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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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schrecklichen, nicht wieder gutzumachenden Fehler. Er sagte: »Ich reise mit meinem Zögling von Sankt Petersburg nach Moskau, wo ich früher wohnte und jetzt wieder wohnen möchte. Erlaubt mir meinerseits, mich zu erkundigen . . .«
    Er redete nicht weiter, denn er merkte, dass der Preobrashenze ihm nicht mehr zuhörte, wegsah und den Mund aufsperrte.
    Das war wahrscheinlich nur ein Ausdruck der Verwunderung, aber dem armen Mithridates schien, als blecke der Hauptmann wie ein Raubtier die Zähne, wie ein Wolf.
    »Donnerwetter!«, sagte Pikin, dem die Luft wegblieb. »So ein Glück!«
    »Was wollt Ihr damit. . . ? «
    Der Hauptmann schubste sein Gegenüber zur Seite.
    »Hau ab, du alter Idiot! Wenn das dein Zögling ist, dann bin ich ein persischer Eunuch. Na, Andrjuscha, da hast du aber Glück!«
    Und er ging mit gespreizten Armen auf Mitja los, als wollte er ein Huhn fangen.
    »Ihr habt mich geschubst, das ist sehr unhöflich!«, rief ihm Daniel nach. »Was wollt Ihr von dem Kleinen? Wir haben doch unser Gespräch über die Gräfin noch nicht beendet.«
    Pikin winkte ab.
    »Hol sie der Teufel, die Chawronskaja! Der Fürst hat mir nur eine Beförderung für sie versprochen und sonst nichts! Während eine andere Person mir für dieses Küken sehr viel mehr versprochen hat. Ga-ga-gack, komm doch her.«
    Mitja wich zurück. Er wusste sehr gut, welche Person Pikin meinte. Auch von der Belohnung hatte er gehört: Ihm sollte die Hälfte seiner Schulden erlassen werden.
    Einen Moment, bevor das Monstrum ihn an der Kehle packen konnte, nahm eine starke, sehnige Hand den Hauptmann am Kragen und stellte ihn mit dem Rücken vor Mitja.
    »Erstens habt Ihr eine angesehene Dame beleidigt, indem Ihr sie zum Teufel geschickt habt. Zweitens habt Ihr meinen Zögling beleidigt, indem Ihr ihn als Kind eines Vogels, der nicht fliegen kann, bezeichnet habt. Drittens habt Ihr mich beleidigt, einen Adeligen und Ritter.«
    Pikin war so froh, Mitja gefunden zu haben, dass er noch nicht einmal böse war. Er entfernte nur Daniels Hand.
    »Ich weiß nicht, alter Lügner, was für ein Ritter und was für ein abgehalfterter Hauptmann a. D. du bist, aber wenn du nicht sofort verschwindest, haue ich dir deinen eigenen Kiefer in die Kehle.«
    Vondorin sagte verwundert:
    »Nimmt man jetzt im Preobrashenski-Regiment eine Herausforderung zum Duell auf diese Weise auf? Zu meiner Zeit war das anders.«
    »Eine Herausforderung zu einem Duell?«, fragte der Hauptmann verwundert. »Mit dir etwa? Kannst du denn überhaupt einen Degen halten, du Poltawa-Veteran?«
    »Das lasst mal meine Sorge sein!«, sagte Daniel belehrend. »Eure Aufgabe ist es, die Ehre wiederherzustellen, die ich jetzt handgreiflich verletze.«
    Mit diesen Worten gab er dem Preobrashenzen eine schallende, wenn auch nicht heftige Ohrfeige.
    Auf dem Gesicht des Hauptmanns zeichnete sich eine hochgradige Verwunderung ab; er fasste sogar an die getroffene Stelle, als wolle er sich davon überzeugen, ob sich wirklich mit seiner Wange so etwas hatte ereignen können.
    Vondorin zog bedauernd die Schultern hoch und sagte:
    »Nun, mein gnädiger Herr, der Platz ist voller Zeugen, darunter auch solche militärischen Standes. Entweder Ihr schlagt Euch oder Ihr verlasst die Garde. So sieht es das Statut für Duelle vor.«
    Der Preobrashenze schaute ihm nachdenklich ins Gesicht und sagte leise:
    »Gut, Alter, dann kommt es so, wie du willst. Ich habe dir in meiner ersten Freude spontan vorgeschlagen, du sollst dich aus dem Staub machen. Aber laufen lassen kann man dich nicht. Dieser Spatz hat dir wahrscheinlich etwas zugetragen, was keiner wissen darf. . .«
    »Nein!«, schrie Mitja. »Kein Sterbenswörtchen!«
    »Ich gehe lieber auf Nummer sicher. Dann stechen wir uns also, du Held. Und wo willst du den Degen hernehmen?«
    »Den leihe ich mir beim Herrn Truppenführer.« Daniel zeigte auf den Offizier von Gatschina, der den Streit mit großem Interesse verfolgt hatte. »Oberleutnant, kann ich mit dieser Liebenswürdigkeit von Eurer Seite rechnen?«
    »Mit großem Vergnügen«, antwortete dieser sofort; man sah, dass das keine Lüge war, seine Augen strahlten sogar. »Ein Adeliger hilft dem anderen. In einer Ehrensache! Immer! Ich kann mich auch als Sekundant betätigen. Und der zweite . . .« Er schaute sich nach seinen Soldaten um. »Zum Beispiel der Korporal Ljuchin. Auf den ist Verlass, und er ist schriftkundig.«
    »Mir ist egal, wer.« Pikin legte schon Mantel und Hut ab. »Unter einer

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