Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
lagen im Staub und schrien wie am Spieß,
es war unbegreiflich.
Tibs
Gehirn versuchte ihm zu sagen, dass dies nur ein Traum sei. Nur ein
Traum, nur ein böser Traum. Es war zu grausam, zu surreal um
Wirklichkeit sein zu können.
Während
er rannte, sein Fuß stieß sich vom Gesicht einer toten,
jungen Frau ab, fragte er sich, seit wann er von so wenig Wein schon
einschlief.
Sein
Weg führte ihn zurück zum Festplatz.
Vor
seinem inneren Auge schwebte das Bild seines Herrschers. Zir Cyron,
mit seinem türkisen Seidengewand, er würde sie retten. Er
hatte die Macht, mehr Macht als alle anderen.
Vom
Festplatz aus lief er weiter zum Palast. Von weitem schon sah er
Massen von Menschen schreiend um den dampfenden Burggraben versammelt
stehen.
Dann
sah er die Zugbrücke. Flammen züngelten an dem Konstrukt
aus Holz und Eisen, aber das war nicht das Problem. Er sah Zir Cyron
in wehendem Türkis auf den Zinnen stehen und die Diener
anbrüllen, die die Zugbrücke an den glühenden
Eisenrädern hochzogen.
Tib
kämpfte sich durch die Menge bis an den Rand des Grabens. In dem
trüben Wasser sah er Leichen treiben, krebsrot und mit
geplatzten Augäpfeln.
Sein
Herr trieb die Dienerschaft weiter an, doch das Getriebe versagte und
die Brücke stürzte mit lautem Getöse hinab und brach.
Brennende Planken trieben auf der dampfenden Wasseroberfläche.
Tib
sah seinen Herrscher und sprang. Er traf die erste Planke und sein
Festtagsgewand fing Feuer.
Mit
den Armen rudernd hielt er mühsam die Balance, er fühlte,
wie seine Haut zu wässern begann.
Mit
nichts als wehendem Türkis vor Augen rannte er von Planke zu
Planke, unverschämtes Glück ließ ihn bis auf wenige
Meter an das Tor herankommen bevor die Lanze ihn traf. Gleichzeitig
brach das Holz unter seinen Füßen und er stürzte in
die brodelnden Fluten.
Er
fühlte für einige Sekunden wie seine Haut begann Blasen zu
werfen und sein Fleisch aufschrie, dann ging er unter und kochendes
Wasser füllte seine Lungen. Sein Gehirn drohte zu bersten,
vielleicht hatte es das auch bereits getan.
Ein
letztes mal sah er vor seinem inneren Auge seinen Herrscher, Zir
Cyron auf den Zinnen stehen, die Angst und Wut in seinem Blick und
das rohe Fleisch an den Händen seiner Diener und mit ihm starb
das einzige, an das er je geglaubt hatte. "Feigling.",
dachte er.
Und
dann fühlte er gar nichts mehr.
Sieben
- Ein Fremder allein
Ein
namenloser Fremder schritt betont gemächlich durch einen Haufen
Ruinen, die einmal eine Stadt an der Ostküste des Landes
dargestellt hatten.
In
ungewohnt angespannter Manier ließ er den düsteren Blick
über Überreste einer Zivilisation streifen, die jeder
andere Wanderer fürchtete und mied.
Etwas
hatte ihn festgehalten, als er mit so unfassbarer Arroganz aus dem
Dorf geworfen wurde, dem er geholfen hatte. Trotz. Er hatte kein
Bedürfnis den Dorfleuten zu helfen, sie verdienten, was auf sie
zukommen würde. Aber trotzdem bereitete es ihm Probleme tatenlos
dabei zuzusehen. Ein Teil von ihm verlangte noch immer nach der
Anerkennung, die ihm zustand. Also hatte er gesucht. Ruinen wie diese
waren beliebte Orte für Plünderer. Kein anständiger
Mensch verirrte sich hierher, zu tief saßen die alten
Geschichten noch. Dies war eine kleinere Stadt als die, in der er dem
anderen Söldner begegnet war. Das Feuer hatte hier mit weniger
Macht gewütet, als in den größeren, die brachiale
Gewalt der Flammen hatte trotzdem deutliche Spuren hinterlassen.
Anfangs
hatte er sich wieder auf die Suche nach Arbeit begeben, als sei
nichts passiert. Sein Stolz hatte ihn dazu gedrängt. Lass
dir nichts anmerken, du solltest das gewohnt sein.
Eigentlich
gab es genug zu tun, für einen Söldner wie ihn. Die Gruppen
wilder Menschen wurden in dieser Region immer dreister und
Diebesgruppen verwaister Kinder waren so zahlreich geworden, dass
keine Gemeinde sie noch mitleidvoll gewähren lassen konnte.
Selbst
für simple Hofarbeit wäre er sich nicht zu schade, doch es
lief wie so oft: Man ignorierte ihn.
Es
war nicht so, dass sie nicht auf ihn angewiesen wären, doch der
unterschwellige Hass auf Söldner als Aasgeier und Ausbeuter saß
tief. Niemand war willens das wenige, das sie hatten, einem Fremden
zu geben. Noch weniger ihm.
Er
hatte schon früh in seinem Leben als freier Mann festgestellt,
dass man seinesgleichen nicht traute.
Freiheit
war ein gefährliches Ding in einer Welt mit festen Regeln. Sie
brachte ihm Unabhängigkeit, fernab aller Sicherheit
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