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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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berücksichtigt werden.
    MH: Wie stellst du fest, ob die Therapie einen günstigen Ausgang genommen hat bzw. beendet werden kann oder sollte?
    MW: Im Gegensatz zu anderen Therapien ist die forensische Therapie nicht nach einer bestimmten Zeit zu Ende. Falls eine hundertprozentige Deliktprävention gewünscht wird, dann sind – um es drastisch auszudrücken – der Tod, eine schwere Krankheit oder ein hohes Alter des Klienten verlässliche Indikatoren. Rückfallfreiheit ist immer ein gutes Zeichen, kann aber auch bedeuten, dass der Klient unachtsam wird und sich zu sicher fühlt. Gerade dann braucht es Therapie oder zumindest Kontrolle. Täter, die unter Drogeneinfluss Delikte begehen, brauchen nicht unbedingt ein Leben lang Therapie, aber vielleicht über viele Jahre engmaschige Kontrollen (Urin- oder Blutkontrollen usw.), ergänzt durch therapeutische bzw. stützende Gespräche und sozialarbeiterische Unterstützung. Hoch rückfallgefährdete Täter brauchen vielleicht ihr Leben lang zumindest eine Anlaufstelle mit professionellen, verlässlichen Bezugspersonen, die über forensische Fachkenntnisse verfügen. Manchmal werden Therapien beendet, da sie von vornherein durch das gerichtliche Urteil bereits zeitlich begrenzt werden.
    MH: Und wie findest du das?
    MW: Zum Glück ist das in der Schweiz immer weniger der Fall. Besonders bei Hochrisikostraftätern haben wir und die zuständigen Behörden heute Wege gefunden, frühzeitig darauf zu reagieren und eine Fortsetzung der Therapie gegebenenfalls zu ermöglichen. Trotzdem kann es aber sein, dass wir aufhören müssen, bevor wir erreicht haben, was wir wollten und sollten. Das auszuhalten ist manchmal unfassbar schwer.

Interview 7: Gespräch mit Sandra: „Ich bin kein Introjekt“!
    Vorbemerkung: Sandra ist ein „Ich“ in einer Frau, die eine dissoziative Identität hat. Es ist nicht leicht, mit ihr zu sprechen, schon gar nicht als TherapeutIn, denn sie vertritt die Devise: „Man ist niemals, einfach niemals wirklich sicher – außer man ist allein.“ Und schon gar nicht dürfe man irgendjemandem vertrauen, und schon überhaupt keiner TherapeutIn. Für mich ist sie nicht nur eine innere Stimme im Sinne eines „klassischen Täterintrojekts“, sondern eher ein mit einem sehr eigenen Ich-Bewusstsein ausgestatteter Persönlichkeitsanteil (schon das würde sie ablehnen – sie ist kein Anteil, meint sie), der extrem und radikal darauf besteht, dass man sich vor allen äußeren Einflüssen schützen muss. In einer Korrespondenz bezeichnet sie sich auch als ein Teil einer inneren „Sicherheitspolizei“. Hier der Versuch eines schriftlichen Interviews mit ihr. Sie hat meine Fragen sofort kommentiert und dann jeweils per E-Mail beantwortet. Mir ist es wichtig, damit zu zeigen: Es gibt viele „Anti-Stimmen“ gegen das, was TherapeutInnen, PartnerInnen oder (andere) HelferInnen wollen. Nicht alle diese Stimmen sprechen nur und ausschließlich nach, was die Täter gesprochen und was sie vertreten haben. Sandra möchte geduzt werden. Hier Ausschnitte des Gesprächs:
    Sandra: Der Einfachheit halber schreibe ich in Ihren Text. Bitte nehmen Sie möglichst nichts persönlich, ich finde nicht immer einen freundlichen Ton.
    Michaela Huber: Liebe Sandra, in meinem Buch – es heißt ja: „Der Feind im Innern. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt?“ ...
    Sandra: Hierzu nur kurz: Hätte ich das vorher schon mitbekommen, dass der Titel so ist, hätte ich den Text gar nicht erst gelesen und auch niemand sonst von uns [der „Sicherheitspolizei“]. So was haben wir nicht.
    MH: Meine Idee ist: Ich möchte dich auch in einem Gespräch vorstellen, etwa so: „Ich bin kein Introjekt!“ Gespräch mit einer „inneren Oppositionellen“ ...
    Sandra: Ich bin auch keine „innere Oppositionelle“ – außer vielleicht von Ihnen aus gesehen. Von uns aus gesehen bin ich viel länger Ich als manche anderen hier [in der Persönlichkeit], die heute die Vorherrschaft beanspruchen. So gesehen sind die anderen [innen] die Opposition. Aber ich weiß wirklich auch keinen Schubladen-Namen, der mir gefallen würde.
    MH: Sandra, du möchtest lieber geduzt als gesiezt werden, hast du mir geschrieben. Ich habe von dir zum ersten Mal etwas wahrgenommen, als ich euch allen ein Kapitel aus diesem Buch in Rohfassung geschickt hatte. In deiner Antwort-E-Mail an mich hast du unter anderem geschrieben: „Ich weiß, die Leute meinen uns, wenn sie von ,Introjekten‘ reden, und leiden kann ich

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