Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
mit seinem
bettelnden Blick nicht aus den Augen.
Seine
eigenen Gedanken rasten und es schien ihm unmöglich noch Luft in
seine Lungen zu pumpen. Die Welt stand still und dann kam die Angst
mit all ihrer überwältigenden Kraft. Gib
ihm Feuer, Ord...
Hatte
er bei dem ersten Zusammentreffen mit der Ilfe gezittert, so war es
jetzt mehr ein Beben, als würde sein Körper entzwei
gerissen.
Wie
durch einen Schleier, gewebt aus seinen eigenen inneren Schreien,
hörte er, wie sie dem Anderen noch die Worte fütterte,
damit er brav seinen Schwur leisten konnte.
"Ich
gebe mein Leben, meinen Geist und meinen Körper." Ihm wurde
schlecht von all den sich drehenden Gedanken.
Gib
ihm Feuer, Ord...
"Ich
akzeptiere mein Urteil, denn die Götter sind allmächtig.
Das Feuer möge in mich fahren", er dachte er würde
hier und jetzt ohnmächtig werden, "und die Sünde aus
mir treiben, denn ich vermag es nicht."
Feuer,
Feuer, gib ihm Feuer...
Dann
legte sie die Stange an, der Kerl schrie wie am Spieß, wand
sich wie ein Wurm und sackte in seinen Ketten zusammen.
Dann
drehte das Mädchen sich um.
Ihre
honigblonden Haare wurden vom Schein des Feuers seltsam kupfern
durchleuchtet und in ihren Augen brannte ein Feuer, dass heißer
schien als die Stange, die sie hielt. Er kannte dieses Feuer, es war
Rache. Sein eigener Blick war nur noch auf das weiß-rot
glühende Eisen geheftet. Wir
sind das Feuer, es ist in uns. Auf einmal hörte er seine Stimme betteln, sie klang höher
als sonst. Die Angst schrie aus ihm, er hasste es.
Aus
dem Augenwinkel sah er sie lachen, sie verhöhnte ihn. "Hat
der starke Mann etwa Angst eins mit dem Feuer zu werden?" Gib
ihm Feuer, gib ihm Feuer, gib ihm Feuer, gib ihm Feuer, gib ihm
Feuer. Ein Mensch sollte explodieren bei all den Gedanken! An seinen
Schultern spürte er die Ordensbrüder die ihn hielten, dann
übernahmen die Instinkte eines Kämpfers die Kontrolle.
Er
wusste nicht wie, aber auf einmal rannte er wie der Teufel. Rannte,
rannte und rannte.
Als
er schließlich zusammenbrach hatte er jegliches Zeitgefühl
verloren, seine Lunge schrie vor Schmerz und kalter Schweiß
rann ihm das Gesicht hinunter.
Mit
dem letzten bisschen Geistesgegenwertigkeit kroch er zwischen einige
Felsen, unsichtbar für den unbedarften Passanten. Dort ließ
er sich auf den staubigen Boden fallen und weinte. Bald wurde er vor
Erschöpfung ohnmächtig und glitt von Besinnungslosigkeit
hinüber in einen unruhigen Schlaf, in seinem Traum streckten
altbekannte Gesichter ihre Hände nach ihm aus.
Drei
– Die Ilfe und die Blume
Seit
ihrem Tag bei der alten Frau war ihr Leben bedeutend einfacher
geworden.
Sie
konnte Dörfer besuchen und sich mit den Menschen unterhalten
ohne dass sie vor ihr weg rannten und wenn jemand auf die Idee kam
unter ihre Kapuze zu lugen, dann war dieser jemand in der Regel nur
sehr überrascht, doch Angst zeigte niemand.
Ilfentürme
gab es in dieser Gegend auch keine mehr, daran lag wohl die
gleichgültige Einstellung der Menschen ihr gegenüber. Hier
erzählte man sich Geschichten von der Grimschlange, einem langen
Fisch oder dergleichen, der den Grim auf und ab schwamm und immer
wieder badende Kinder in die Fluten zog.
So
langsam begann Yre zu verstehen, dass ihr Volk wohl ebenfalls
Gegenstand eines solchen Mythos geworden war.
Es
war einige Tage her, dass sie sich wieder vom Ufer des Grim und
seinen vielen Menschen entfernt hatte. Ein Stückchen weiter im
Inland fand sie die Ruhe, die sie suchte und begann das erste mal
nach langer Zeit nach dem Schicksal des Einen zu suchen, das sie ursprünglich aus ihrem Turm gelockt hatte. Der
Retter, die Hoffnung.
Also
hockte sie inmitten von Gestrüpp und betrachtete einen
Mikrokosmos, der an Bildlichkeit und innerter Struktur dem eines
Sternbilds nicht unähnlich war.
Die
Wahrheiten der Welt liegen in den Dingen. Man muss nur genau
hinsehen ,
sagte Yre.
Die
Blume antwortete nicht. Wie auch?
Es
war ein erbärmliches Ding. Ein dünner Stängel, beinahe
verdorrt in einem schwächlichen graugrün, mit dünnen
Blättern, die man fast für weitere Stängel halten
könnte, so schmal waren sie. Die Blüte war weiß, wie
die Knochen, zwischen denen sie wuchs. Beinahe hätte Yre sie
übersehen, zwischen all dem dornigen Gestrüpp.
Es
war fast so als hätte eine kleine Stimme sie auf das Blümchen
aufmerksam gemacht. Die Stimme der Blüte, die von ihr betrachtet
werden wollte. Vielleicht hatten auch die Knochen sie gerufen.
Vielleicht war auch die Blume
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