Der falsche Zeuge
den Geschäftsführer beschimpft und verlangt, dass der Artikel umgehend aus dem Netz genommen wird.«
»Und?«
»Ich habe eine solche Zensur weit von mir gewiesen, ihnen aber selbstverständlich angeboten, das zu berichtigen, was im Artikel sachlich falsch dargestellt würde.«
»Und das wäre?«
»Nichts!«, antwortet Máki und lacht. »Aber Audólfur hat mir etwas vorgenölt von wegen, wie weit hergeholt es sei, den Namen der Firma mit den politischen Anschauungen einiger Angestellter zu verbinden.«
»Hmm.«
»Hreinn hat sich aber am meisten darüber aufgeregt, dass wir seinen Vater, den alten Nazi, erwähnt haben.«
»Lass dich von ihnen nicht unterkriegen!«
»Da besteht keine Gefahr«, sagt er. »Aber wie dieses Volk sich aufführt, ist völlig unglaublich. Es kommt mir vor, als würden sie doch tatsächlich glauben, ihnen gehöre die ganze Welt.«
Gut, dass Máki in die Gänge gekommen ist. Jetzt muss man ihn nur bei der Stange halten. Deswegen nutze ich die Gelegenheit, um seine Aufmerksamkeit auf den Energieminister zu lenken.
»Tja, was kann ich dir über Angantýr sagen?«, fragt er.
»Das ist seine erste Legislaturperiode als Minister, aber seine dritte als Abgeordneter. Bevor er in die Politik ging, war er Hausarzt und als solcher sehr beliebt. Er ist ein richtiger Salonlöwe, zumal es ihm leicht fällt, mit Leuten ins Gespräch zu kommen; es wird gesagt, er sei so volksnah. Außerdem wirkt er gut im Fernsehen, und darauf kommt es für Politiker heutzutage an. Dann hat er noch eine wirklich kluge und gut aussehende Tochter, Jódís. Sie hat seinen Wahlkampf für die Vorwahlen und Parlamentswahlen mit großer Souveränität geleitet und tritt zusätzlich auch noch oft mit dem Minister bei offiziellen Anlässen auf, denn seine Frau ist krank.«
»Was hat sie denn?«
»Ich bin nicht ganz sicher, aber sie kann schlecht unter Leuten sein.«
»Also hat Jódís auch die Rolle ihrer Mutter übernehmen müssen?«
»Im wahrsten Sinne des Wortes.« Máki lacht fies. Als hätte er ein saftiges Gerücht parat.
»Erzähl!«
»Angantýr ist der einzige Mann in Jódís’ Leben.«
»Ist er ihr Gott?«
»Oder ihr Traumprinz.«
»Jetzt rück schon raus mit der Sprache!«
»Soweit ich weiß, war Jódís noch nie mit einem Mann zusammen. Falls doch, hat sie es schön geheim gehalten.«
»Vielleicht hat sie ja an euch gar kein Interesse«, antworte ich, um ihn ein bisschen zu ärgern.
»Ich habe auch nicht gehört, dass sie Lesbe ist.«
»Manche sind nicht so scharf darauf, Werbung für ihre sexuelle Neigung zu machen.«
»Ich habe die beiden oft zusammen bei offiziellen Empfängen gesehen«, fährt er fort, »und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich wahrscheinlich gedacht, dass sie eine liebevolle Ehe führen.«
»Aber das ist doch nur ein Gerücht, oder?«
»Ja, natürlich, vielleicht betet sie ihren Papa auch nur an wie einen Gott.«
Hmm.
»Ist Angantýr bestechlich?«
Die Frage wirkt auf Máki wie eine Vitaminspritze. »Was hast du darüber?«, fragt er eifrig.
»Man hört Geschichten. Im Zusammenhang mit der Privatisierung.«
»Meinst du die Sache mit Landsvirkjun, Bushron und allem, was dazu gehört?«
»Sowohl – als auch.«
»Irgendwas Konkretes?«
»Vielleicht.«
»Komm schon, Stella, spuck’s aus!«
»Hast du schon mal etwas von einer Firma gehört, die Icelandic Energy Advisors heißt?«
»Nein, wem gehört sie?«
»Genau das will ich auch wissen.«
»Warum?«
Jetzt bin ich mit Lachen dran.
»Grab du erst mal etwas über diese Firma aus, dann sag ich dir auch, warum ich daran Interesse habe.«
Er versucht, mich zu bequatschen, gibt aber schnell auf.
Ich hoffe nur, dass er anbeißt. Dann ist ihm zuzutrauen, dass er die richtige Fährte verfolgt.
18
Obwohl ich mich wirklich abrackere, verläuft der Rest des Tages weniger erfolgreich.
Gudlaugur gibt sich am Telefon sehr reserviert.
Salvörs Kollege und guter Freund tut so, als wisse er nichts über ihre neuesten journalistischen Recherchen. Nur das, was allen Radiohörern bekannt sein sollte, nämlich dass sie sich in den letzten Wochen intensiv mit der Arbeitsweise des Vorstandes vom Bushron Konzern befasst und ihre Erkenntnisse an ihre Zuhörer weitergegeben hat.
Er behauptet, nie davon gehört zu haben, dass sie sich besonders mit Gerüchten, dass Isländer bestochen worden sein sollen, befasst hat.
Falls Salvör wirklich damit zugange war, solche Sachen auszugraben, hat sie ihm zumindest nichts
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