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Der FC Bayern und seine Juden

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Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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und aufgeklärteren Kreisen der preußischen Aristokratie und des preußischen Mittelstands erlebt. Die preußische Gesellschaft schien die Juden zunehmend zu akzeptieren, eine Entwicklung, die vor allem mit dem Namen Moses Mendelssohn assoziiert wird. Der Freund Lessings wurde zu einer der führenden Persönlichkeiten der deutschen Aufklärung. Mendelssohn glaubte, die Juden könnten dem Antisemitismus dadurch begegnen, dass sie sich aus ihrem geistigen Ghetto befreiten, in dem sie seit Jahrhunderten lebten. Die Juden sollten aufhören, sich als eigenes Volk zu betrachten, und die deutsche Kultur annehmen. Außerdem sollten sie ihre Religion von überholten rituellen Formen befreien, um sie als ein Bekenntnis unter anderen akzeptabel zu machen.
    Doch in den Jahren der napoleonischen Herrschaft über Deutschland wurde selbst in den gebildeten Gesellschaftskreisen die Bereitschaft zur Toleranz gegenüber Juden von patriotischen Gefühlen verdrängt. Den progressiven und kosmopolitischen Anschauungen der Aufklärung wurde nun die Lehre eines integralen Nationalismus mit stark christlicher Beimischung gegenübergestellt. Im Zuge eines rasanten Industrialisierungsprozesses mit schmerzhaften sozialen Verschiebungen und Entwurzelungen erfuhr der Antisemitismus eine neue Konjunktur. Der US-amerikanische Historiker Gordon Craig, der es wie kein anderer seiner Zunft verstand, den Deutschen die Deutschen zu erklären: »Die überlegene Anpassungsfähigkeit der Juden an neue Lebensumstände – die Leichtigkeit, mit der sie sich im Gegensatz zu vielen deutschen Kleinstädtern in das Großstadtleben einfügten – wurde ihnen vorgeworfen und verstärkte den Verdacht, dass sie die soziale Desintegration förderten und von ihr profitierten.«
    Juden wurden als Verursacher der Aktienmarktkrise von 1873 denunziert. Da half auch nicht, dass es der jüdische Reichstagsabgeordnete Eduard Lasker gewesen war, der immer wieder auf die Gefahren eines Spekulationsbooms hingewiesen hatte. Und ebenso wenig zählte es, dass noch größeres Unheil durch das energische Eingreifen von jüdischen Bankhäusern wie Bleichröder und Co. verhindert worden war.
    Eine neue Art von Antisemitismus betrat nun die Bühne, der die traditionelle christliche Judenfeindschaft rassistisch unterfütterte. Agitatoren wie Eugen Dühring, Paul Lagarde und Wilhelm Marr begründeten das »Undeutschsein« der Juden nun nicht mehr damit, die Juden würden sich dem Christentum verweigern. Vielmehr behaupteten sie, dass Juden von Natur her ein fremdes Element seien. Adolf Stoecker, vom Kaiser zum Hofprediger an den Berliner Dom berufen, versuchte die zur Sozialdemokratie abdriftende Arbeiterschaft durch einen »antikapitalistischen« Antisemitismus für die Kirche zurückzugewinnen. Mit Stoecker wurde der Antisemitismus zu einer politischen Bewegung.
    Aber nichts schockierte Deutschlands Juden in diesen Jahren mehr als ein antisemitisches Traktat aus der Feder des zu dieser Zeit prominentesten deutschen Historikers. 1879 veröffentlichte Heinrich von Treitschke in den von ihm selbst herausgegebenen angesehenen »Preußischen Jahrbüchern« einen Artikel unter dem Titel »Unsere Aussichten«, der rhetorisch ausgefeilt und gehässig Deutschlands Juden attackierte. Der Nationalliberale forderte ein »gekräftigtes Nationalgefühl«, das aber mit den Juden nicht zu haben sei. Stattdessen drohe ein »Zeitalter deutsch-jüdischer Mischcultur«, denn aus dem Osten würde »Jahr für Jahr aus der unerschöpflichen polnischen Wiege eine strebsame Schar hosenverkaufender Jünglinge« einwandern, »deren Kinder und Kindeskinder dereinst Deutschlands Börsen und Zeitungen beherrschen sollen. In Tausenden deutscher Dörfer sitzt der Jude, der seine Nachbarn wuchernd aufkauft. Am gefährlichsten aber wirkt das unbillige Übergewicht des Judentums in der Tagespresse.« Das Traktat gipfelte in einem Ausruf, der später von den Nazis begierig aufgegriffen wird: »Bis in die Kreise höchster Bildung hinauf (…) ertönt es heute wie aus einem Munde: ›Die Juden sind unser Unglück! ‹«
    Die folgende hitzige Diskussion ging als »Berliner Antisemitismusstreit« in die Annalen ein. Im »christlichen Lager« war zunächst Treitschkes einziger prominenter Gegenspieler sein Berliner Historikerkollege Theodor Mommsen. Wobei es Mommsen in seinem »Wort über das Judenthum« weniger um die Juden ging als um die Zukunft des deutschen Liberalismus. Während Treitschke den nationalistischen Weg

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