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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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sich aufzuschließen, sich anzuvertrauen – und dann ist schon wieder Schluss. Weil die Kasse nicht mehr zahlen will, weil die TherapeutIn Angst vor den dunklen Innenwelten ihrer KlientIn bekommt, weil diese früh traumatisierten Mensch anstrengend sind, weil sich nach dem Motto „Zwei Schritte vor, einen zurück“ immer wieder Probleme einstellen; weil es viele Komorbiditäten gibt (Süchte, Essstörungen, schwere Selbstverletzungen, Suizidalität, Fremdgefährdungen ... und die Profis nicht wissen, wo anfangen, welche Anträge zuerst). Und so weiter.
    Andererseits: Von diesen so „schwierigen“ Menschen gibt es immer mehr. Und dann kann doch eine vernünftige Ausbildung aller im pädagogischen sowie Sozial- und Gesundheitswesen nur beinhalten: Liebe KollegInnen, lernt, mit diesen Menschen umzugehen! Dazu passen auch die Interviews mit Karl Heinz Brisch und Marianne Wick in diesem Band. Und ich füge hinzu: Es ist doch überhaupt nicht so schwer, traut euch mal ran an die „dunklen Ecken“ in der KlientIn!
    Natürlich ist eines entscheidend: Der Aufbau einer verlässlichen und ausreichend vertrauensvollen Beziehung (siehe  Kapitel 14 „Begegnung“ ). Manche Ratsuchenden brauchen viel Distanz und freundliche Nüchternheit im Kontakt, andere würden davonlaufen, wenn sie nicht spüren würden, dass sie gemocht und mit Wärme in den Augen angeschaut werden. Viele früh Traumatisierte und vor allem so gut wie alle, die überhaupt keine sicheren und verlässlichen Bindungspersonen hatten, sind äußerst misstrauisch und scheu. Eine „blöde“ Bemerkung, eine Unsicherheit, ein Augenbrauenzucken beim Gegenüber – schon werden die Fühler wieder ins Schneckenhaus zurückgezogen: Oh – zu gefährlich. Nichts wie weg hier!
    Ich kann mich noch gut bei meinen eigenen Psychotherapien erinnern, wie genau ich mein Gegenüber gescannt habe: Müde? Fahrig? Unkonzentriert? Nervös? Zuckt zurück, weil ich etwas Bestimmtes gesagt habe? Satt-selbstzufriedene Ausstrahlung? Freude am Ausüben von Macht? Gönnerhaft? Entwertend? Kalt? – Und schon waren innerlich meine Jalousien wieder heruntergelassen. Vertrauen aufzubauen ist nämlich eine verdammt schwere Angelegenheit – auf beiden Seiten. Ich hoffe, dass jeder professionell helfende Mensch mindestens eine Psychotherapie gemacht hat. Das ist nicht nur deswegen gut, weil man lernt, sich mit sich in einer helfenden Beziehung auseinanderzusetzen. Sondern weil es wichtig ist, die Position der KlientIn zu kennen, um nie nachzulassen, später selbst achtsam an diese so zarte und kostbare Beziehung heranzugehen, immer wieder aufs Neue.
    Es ist wirklich eine stete Herausforderung, für eine KlientIn über eine längere Zeit immer wieder eine Atmosphäre von Verlässlichkeit und unnarzisstischer, achtsam-freundlicher Aufmerksamkeit zu schaffen. Und für die KlientIn ist es eine enorme Herausforderung, nicht davonzulaufen, vor allem, wenn es die üblichen Schwierigkeiten gibt: Probleme mit der Finanzierung dieser Beziehungsarbeit. Frust, wenn sich nicht rasch etwas bessert, und die Schmerzen, die inneren Qualen, der furchtbare Drang ... immer noch nicht wirklich besser geworden sind. Wenn es Ablenkungen gibt durch andere Beziehungen, etwa eine neue Verliebtheit oder ein Wiederaufleben alter, wenn auch problematischer Kontakte. Wenn es zu Krankenhaus- oder Gefängnisaufenthalten bzw. juristischen Verfahren kommt, die alle Beteiligten in Atem halten. Wenn Wohnungs- und Finanznot herrscht. Wenn neue Wunden geschlagen oder alte aufgerissen werden – auch in der therapeutischen Beziehungserfahrung. Hier gilt es auf beiden Seiten, die Motivation immer wieder aufzurichten bzw. hochzuhalten und dafür zu sorgen, dass sich Erfolge einstellen – und dass auch die kleinsten Fortschritte gewürdigt und gefeiert werden.
    Bei kassenfinanzierten Therapien kann das bedeuten: Immer wieder sollte die TherapeutIn mit der KlientIn darauf achten, dass „man ja etwas Gutes in den Antrag schreiben muss“, dass man also Erfolge berichten sollte, damit eine Fortsetzung der Therapie genehmigt wird. Daher hilft es sehr, immer wieder darauf zu achten, dass tatsächlich solche nachvollziehbaren Erfolge erreicht wurden und werden: Symptome erst einmal nicht zu verschlimmern, sondern eher hier und da schon einmal zu verbessern ist ein erster Schritt. Mehr Boden unter den Füßen zu haben, was Wohnung, Arbeit / Ausbildung, Geld, Gerichtsverfahren, Anträge etc. angeht, kann ein solcher erster wichtiger

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