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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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in die Insolvenz gehen können, „ohne dass ganze Volkswirtschaften zusammenbrechen“. Gegenwärtig würden Gewinne privatisiert und „Verluste hemmungslos sozialisiert“. Man darf gespannt sein, ob diese Mahnungen nur Wahlkampfgetöse sind oder auch in Politik umgesetzt werden. Sie würden dann möglicherweise tatsächlich dem sozialen Frieden dienen.
    Krieg gibt es jeden Tag, an jedem Ort. Krieg ist überall da, wo Menschen Gewalt gegen Menschen ausüben – wobei das nur eine enge Definition ist, denn wir könnten auch sagen: Krieg ist überall da, wo Menschen Gewalt gegen Lebewesen ausüben. Dann gälte die Vernichtung des Regenwaldes ebenso als Krieg wie die Ausrottung der Arten, dann wäre die Jagd nichts anderes als Krieg, und viele Zoos, Massentierhaltung und sämtliche Tiere haltenden Zirkusse wären Orte der Kriegführung. Und diese Liste ließe sich fortsetzen. „Homo homini lupus est“, dieser Satz des Philosophen Thomas Hobbes ist eine Beleidigung für jeden Wolf. Kein Wolf der Welt ist so grausam wie der durchschnittliche homo sapiens sapiens. Erfrischend dagegen die Definition des Publizisten Michael Schmidt-Salomon, der zum selben Thema in seiner Streitschrift „Keine Macht den Doofen!“ vom „homo demens“ spricht (2012), dem kollektiven Glauben an blanken und schädlichen, zerstörerischen und die Erde in den Abgrund reißenden Unsinn.
    Krieg in Familien
    Nehmen wir also nur die engere Definition, sonst könnten wir gänzlich mutlos werden. Und sehen wir es noch enger: Betrachten wir einzelne Menschen, die in kleinen, engsten Gemeinschaften zusammenleben: in sogenannten Familien. Wobei das Vater-Mutter-Kind / er-Modell auch schon wieder obsolet ist: In den meisten sogenannten Familien werden ein oder zwei Kinder groß, die abhängig sind von der Fürsorge ihrer Mütter; Väter glänzen nach wie vor weitgehend durch Abwesenheit: Weil sie längst weitergezogen sind oder weil sie nur gelegentlich von der Einkommens-Jagd nach Hause kommen und dann zumindest für kleinere Kinder nur Gelegenheits-Bezugspersonen darstellen. In Deutschland wehrt man sich sehr gegen Eingriffe von außen in die „heiligen“ Kleinfamilienstrukturen – das zeigen die Diskussion um Kinderkrippen und das Betreuungsgeld; die Schwierigkeiten, Jugendämter zu Interventionen in desolate „Familien“-Verhältnisse zu bewegen; die Probleme, gute alternative und bindungsorientierte Erziehungs-, Therapie- und Förderungsmöglichkeiten für traumatisierte und bindungsgeschädigte Kinder, Jugendliche und später Erwachsene aufzubauen und finanziell zu unterhalten. Das Interview mit dem Traumaforscher und Kindertherapeuten Karl Heinz Brisch in diesem Buch unterstreicht diese Problematik. Und da dies so ist, sind viele Kinder buchstäblich auf Gedeih und Verderb ihrer Mutter ausgesetzt; und da gerade junge Mütter oft finanziell sehr schlecht gestellt sind und die wirtschaftliche Entwicklung der mittleren und unteren Gesellschaftsschichten in den letzten Jahren steil nach unten geht, werden immer mehr Kinder in Armut und bei verzweifelten und traumatisierten Müttern groß. Was das bedeutet, wird in Kapitel 6 „Cherchez la Femme“ verdeutlicht.
    Eigentlich gehören Mütter ja zu den idealen erwachsenen Persönlichkeiten – neben Tanten, ErzieherInnen, später LehrerInnen etc. –, bei denen ein Kind Mitgefühl lernen kann. Die Fähigkeit zu Empathie, also Mitgefühl, ist eine wesentliche Voraussetzung, um in einer Gesellschaft friedlich leben zu können.
    Mitgefühl ist das Gegenteil dessen, was im Krieg an Handlungen erforderlich scheint: den anderen zu bekämpfen, ihn oder sie niederzuringen, vielleicht zu töten. Niemand kann einen anderen Menschen töten, wenn er gleichzeitig Mitgefühl hat (und wenn doch, dann wird es nur gehen, wenn man dazu gezwungen wird). Wer also Krieger werden soll, wird eine Schule der Mitleidslosigkeit und der Entmenschlichung des potenziellen Gegners durchmachen. Und das scheint in unserer Gesellschaft auch immer stärker der Fall zu sein.
    Die neue alte Geschlechterdifferenz
    Viele Gesellschaften sind daher dazu übergegangen – auch die unsere –, von der eher egalitär eingestellten Position, wie sie im Zuge der Studenten- und Frauenbewegung der 1970er-Jahre ausging, wieder zu einer überzugehen, in der es für Jungs gilt: Setz dich durch! Die meisten Jungen wollen schon früh einen Beruf, der sich vor allem durch eins auszeichnet: Viel Geld verdienen. Mädchen dagegen werden wieder in

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