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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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passiert?«
    Das war vermutlich zu viel für das Mädchen. Er musste eine Frage nach der anderen stellen.
    »Du musst mir schon sagen, wie du heißt, sonst kann ich dir nicht helfen.«
    Ob die Kleine wirklich in Gefahr war? Schwer einzuschätzen, dachte Clemens.
    Endlich nannte sie ihren Vornamen, es war mehr ein Flüstern.
    »Und dein Nachname?«
    Wieder nur das Schluchzen.
    »Ich habe solche Angst.«
    »Deinen Nachnamen, sag ihn mir.«
    Vielleicht war es ja doch nur der Scherz einer Göre, die sich interessant machen wollte.
    Tagtäglich hatte Clemens mit diesen Scherzen zu tun.

    Doch dann sprach das Mädchen den Nachnamen aus, und er ging auf dem anderen Bildschirm die Liste der dringend vermissten Personen durch.
    Er fand den Namen sofort.
    »Bleib am Apparat«, sagte er schnell.
    Aber das Mädchen hatte schon aufgelegt.
     
    In der Nacht machte Trojan kein Auge zu.
    Er hatte Emily doch noch überzeugen können, dass es sicherer für sie war, bei ihrer Mutter zu schlafen. In seinem alten Golf hatte er sie nach Charlottenburg gefahren.
    Da bei Friederike gerade einige Freunde zu Besuch waren, hatte er sich mit Erklärungen zurückgehalten und nur erwähnt, dass es dienstliche Gründe hätte.
    »Dienstlich, wie immer«, hatte sie ihm schmallippig entgegnet.
    Er hatte seinen Ärger über ihre Bemerkung hinuntergeschluckt, sich von Emily verabschiedet und war ins Kommissariat gefahren, um seine Waffe aus dem Stahlschrank zu holen.
    Da lag sie nun griffbereit neben seinem Bett, und er horchte in die Dunkelheit hinein.
    Mehrmals in der Nacht stand er auf, trat ans Fenster und schaute auf die Straße hinab.
    Alles war ruhig.
    Nur ein Polizist drehte dort unter den Lindenbäumen einsam seine Runden.
    Trojan überlegte, ob er ihn zu einem Kaffee hereinbitten sollte, da er ja eh nicht schlafen konnte, doch dann wollte er noch einmal versuchen, zur Ruhe zu kommen.

    Es half nichts, bis zum Morgengrauen lag er wach.
    Schließlich fiel er in einen kurzen traumlosen Schlaf.
    Als er hochschreckte, war es schon nach acht. Er hatte wohl das Schrillen des Weckers überhört.
    Um kurz nach neun traf er völlig zerschlagen und mit einstündiger Verspätung im Kommissariat ein.
    Auch Gerber sah nicht gerade ausgeschlafen aus. Sein Gesicht war grau und unrasiert.
    Sie bedienten sich schweigend an der Kaffeemaschine, als das Telefon klingelte.
    Gerber hob ab und wirkte schlagartig hellwach.
    Er murmelte bloß ein paar knappe Sätze in den Hörer und kritzelte etwas auf seinen Block.
    In seinem Blick war beinahe etwas Triumphierendes, als er auflegte.
    »Lene Halldörfer hat vor etwa zwei Minuten bei der Notrufzentrale angerufen. Sie ist in einer Wohnung in Kreuzberg, Ratiborstraße 29. Das SEK ist informiert.«
    »Ratiborstraße?« Trojan verschluckte sich an seinem Kaffee. »Das ist ja gleich bei mir um die Ecke.«
    Gerber nickte nur.
    Zwei Sekunden später stürmten sie los.
     
    Trojan fuhr. Gerber ließ die Seitenscheibe herunter und befestigte das Blaulicht auf dem Dach.
    Sie rasten mit Tempo hundertzwanzig am Ufer entlang, Trojan wechselte hektisch die Spuren. Er spürte seinen Herzschlag, spitz und schnell. Für einen Moment machte er einen Anflug von Panik aus, dann verging das Gefühl wieder.
    Er zwang sich, nicht länger darüber nachzudenken.

    Es roch nach verbranntem Gummi, als er von der Skalitzer Straße in die Wiener Straße einbog, er gab noch einmal Gas, dann schaltete Gerber die Sirene aus.
    Trojan parkte auf dem Gehweg, außerhalb der Sichtweite vom Haus Nummer 29.
    Die anderen Wagen folgten.
    Das SEK war schon vor Ort.
    Sie spurteten hinein. Nicht einmal fünfzehn Minuten hatten sie seit dem Anruf gebraucht.
    Im Treppenhaus war es bedrückend still.
    Ein Spezialist vom SEK kniete bereits vor der Wohnungstür und bohrte lautlos das Schloss auf.
    Am Klingelschild befand sich kein Name.
    Hinter dem Spezialisten hatten sich die anderen Männer vom SEK postiert, alle mit Schutzwesten und Helmen ausgerüstet. Sie hielten ihre Maschinenpistolen im Anschlag.
    Trojan und sein Team nahmen ein paar Treppenstufen hinter den Behelmten Stellung.
    Konrad Moll, dachte er, das war der Name aus dem Melderegister für diese Wohnung.
    Kaum wahrnehmbar drang das Surren des elektrischen Bohrers an seine Ohren.
    Konrad Moll, neununddreißig Jahre alt, ein arbeitsloser Schaufensterdekorateur.
    War das ihr Mann?
    Ein leises Klicken, schon war das Schloss geknackt.
    Der Spezialist an der Tür hob die Hand und streckte drei Finger

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