Der Favorit der Zarin
länger gewesen wäre, wäre der Zweikampf beendet gewesen, so aber fuhr Pikin nur nach hinten.
Er riss sich auch die Weste vom Leib. Auf dem weißen Hemd zeigte sich ein roter Fleck. Na, hast du dein Fett weg? Das ist eine Wissenschaft und keine Prügelei!
»Wohin willst du, Schlingel?«, rief der Oberleutnant aus Gatschina und hielt Mitja am Gürtel fest. »Da wirst du totgetreten!«
Er zog ihn möglichst weit weg von den Duellanten.
»Los, Daniel, zerschmettere ihn!«, schrie Mitja, der die Regeln total vergessen hatte.
Vondorin selbst reichte es offenbar ebenfalls. Er hob das Handgelenk auf Augenhöhe und richtete den Degen von oben nach unten.
Immer schneller vom einen Fuß auf den anderen tretend, zog er pfeifende Kreise in der Luft und näherte sich dem Preobrashenzen.
Als sich die Klingen kreuzten, hörte man auf einmal einen durchdringenden Laut, als wäre eine Saite gesprungen – die verfluchte Spitze des Degens aus Gatschina war abgebrochen.
Der Oberleutnant stöhnte auf und jammerte:
»Fünfzig Rubel!«
Pikin ging sofort von der Verteidigung zum Angriff über -Daniel gelang es mit seinem Degenstummel kaum, die heftigen Schläge von oben abzuwehren.
»Halt!«, wimmerte Mitja. »Das ist gegen die Regeln.«
Der Truppenführer fuhr ebenfalls dazwischen und sagte: »Halt, Stopp, Herr Gardehauptmann! Wenn Ihr ihn totschlagt, wer soll dann für den Degen bezahlen?«
»Weg da!«, brüllte der Preobrashenze. »Wenn wir ausgemacht haben: bis zum Tod, dann halten wir uns auch daran!«
Wie schrecklich sich alles gewendet hatte! Vondorin war geliefert, da gab es nicht den geringsten Zweifel.
Pikin änderte seine Taktik. Als er sah, dass der Degengriff und das zehn Werschok lange Stück Stahl seinem Gegner reichten, um seine Schläge abzuwehren, ging er zu einem sicheren Angriff mit schnellen, kurzen Ausfällen über, gegen die Daniel nichts ausrichten konnte.
Eine Zeit lang wich er zurück und entzog sich den Stichen. Dann blieb er stehen.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sagte: »Ich muss zugeben, bei so einem Stummel bringt die Wissenschaft der Schule von Mantua nichts.«
Mit zuckendem Schnurrbart drohte der Hauptmann:
»Und wenn du auf die Knie fällst, ich denke nicht daran, dich zu schonen!«
»Gnädiger Herr, ich bin mein ganzes Leben nur vor der Ikone auf die Knie gefallen, und auch das mache ich seit langem nicht mehr.« Vondorin blickte auf seine unbrauchbare Waffe und stellte fest: »Ich kann diesen Degen allenfalls als Hebel benutzen.«
Auf einmal ließ er sich etwas einfallen: Er zog ein Tuch aus seiner Hosentasche, wickelte es schnell um die Klinge und nahm sie in die Hand, so dass der abgebrochene Degen mit dem Griff nach vorne zeigte. Hatte er etwa doch beschlossen, den Gegner um Gnade zu bitten? Vergebens! Der dachte nicht daran, Gnade walten zu lassen.
Mitja stöhnte vor Verzweiflung.
Ja, so war es, Pikin brüllte:
»Ich akzeptiere keine Kapitulation!« Und er machte einen Ausfall und zielte direkt auf den Bauch des Gegners.
Daniel fing Pikins Klinge in seiner Degenglocke ab, sein Handgelenk tat einen Ruck, der Degen fiel dem verblüfften Hauptmann aus der Hand und flog zur Seite. Vondorin holte aus und schlug dem Gegner mit dem Griff auf den Hinterkopf, was den Regeln des Duells natürlich ebenfalls nicht entsprach, aber Mitja kreischte trotzdem vor Begeisterung.
Pikin fiel benommen mit dem Gesicht in den Schnee. Er drehte sich sofort um, aber es war zu spät: Daniel trat ihm mit dem Stiefel auf die Brust, und der Stummel, der schon wieder mit dem Stahl nach vorne zeigte, war auf die Kehle des Besiegten gerichtet. Die Klinge, die zwar stumpf war, hätte ihm bei starkem Druck zweifellos das Genick bis zu den Wirbeln durchtrennt.
»Endlich!«, jubelte Mitja und stürmte vor. »Na, hast du nun die Schnauze voll?«
Die anderen Zuschauer liefen ebenfalls vor, denn sie wollten zugucken, wie der Gardist umgebracht wurde.
Aber Vondorin sagte laut, ohne sich umzudrehen:
»Weg mit euch! Der Tod ist ein großes Geheimnis, er duldet die Blicke von Uneingeweihten nicht.«
Und er brüllte gellend:
»Weg, ihr Plebejer!«
Alle stoben auseinander, nur Mitja blieb stehen. Nicht weil er ein Adeliger war, sondern weil er doch bestimmt das Recht hatte zu sehen, wie der besiegte Drachen vom Stahl durchbohrt wurde und seinen Geist aushauchte.
Vondorin sagte:
»Danach zu urteilen, was ich über Euch gehört und was ich mit eigenen Augen gesehen habe, seid Ihr einer der
Weitere Kostenlose Bücher