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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Stelle ab. Mein Landgut ist nur eine Stunde von Moskau entfernt. Was Ihr über den Mörtel und das Blut der Kinder als Baumaterial sagt, darin sehe ich eine globale Idee, über die man vielleicht wirklich nachdenken sollte.«
    Und David Petrowitsch humpelte niedergeschlagen zur Tür.
    »Das tut mal!«, rief ihm Daniel hinterher. »Und wenn Ihr zu dem einzig möglichen Schluss kommt, dann weihe ich Euch in das Geheimnis des Großen Magiers ein. Da werdet Ihr aber staunen!«
    Dann drehte er sich zu Mitja, legte bedauernd eine Hand an seine Brust und sagte:
    »Ich habe unendlich große Schuld vor dir, mein armer Freund! Du wärest fast durch meine Behäbigkeit ums Leben gekommen. Erst jetzt fällt mir ein, dass ich die von weitem kommenden Schreie hörte; ich habe mir aber nicht die Mühe gemacht, über ihre Herkunft nachzudenken, denn ich weilte nicht auf der Erde, sondern im Himmel.«
    »Wie, im Himmel?«, fragte Mithridates neugierig, verstand aber gleich darauf schon. »Ach so, in übertragenem Sinn. Ihr dachtet wahrscheinlich über ein erhabenes Thema nach oder schwebtet in Gedanken über den Wolken?«
    »Genau, über den Wolken«, flüsterte Vondorin und schaute an seinem Gesprächspartner vorbei in die Höhe. »Da, wo ich nicht zu hoffen wagte, dass einfache Sterbliche hingelangen können. Für einen Augenblick der Seligkeit!« Er zuckte zusammen. »Und der Preis dafür hätte schrecklich sein können. Du wärst beinah umgekommen! Das ist wieder eine Bestätigung der Maxime: Der Verstand ist nichts für die Glücklichen, das Glück ist nichts für die Verständigen. Kannst du mir verzeihen, mein kleiner Dulder?«
    Von diesen Worten bekam Mitja großes Selbstmitleid. Er brach in Schluchzen aus.
    »Ich hab geschrien und mir die Kehle heiser geschrien, aber von Euch kam keine Antwort. Ich habe gedacht, es ist aus . . . Alle sind gegen mich. Ich bin für sie ein Teufelchen, ein Ausbund des Satans. Was habe ich ihnen denn getan? Mal wollen sie mich erwürgen, mal in eisiges Wasser werfen, mal erdolchen! Huuu!«
    Und er heulte los und schlang seine Arme um Vondorin. Der war bestürzt, strich dem Armen, Entschuldigungen stammelnd, über den Kopf, aber Mitjas Tränen steigerten sich bis zum Krampf, bis zum Stottern.
    »Diese verfffluchten Fffreireimaumaurer«, schrie er wild drauflos. »Was haben die denn bei uns zu suchen! Als ob wir nicht genug eigene Verbrecher hätten!«
    Die Hand, die ihm über den Scheitel strich, hielt inne.
    »Was die Freimaurer betrifft, da hast du Unrecht. Mach es nicht wie die Ignoranten, die diese tugendhafte Bewegung als Verschwörung des Teufels darstellen.«
    »Na klar sind sie Verschwörer, was denn sonst?«, empörte sich Mithridates unter Tränen. »Immer haben sie Geheimnisse und verkriechen sich vor den Leuten.«
    »Wenn sie Verschwörer sind, dann mit Sicherheit nicht freiwillig, sondern weil vorläufig noch die Dummheit in der Welt herrscht und die Anhänger des Verstandes in der Minderheit sind und notwendig im Geheimen handeln müssen. Komm, gehen wir in die Bibliothek zurück, mein Freund, da liegen meine Kleider.
    Und unterwegs erzähl ich dir von den Freimaurern. Nur, hör bitte auf zu schluchzen, das zerreißt mir das Herz.«
    Daniel nahm Mitja an der Hand und führte ihn wieder zurück durch die Zimmer.
    »Das Unglück sind nicht die Freimaurer an sich, sondern es gibt wahre und falsche Freimaurer. Was sind Freimaurer denn eigentlich? Gute und kluge Menschen, die sich zu Beginn unseres aufgeklärten Jahrhunderts das hohe Ziel gesetzt haben, das gesellschaftliche Gebäude umzubauen. Im Moment ist dieses Gebäude eine Mischung aus Gefängnis und Schweinestall. Die Freimaurer sehnen sich danach, einen schönen und edlen Tempel zu errichten, in dem brüderliche Liebe und Barmherzigkeit herrschen sollen. Die wahre Freimaurerbruderschaft, das sind die, die verstehen, dass man den Tempel zuallererst in der eigenen Seele einrichten muss und er erst danach äußere Gestalt annehmen kann. Aber natürlich haben sich nicht wenige Eiferer und Neunmalkluge gefunden, die ihre eigenen Vereine nach dem Vorbild der Freimaurer geschaffen haben, dabei aber ganz andere Ziele verfolgen.«
    »Und was sind das für Ziele?«, fragte Mitja schniefend und wischte sich mit dem Ärmel die nassen Wangen ab.
    »An die Macht zu kommen«, antwortete Vondorin umgehend. »Baron von Reicheil, der würdigste der russischen Freimaurer, sagte einmal: › Jedes Freimaurertum, das politische Ambitionen hat, ist

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