das ist nur mein Eindruck, ich habe keine Beweise.«
    »Wer könnte mehr darüber wissen, welche Materialien sie beschafft hat?«
    Vigdís denkt nach. »Gudlaugur vermutlich, sie haben lange zusammen in der Redaktion gearbeitet, und ich weiß, dass er ein guter Freund von ihr war.«
    Wir unterhalten uns noch eine Weile. Ich bekomme aber nicht mehr aus ihr heraus.
    Aber Vigdís ist neugierig geworden. Wegen meiner Fragen.
    »Ich verstehe nicht ganz, inwiefern Salvörs Tod mit ihren Recherchen zusammenhängt«, sagt sie. »War sie nicht einfach zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort?«
    »Vielleicht«, antworte ich und stehe auf. »Aber ich will hundertprozentig sicher sein, dass diese Erklärung die richtige ist.«

17
    Mittwoch
     
    Máki ist richtig gut drauf.
    »Es ist doch immer das gleiche tolle Gefühl, vor den Kollegen der Konkurrenz einen Coup zu landen«, sagt er und lacht freudig ins Telefon. »Hast du den Bericht schon gelesen?«
    »Nein.«
    »Was? Mach mal gleich das Nachrichtennetz auf!«
    Ich lade seinen neuen Stolz auf meinen Bildschirm:
     
    Porno-Wachdienst sorgt für Furore
     
    Es weckt Befremden, dass vier der neun Personen, die die Reykjaviker Polizei am letzten Donnerstag auf der Besuchertribüne des Althing wegen einer illegalen Demonstration festgenommen hat, bei der gleichen Firma beschäftigt sind. Die Unruhen kosteten eine Journalistin das Leben. Es ist weiterhin sehr verwunderlich, dass ebenjene Firma die Sicherheitsüberwachung für viele Betriebe in der Stadt übernimmt, darunter auch für etliche öffentliche Gebäude.
    Dem Nachrichtennetz liegen Belege vor, dass diese vier Männer alle als Wachmänner bei der Reykjaviker Eigentumsüberwachung GmbH arbeiten. Einer von ihnen ist Ófeigur Herdísarson, der zu zwei Wochen Untersuchungshaft verurteilt wurde. Die anderen wurden zwar nach eingehenden Verhören wieder auf freien Fuß gesetzt, müssen aber, wie aus zuverlässigen Quellen bekannt ist, alle mit Anklagen wegen ihrer Teilnahme am Aufruhr rechnen. Der Hauptbesitzer der Eigentumsüberwachung ist der bekannte Wirtschaftsmann Audólfur Hreins son. Er ist der Vorstandsvorsitzende der Firma, die unter anderem die Bewachung der Tanzbar Eldóradó und anderer Striplokale vornimmt, die Sigvaldi Audólfsson, dem Onkel Audólfs, gehören. Sachkundige gehen davon aus, dass eine organisierte Gruppe radikaler Nationalisten die Demonstration im Gebäude des Althing organisiert hat. Ein geschichtsinteressierter Informant machte das Nachrichtennetz darauf aufmerksam, dass die Besitzer der Eigentumsüberwachung Vorurteile gegenüber Ausländern, die nicht nordischer Abstammung sind, bereits mit in die Wiege gelegt bekamen: Der Großvater des Vorstandsvorsitzenden, Audólfur Kormáksson, nahm in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen regen Anteil an der Arbeit isländischer Nazis, die sich ebenfalls nationalistischer Ideen verschrieben hatten. Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum so viele Aufwiegler im Althing auf der Gehaltsliste einer der Firmen der Familie stehen.
     
    »Gut gemacht«, sage ich. »Ist der ›Junge‹ wegen des Artikels nicht völlig ausgerastet?«
    »Ich glaube, dass alle in der Familie heute Morgen wie die Berserker gewütet haben«, antwortet Máki. »Hreinn und Audólfur junior haben beide angerufen und sowohl mich als auch

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