Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)
von Kathrin Hartmann (2012) und „Generation Laminat – Mit uns beginnt der Abstieg“ von Kathrin Fischer (2012). Immer mehr Menschen verarmen und sind auf soziale Transferleistungen angewiesen, weil sie in Ein-Euro- oder 400-Euro-Jobs oder für einen Hungerlohn arbeiten und praktisch keinerlei Aufstiegschance mehr haben. In Deutschland sind das bereits über acht Millionen Menschen. Und da unser Bildungssystem so undurchlässig ist wie in kaum einem anderen Land der Welt, haben nicht einmal die Kinder dieser Menschen eine Chance, der Armut zu entkommen. Eine Kultur des Mitgefühls und damit der Gewaltprävention würde anders aussehen. Schaffen wir nicht eine Wende zum Besseren, werden unsere Gesellschaften in Gewalt und Krieg nach innen wie nach außen enden.
Daher gibt es nur einen Weg – und ich hoffe, Sie verzeihen mir, wenn ich jetzt ein wenig predige. Ich weiß, was ich tue, also folgen Sie mir: Raus aus der individualistischen Sichtweise, die schon in den USA gescheitert ist, jeder sei seines Glückes Schmied. Wir müssen die Entwicklung zur Ent-Solidarisierung, wie sie in westlichen Industriegesellschaften als „alternativlos“ dargestellt wird, wieder umkehren. Wir haben nämlich anders, als uns weisgemacht wird, kaum eine andere Chance, als uns zu engagieren: für ein besseres, menschenwürdiges Leben für alle auf diesem Planeten. Daher mein Appell: Tun Sie etwas. Engagieren Sie sich in Bürgerinitiativen, drängen Sie Ihre Politiker zu entschlossenerem pro-sozialem Handeln, kämpfen sie für ein besseres pädagogisches sowie Sozial- und Gesundheitssystem. Teilen Sie Ihr Wissen, Ihre Freude, Ihren Kummer mit anderen. Leben Sie aufrichtig und überlegen Sie sich, wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Verbarrikadieren und bewaffnen Sie sich nicht – das Beispiel USA zeigt, wohin das führt, es trifft immer nur die Schwächsten. Lassen Sie sich nicht von Hochglanzbroschüren und von reichen Industriellen gekauften Politikern täuschen: Nur konsequente Umweltpolitik, Besteuerung der Reichen und kontinuierliche Förderung derjenigen, die bislang zu wenig Chancen hatten, wird eine Gesellschaft nach vorn bringen. Und falls Sie sich schon engagieren: Geben Sie bloß nicht auf – wir werden täglich mehr.
Also: Leben wir in einer Nachkriegs- oder einer Vorkriegs-Gesellschaft? Vermutlich leben wir mitten im Krieg. Wir sollten es halten wie das Kind im Andersen-Märchen von „Des Kaisers neuen Kleidern“ und uns anschauen: Ach, das wollen sie uns hier glauben machen? Dass Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt wird? Dass wir mit Abermilliarden „notleidende Banken retten“ müssen und leider kein Geld für die Förderung von Kindern übrig bleibt? Dass wir uns mit Niedriglöhnen abfinden müssen, um weltweit „konkurrenzfähig“ zu sein? Dass unsere Kinder „verweichlichte Tyrannen“ seien und wieder mehr „Disziplin“ brauchen? Dass wir gestrauchelte Jugendliche „wegsperren“ sollten? Dass wir keine „Kuscheltherapien“ brauchen? Dass es uns noch nie so gut ging wie jetzt?
Glauben Sie das bloß nicht! Erhalten Sie sich Ihren kritischen Verstand, schalten Sie die Gewaltorgien-Krimis im Fernsehen aus und gehen Sie auf einen Nachbarschaftstreff oder mal wieder raus in die Natur und suchen Sie so etwas wie „Stille“ auf. Trauen Sie Ihrer Intuition und lassen Sie sich nicht einschüchtern. Versuchen Sie, eigene Gewalterfahrungen zu verarbeiten und sich für ein friedliches, achtsames Miteinander einzusetzen. Wer eine Kultur des Respekts, der Wertschätzung, der Freundlichkeit und der Solidarität mit Schwächeren will, wird selbstverständlich von den Zynikern, die zwar alles besser wissen, sich aber für nichts als sich selbst einsetzen wollen, als „Gutmensch“ verhöhnt. Sollen sie höhnen. Es ist immer noch besser, dies zu leben als alles andere. Und es macht entschieden bessere Laune. Wissen Sie, dass der alte Spruch stimmt? „Denn die Freude, die wir schenken, kehrt ins eigne Herz zurück.“ Wenn wir das leben, werden wir tatsächlich einmal Brüder – und Schwestern –, die liebevoll miteinander auskommen und sich nicht wie Kain und Abel benehmen. Ja, davon sind wir ein ziemliches Stück entfernt. Aber wissen Sie etwas, für das es sich mehr lohnt, sich einzusetzen?
3. Erleben, erinnern und reagieren – alles in unterschiedlichen „Abteilungen“
„Es ist, als wären wir gespalten in ein Erlebendes Ich,
das alles durchmachen muss, und ein Erinnerndes Ich,
dem das egal
Weitere Kostenlose Bücher