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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Dein Lokus ist verstopft! Blockiert! Aber es ist Porzellan! Delft!
Blaßblau bemalt, von Rembrandt persönlich! Ja!«
    Barbara ließ ihn auf seinen Platz. Ihr
Kleid klebte. Hier war nichts mehr zu erfahren. Aber sie war nicht allein und
fühlte sich merkwürdig wohl mit den beiden Männern. Ihr fiel ein, daß sie den
Greis an diesem Tag vier Wochen kannte, genau vier. Ein Dienstag war es
gewesen. Vor der Universität.
    »Darf ich mal einen ausgeben?« sagte
sie mit einem plötzlichen Entschluß. »Heute kenne ich Herrn Hase genau vier
Wochen. Und nun ist er nicht da!«
    Zu ihrem Erstaunen lächelte der Wirt
hinter seiner Brille. Zum ersten Male.
    Zahmeis starrte sie an.
    »Was sagst du dazu! Fritz! Sie gibt
einen aus! Sie stillt uns! Eine Amme! Ich werde sie in die Ehrenlegion
aufnehmen!«
    »Vielen Dank, Majestät.«
    Friedrich kam mit drei Schnäpsen.
    »Auf die Ausflügler!« rief sie und hob
ihr Glas hoch. »Was werden sie jetzt machen?«
    Keiner von beiden antwortete.
     
    *
     
    Sie fuhren in zwei Wagen
hintereinander.
    Im ersten saßen der Feigling und
Schulz. Schulz fuhr. Fahren konnte er gut. Sechs Jahre lang hatte er einen
Panzer gefahren, er mußte es können, es gab keinen Weg, der ihn schreckte.
Seine Zigarre glimmte hinter der Scheibe. Er sprach nicht. Auch Jakob Hase
schwieg. Er sah hinaus in das helle Band vom Licht der Scheinwerfer und dachte
an Barbara.
    Im Wagen dahinter fuhr Carls, der
falsche Rechtsanwalt. Im Krieg war er Leutnant gewesen bei der Nachrichtentruppe,
vielleicht hatte man ihn deswegen genommen zu dieser geheimen Arbeit, aber
heute brauchte er nichts zu senden und nichts zu entschlüsseln.
    Neben ihm saß der vierte Mann, der
kleine Fuchs. Er freute sich auf die Nacht. Willy, den man hinterrücks
erschossen hatte, war sein Freund gewesen. Er mußte jetzt an ihn denken, und
hin und wieder lockerte er mit fast zärtlicher Bewegung die Waffe im
Schulterhalfter.
    Schulz vor ihnen gab Zeichen mit dem
rechten Blinker.
    Der Wagen, in dem der Feigling und Schulz
saßen, wurde langsamer. Der Lichtkegel schwenkte nach rechts. Schulz bog von
der Straße ab, ein holpriger Waldweg, schaukelnd kamen sie vorwärts. Zweige
streiften an der Karosserie. Vorn erloschen die Scheinwerfer. Schulz fuhr mit
Standlicht weiter, Carls tat das gleiche, es war nicht einfach. Brummend
schoben sich die Wagen weiter, dunkle, fremde Ungetüme im schlafenden Wald. Sie
fuhren eine Viertelstunde. Ein Stück weit bergauf, die Bäume wurden höher und
standen dichter. Der Weg begann sich zu schlängeln. Schulz rauchte gemütlich,
er sah im Dunkeln fast besser als mit Licht, aber Sebastian Carls war froh, daß
er die roten Schlußlichter vor sich hatte.
    »Wie uff de Jeisterbahn«, sagte der
kleine Fuchs fröhlich. »Fehlt nur noch, det ‘ne Hexe mit grünen Oogen ihr
Nachthemde schwenkt. Un’ alles ohne Eintritt.«
    »Bier wäre mir lieber«, erwiderte
Carls.
    »Könnte dir so passen! Besoffen fahren
in so ‘n Jelände! Und so wat vertraue ick meine Jesundheit an.«
    Carls antwortete nicht. Seine Augen
bohrten sich in die Dunkelheit zum Vordermann, er mußte höllisch aufpassen.
    Vorn sagte der Feigling: »Muß doch bald
kommen, das verfluchte Ding! Kann ‘ne Lichtung so schnell zuwachsen?«
    »Gemach.« Schulz räkelte sich im Sitz.
»Zwei Minuten, und sie wird sich öffnen vor unserem Auge! Des Zauberwaldes Bann
ist bald gebrochen, Freund!«
    »Von wem ist das nun wieder?«
    »Von mir natürlich! Das mußt du am
Wohlklang erkennen!«
    »Ich erkenne weder den Wohlklang noch
die Straße.«
    Nach zwei Minuten kam die Waldschneise.
Ein Einschnitt zwischen den schweigenden Bäumen, schmal, aber tief. Schulz
schaltete in den ersten Gang. Er fuhr im Schritttempo weiter, etwa hundert
Meter. Das Geräusch des Motors schien unermeßlich laut. Die Schneise öffnete
sich zu einer ovalen Lichtung, dann war der Weg zu Ende. Die Stämme standen
ringsum wie schweigende Palisaden. Schulz wendete den Wagen, er kam herum, ohne
zurückstoßen zu müssen, bis er mit dem Kühler zur Schneise hielt. Hinter ihnen
hoppelte der Wagen von Carls. Er fuhr dicht auf. Die Motoren verstummten, und
die Lichter erloschen. Es war ganz dunkel.
    Carls und Fuchs kamen nach vorn. Sie
drückten die Türen leise in die Schlösser.
    »Also, meine Herren«, sagte Schulz.
»Nous voilà. Da wären wir. Uhrvergleich!« Sein Leuchtzifferblatt schimmerte.
»Elf Uhr fünfunddreißig. Es reicht völlig, wenn wir gegen halb eins drin sind.
Die Freunde sind für

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