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Der Fehler des Colonels

Der Fehler des Colonels

Titel: Der Fehler des Colonels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Mayland
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sie sich um und rannten los.

T EIL III

Hafen von Dschabal Ali, Vereinigte Arabische Emirate
    Das zweigeschossige Lagerhaus aus Stahl war eines unter tausenden Frachtstationen, die sich am östlichen Ende des Hafens drängten. Bemerkenswert schien nur, dass der Innenraum keineswegs mit Gütern für den Im- und Export vollgestopft war, sondern bis auf ein zehn Meter langes Motorboot und einige Soldaten leer stand.
    Drei der Soldaten lackierten Spritzpistolen schwingend das Boot, das auf Stützböcken lagerte.
    Ein vierter, der Anführer der Gruppe, hielt sich im Hintergrund, beobachtete seine Männer und betrachtete ab und zu das Foto eines echten Küstenwachboots der Vereinigten Arabischen Emirate in seiner Hand. Morgen, wenn die graue Farbe getrocknet war, würden sie die beiden roten Streifen seitlich am Rumpf anbringen sowie die Radarkuppel und andere Antennen installieren. Die Details mussten perfekt sein, dachte er, denn alles, was sich der
USS Reagan
näherte und wie eine Bedrohung aussah, würden sie sofort unter Beschuss nehmen.
    Unter normalen Umständen würde man nicht einmal die Küstenwache der Emirate so nahe heranlassen. Aber wenn die Küstenwache ein feindliches Boot verfolgte … tja, dann würden die Amerikaner wohl erst auf die Küstenwache schießen, wenn es zu spät war.

44
    Washington, D. C.
    Ein Mann Mitte zwanzig mit heller Hose und einem verknitterten Oxford-Hemd schlenderte auf das Büro der Vision Financial Consulting and Cash Advances an der Georgia Avenue zu. In einer Hand hielt er einen Schlüsselbund, in der anderen einen großen Kaffeebecher von Dunkin’ Donuts. Er nippte daran und nickte Henry Amato zu, der auf dem Gehweg vor dem abgeschlossenen Eingang zu dem Geschäft stand.
    Der morgendliche Berufsverkehr lärmte, in der Nähe heulte eine Autoalarmanlage los.
    »Sie sollten um acht Uhr öffnen«, sagte Amato.
    »Es ist acht.«
    »Es ist fünf nach.«
    Der junge Mann zuckte die Achseln. Er war groß, sein braunes Haar hing ihm in die Stirn und unter der Lippe prangte ein ungepflegtes Bärtchen. Stirnrunzelnd bemerkte Amato auch den Metallring, der in einem großen Loch am Ohrläppchen des Mannes baumelte. Warum Menschen ihren Körper verunstalteten wie die Wilden, war ihm unbegreiflich.
    »Tut mir leid. Jetzt haben wir geöffnet.« Er schloss die Tür auf. »Hereinspaziert.«
    Es war ein kleiner Laden. Der graue Teppichboden vor der Empfangstheke war verschmutzt. Über der Theke hing ein Schild mit der Aufschrift
Gehaltsschecks hier einlösen
. Aus der Wand ragte eine alte Klimaanlage. Im Hintergrund sah man ein Büro, das vom Laden selbst durch eine gläserne Trennwand und eine klapprige Holztür getrennt war.
    »Möchten Sie einen Gehaltsscheck einlösen?«
    »Ich bin ein Colonel a. D. der U. S. Armed Forces«, erklärte Amato, der sich aufrecht hielt. »Und ich brauche einen Vorschuss auf meine Pension in bar.«
    »Colonel, was? Solche Kundschaft haben wir hier unten nicht oft.«
    Es empörte Amato, dass dieser Junge, der, falls er überhaupt ein College besucht hatte, die Zeit dort vermutlich mit Komasaufen und Marihuanarauchen vertan und ganz bestimmt keinen Militärdienst abgeleistet hatte – dass dieser Junge wahrscheinlich sogar auf Soldaten herabsah. Es empörte ihn, dass dieser Junge, und sei es nur für diesen kurzen Augenblick, etwas anbieten konnte, was er, Amato, verzweifelt brauchte. Das war ein Musterbeispiel für den Werteverfall quer durch die Nation, dachte Amato. Ein Verfall, den er nicht hatte aufhalten können. Dieser Dreckskerl, dachte er, verkörperte, zu was Amerika herabgesunken war.
    »Ich bin etwas in Eile.«
    »Haben Sie eine Kopie Ihrer letzten Pensionsabrechnung dabei?«
    »Ja.«
    »Arbeiten Sie zurzeit?«
    »Für die Regierung. Die Gehaltsabrechnung habe ich auch mitgebracht.«
    »Wie sieht es mit Ihrer Kreditwürdigkeit aus?«
    »Die ist in Ordnung«, entgegnete Amato gereizt.
    Er wurde in das Hinterzimmer gebeten, wo er vor dem Schreibtisch Platz nahm und innerhalb von fünf Minuten ein Antragsformular ausfüllte.
    Der junge Mann blätterte es durch. Bei der letzten Seite angelangt, pfiff er. »Das ist eine hübsche Summe.«
    »Lässt sich das machen?«
    Daria und Sava planten offensichtlich nicht, in der Botschaft Zuflucht zu suchen, deshalb sah Amato seine einzige Hoffnung darin, private Ermittler zu beauftragen, die Aryanpurs Leute abfangen sollten. Aber private Ermittler waren teuer, sehr teuer sogar.
    Was Geld anging, hatte Amato nie

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