Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fehler des Colonels

Der Fehler des Colonels

Titel: Der Fehler des Colonels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Mayland
Vom Netzwerk:
etwas näher an. Einige der breiten, flachen Steine hatten sich gelockert, als das Turmdach abgebaut worden war. Er nahm fünf davon ab, legte zwei für sich, zwei für Daria als Sitzplatz zurecht, nur für den Fall, dass jemand im Treppenhaus nach oben feuerte, und griff sich einen, sodass er einem Eindringling, der die Treppe hochkam, den Schädel einschlagen konnte.
    »Wir brauchen einen besseren Plan als das«, meinte Daria und holte sich ebenfalls einen Stein.
    Die Sonne schien, ein wunderbarer Tag. Das Dunkelgrün des Waldes zu ihrer Linken hob sich vom Blau des Himmels und dem Weiß der wenigen Schäfchenwolken ab. Mark überlegte, ob es in Baku wohl auch so atemberaubend schön war – vermutlich schon. Er stellte sich vor, wie es wäre, draußen auf seinem Balkon zu sitzen. Plötzlich überkam ihn eine absurde Sehnsucht nach dem Geruch von Erdöl.
    »Das ist unser Plan. Wir haben bereits zwei von ihnen vom Haus weggelockt.«
    »Das ist kein Plan. Das ist ein Schönreden der Katastrophe.«
    »Wo ist der Unterschied?«
    »Ich traue Decker immer noch nicht.«
    »Ich schon.«
    »Wir können uns nicht auf ihn verlassen. Wir beide müssen uns überlegen, wie wir hier rauskommen.«
    »Ich überlege ja. Ich meine, dass wir uns nur diese Idioten vom Leib halten müssen, bis es dunkel ist, und dann den Plan durchziehen, auf den wir uns schon geeinigt haben. Ende.«
    »Bis dahin sind es noch vier Stunden.«
    »Das schaffen wir.«

68
    Erst beachtete Amato das schmale Band aus schwarzem Rauch kaum, das sich in den grauen Abendhimmel schlängelte. Wahrscheinlich ein Bauer, dachte er, der auf einem Acker Gestrüpp verbrannte.
    Es war neun Uhr abends und er fuhr über Land. Die Anreise aus Washington hatte doch länger gedauert als erhofft. Aber er würde rechtzeitig da sein. Die Festnahme war erst für zehn Uhr angesetzt.
    Dann bog er um eine Kurve.
    Großer Gott, der Rauch kommt aus einer Kirche.
    Er prüfte die Koordinaten auf seinem GPS, trat aufs Gas und fuhr in Höchstgeschwindigkeit an einem Weizenfeld entlang. Das war nicht irgendeine Kirche, es war
die
Kirche, in der sich Daria befand.
    Als er aufblickte, sah er die ersten kleinen Flammen durch ein klaffendes Loch im Dach züngeln.
Nein. NEIN. Das kann nicht sein. Diese bestialischen Heiden.
    Amato rief Martinez an. »Lebend gefangen nehmen! So lautet mein Befehl! Was zum Teufel stellen die Iraner da an? Brennen eine Kirche nieder! Mitten in Frankreich! Sind die komplett verrückt geworden?«
    »Sie haben nichts damit zu tun, Sir. Die Zielpersonen haben das Feuer vor ein paar Minuten selbst gelegt.«
    »Wenn erst der Dachstuhl Feuer fängt –«
    »Bleiben Sie zurück und lassen Sie uns das regeln, Sir.«
    »Wer holt Buckingham und –«
    »Sir! Bitte! Bleiben Sie zurück und lassen Sie uns das regeln!«

69
    Erst war nur ein Zischen zu hören, als das Lithium aus Marks Kamerabatterie, die er aufgeschnitten und durch eins der Löcher im Kirchendach geworfen hatte, mit dem darüber gegossenen Wasser reagierte. Dann sah man ein orangeleuchtendes Glühen und spürte den Hauch eines Brandgeruchs, als die brennenden Batterieteile die hundertjährige Isolierung des Dachbodens und das Gewölbe darunter entflammten. Dieses Gewölbe war, wie Mark bei seinem Eintreten bemerkt hatte, aus Holz statt aus dem teureren Stein gebaut, den man in älteren Kirchen verwendet hatte.
    Als die Flammen aus dem Loch züngelten, hatte Mark sein Handy schon aufgeklappt und den Notruf gewählt.
    Man verband ihn mit dem Dienststellenleiter der Polizei vor Ort und er meldete ein Feuer auf dem Dach einer Kirche an der Route D928. »Es ist die Église Saint-Martin. Und wenn nicht schnell jemand kommt, wird das ganze Dach einstürzen.«
    Minuten später brüllte das Feuer, und obwohl sie sieben Meter darüber im steinernen Glockenturm saßen, spürte Mark die Hitze. Er malte sich aus, was die Iraner unten in der Kirche denken mochten. Inzwischen versuchten sie wahrscheinlich verzweifelt zu entscheiden, ob sie drinnen bleiben oder doch lieber draußen warten und sich damit enttarnen sollten. Eigentlich spielte es keine Rolle, fand er – wenn Polizei und Feuerwehr eintrafen, mussten sie sowieso abhauen.
    Kurz nachdem ein Teil des Dachs in die Kirche gestürzt war, hörte Mark in der Ferne die Sirenen.
    Ein Polizeiwagen fuhr vor, der Gendarm stieg aus und ordnete an, die Einheimischen, die sich vor der Kirche versammelt hatten, sollten zurücktreten. Eine Minute später hielt mit heulender

Weitere Kostenlose Bücher