Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
und
Geborgenheit, und der Preis den er zahlte waren das Misstrauen und
der versteckte Neid eines jeden, kleinen Menschen.
Früher
hatte er mehrmals versucht in südlichere Regionen auszuwandern,
wo es den Leuten besser ging und sie eher zu geben bereit waren.
Aber
mit dem kleinen Wohlstand kamen die Massen und es war unmöglich
ein klein wenig Ruhe zu finden. Für sich, alleine. Also war er
wieder geflüchtet.
Er
hasste Menschen. Sie waren einfach überall.
Die
letzten Tage waren trotz der spärlichen Besiedlung in der Region
anstrengend gewesen und gebracht hatten sie ihm nichts, außer
einem stechenden Schmerz zwischen den Schläfen und einer großen
Unruhe in seinem Inneren.
Diesen
verhassten Leuten hinterher zu rennen, sie um Arbeit anzubetteln, das
war beinahe schlimmer als von ihnen umzingelt am Grim zu sitzen und
auf ein klein wenig Stille zu hoffen.
Hier
fand er nichts als ein paar Wilde.
Vielleicht
hätte er die Plünderer doch im Inland suchen sollen. In
bequemem Abstand zu so vielen Dörfern wie möglich, um
jederzeit leichten Zugriff zu haben. Es half nichts. Jetzt war er
hier, da konnte er genauso gut Rast machen. Die Sonne stand schon
tief in dem Staubdunst der Ebenen im Westen.
Schnell
entledigte er sich der Menschenschatten mit wenigen Hieben seines
schwarzen Anderthalbhänders. Drei erwischte er, die restlichen
fünf flohen keckernd.
Nachdem
er das Blut von der Klinge gewischt hatte lehnte er sich schwer
seufzend gegen eine der rußbedeckten Steinmauern.
Atmen,
einfach weiteratmen.
Der
Adrenalinschub des Kampfes war, was er gebraucht hatte. Aber er hatte
auch die alte Frustration in ihm wachgerufen, die er in dem seichten
Auf und Ab der letzten Tage zu ertränken gesucht hatte. Wem
machte er etwas vor? Er würde das Lager nicht finden und im
Grunde wollte er das auch nicht. Es war ein Ziel gewesen, auf das er
zusteuern konnte. In diesem Augenblick gab er es auf.
Er
sehnte sich in frühere Zeiten zurück.
Sein
Trümmerhaufen einer Seele hatte es ihm schon damals schwer
gemacht, doch die Welt, in die er kam, war leer gewesen. Er erinnerte
sich an unendliche Weiten braunen Staubs und daran, dass keine
Menschen außer ihm mehr existierten.
Er
hatte sich auf Felsen stellen und schreien können so laut er
wollte, niemand würde ihn hören außer dem Himmel und
der Erde.
Es
war sein Paradies gewesen.
Jetzt
lehnte er hier gegen das, was einmal die Behausung eines Menschen
gewesen war. Menschen mit ihren Beziehungen und Träumen und
dummen, kleinen Leben.
Sein
Kopf fiel zurück, traf die harte Wand in seinem Rücken und
er schloss die Augen.
Sanft
lächelnd verfiel er in Phantasien einer leeren Welt, einer toten
Welt.
Stille,
bleiche Knochen im Staub und alles leblos, weit und breit. Er glitt
langsam an der Wand zu Boden und legte erschöpft seine Stirn auf
die Knie.
Alles
was er jetzt noch sehen musste waren die Sandkörner und Staub
und Asche auf dem Boden, eingerahmt von einem Vorhang strähniger
dunkler Haare. Er genoss den Mikrokosmos seines eingeschränkten
Blickfelds und seufzte noch einmal tief.
In
seinem Kopf nur der ein Gedanke: "Ich will nach hause."
Bei
dem Gedanken lachte er leise und driftete in einen unruhigen Schlaf
ab.
Er
träumte von seiner Heimat.
Stunden
später wachte er zum Geräusch seiner eigenen Schreie auf.
Orientierungslos
presste er sich instinktiv gegen die alte Steinwand und sah sich
gehetzt um.
Sein
Kopf fühlte sich an, als würde er gleich explodieren, seine
vor Angst geweiteten Augen sahen nichts. Die Dunkelheit der
mittlerweile eingetretenen Nacht ließ nur Schatten.
Schwer
atmend verharrte er und wartete darauf, dass die Schrecken des
Albtraums nachließen, doch die Bilder waren tief in sein
Gedächtnis gebrannt, und nun flammten sie auf, wie eine frische
Wunde.
Gib
ihm Feuer, Ord...
Der
Mann tastete sich am ganzen Körper zitternd an der Wand hoch,
kalter Schweiß rann ihm den Hals hinunter.
Schatten,
nichts als Schatten. Schatten unbelebter Dinge vor seinen Augen und
bloße Schatten der Vergangenheit in seinem Kopf. Er war frei,
er war sein eigener Herr.
Ich
bin mein eigener Herr.
Diese
Worte hatten schon einmal besser geholfen.
Schnaubend
trat er gegen die Wand und machte sich daran, ein Feuer zu machen.
Götter,
er hasste Feuer. Götter, er hasste die Götter!
Aber
ein wenig Licht und Hitze waren ein notwendiges Übel, wenn man
kein rohes Fleisch essen wollte.
Seine
Vorräte waren schon vor einer Weile versiegt. Er hatte
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