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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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Gespräch mit ihrer Patientin konzentrieren.
    Sie fragte sich, was mit ihr los war. Warum machte sie der Termin mit Trojan so nervös?
    Dabei wusste sie es längst. Er würde wieder versuchen, das Thema auf ihr Privatleben zu lenken. Er machte das eigentlich ganz geschickt, äußerst unschuldig und sah sie dabei
mit seinen großen braunen Augen an. Natürlich wusste sie, dass er sich mit ihr privat treffen wollte, aber sie durfte nicht nachgeben. Das wäre unprofessionell und vertrug sich nicht mit ihrem beruflichen Ehrgeiz. Schließlich war er ihr Patient.
    Aber wenn sie ehrlich zu sich selbst war, würde sie das ganz gerne außer Acht lassen.
    Die junge Frau hatte etwas zu ihr gesagt, sie hatte nicht zugehört.
    »Entschuldigung.«
    Konzentrier dich, Jana, ermahnte sie sich in Gedanken selbst.
    »Ich sitze in der U-Bahn, die Türen schließen sich, und die Panik ist da.«
    »Wie ist das, wenn die Panik einsetzt?«
    Die junge Frau führte ihre Hand zum Hals.
    »Es packt mich hier. Es schnürt mich ein. Und das Herz schlägt wie wild. Dann wieder ist es, als würde es für ein paar Schläge aussetzen. Ich habe Angst, jeden Augenblick in Ohnmacht zu fallen. Mir wird schwindlig. Und die Luft, die Luft in der U-Bahn ist so stickig und – die vielen Menschen. «
    Wieder kamen ihr die Tränen. Jana Michels reichte ihr die Box.
    »Frau Wiese«, sagte sie.
    Die junge Frau zupfte ein Taschentuch heraus.
    »Ja?«
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag –«
    Jana Michels brach ab, lauschte. Es hatte draußen an der Tür geklingelt. Das war er bestimmt. Ihr rechtes Bein
zuckte, sie wollte aufstehen und öffnen, gleich darauf aber besann sie sich, dass dies mitten im Gespräch unmöglich war.
    »Was wollte ich sagen?«
    Nun hatte sie die junge Frau vollends irritiert.
    Jana Michels betrachtete ihr Haar, es war beinahe so blond und dicht wie ihr eigenes. Sie musste daran denken, was ihr Trojan von den Frauenmorden erzählt hatte, auch im Internet hatte sie einiges darüber gelesen.
    Da hörte sie ihren Kollegen im Flur. Jetzt ging er bestimmt öffnen. Und richtig, gleich darauf vernahm sie Trojans Stimme. Sie verspürte ein leichtes Kribbeln im Bauch, sie musste sich eingestehen, dass sie den Klang seiner Stimme mochte. Und sie mochte es, wenn er sich mit der Hand über sein kurzes, stoppliges Haar fuhr. Das tat er immer, wenn er verlegen war.
    Sie musste plötzlich schmunzeln. Wie viel Mühe er sich gab, nur um ihr zu gefallen.
    Jana Michels freute sich auf die Stunde mit ihm. Sie sah zur Uhr. Zehn vor acht, gleich war es so weit.
    »Ein Vorschlag, wollten Sie sagen«, murmelte Franka Wiese.
    »Richtig, ein Vorschlag.«
    Jana Michels stand auf, ging zum Schreibtisch und blätterte in ihrem Terminkalender.
    Draußen im Wartezimmer läutete ein Handy. Trojan, dachte sie, das muss er ausschalten. Sie lächelte. Der Mann war eigentlich immerzu auf dem Sprung.
    »Wir fahren gemeinsam U-Bahn, Frau Wiese, was halten Sie davon? Gleich morgen Nachmittag? Ich hab um siebzehn
Uhr kurzfristig noch einen Termin frei. Wäre Ihnen das recht?«
    »Ich soll mit Ihnen U-Bahn fahren?«
    »Ja. Ich begleite Sie. Wir treffen uns am Hermannplatz und fahren ein paar Stationen zusammen. Sie können Ihre Angst besiegen, glauben Sie mir.«
    »Wirklich?«
    Die junge Frau sah sie zweifelnd an, aber da war auch der Schimmer einer Hoffnung in ihrem Gesicht.
    »Morgen um fünf, wäre Ihnen das recht?«
    Franka Wiese nickte.
    »Also gut. Am Hermannplatz, das ist doch Ihre Station, nicht wahr?«
    Die junge Frau nickte und erhob sich. Jana Michels schüttelte ihre Hand und begleitete sie zur Tür.
    »Dann bis morgen.«
    »Bis morgen.«
    Sie wartete, bis die Patientin die Praxis verlassen hatte. Danach schloss sie die Augen und zählte in Gedanken bis zwanzig. Schließlich gab sie sich einen Ruck und ging durch den Flur zum Wartezimmer.
    Doch das Zimmer war leer.
    Sie runzelte die Stirn.
    Sollte sie sich getäuscht haben? Aber sie hatte doch eben erst seine Stimme gehört. Sie klopfte vorsichtig an die Tür von Gerd, ihrem Kollegen.
    Es rührte sich nichts. Sie drückte die Klinke, aber die Tür war verschlossen. Gerd war also schon gegangen.
    Sie ging zurück in ihr Zimmer und schaltete ihr Handy ein.

    Da kam auch schon der Piepton, sie hatte eine neue SMS, eingetroffen vor zwei Minuten:
    Es tut mir so leid, muss zu einem Tatort. Nils.
    Das Sofa war in die Mitte des Zimmers gerückt worden. Wie ausgestellt lagen darauf die beiden nackten Frauen.
    Sie waren

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