Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)
als allen diesen Diagnosen. Richtet Euch auf zu Eurer vollen Größe, vermutlich überragt Ihr mich um Haupteslänge (ich bin 1,60 klein), und dann geht Ihr weiter und kümmert Euch um Euch und sucht, wenn es partout keine PsychotherapeutIn gibt, eine ErgotherapeutIn (Fragt nach guten, die gibt es, die in Kliniken gelernt haben – das kriegt man bei Euren wundervollen Diagnosen auf Rezept!) oder eine Beraterin in einer Beratungsstelle wie Frau S.
Liebe Grüße! (Merkt Ihr: ich wedele sozusagen mit dem Handtuch, reiche mentale Erfrischungsgetränke und sage im Grunde vor allem eins: Haltet durch!)
E-Mail-Dialog 2
Vermutlich können Sie sich als LeserIn gar nicht vorstellen, wie viele Hunderte von solchen E-Mail-Ermutigungen ich jedes Jahr versende, und dabei bin ich auch oft zwischendurch mal ganz verzagt, wie eine andere Korrespondenz deutlich machen soll:
Sehr geehrte Frau Huber,
Sie schreiben zurzeit ein neues Buch. Das ist erfreulich, ich bin gespannt, ich will es lesen. Sie schreiben zurzeit ein neues Buch. Das ist leider fatal, denn dadurch konnten Sie meiner Therapeutin, Frau Z., nicht als Supervisorin zur Seite stehen.
Frau Z. schätze ich sehr. Sie hat Menschenliebe und Empathie. Für meine verwüstete Seele war es wie ein Nachhausekommen. In ein freundliches, schützendes Zuhause (andere Sorten von Zuhause kenne ich leider auch). Und sie ist bereit, im Zweifelsfall den Menschen über die Methode zu stellen. Solange sie sich ihrer Sache sicher fühlt. Ich bin ihre erste Patientin mit Dissoziationsneigung: Ich habe Ego-States, aber auch abgespaltene Anteile. Wenn diese durch Trigger nach vorne kommen, handele ich wie ferngesteuert.
Zunächst konnte ich sie überreden, trotzdem die Reise mit mir zu wagen, zumal ich in Gestalt meiner nahen Menschen und meines Neurologen ein „Notfallnetz“ habe. Das Ganze kippte, dachte ich bisher, als ich ihr eine für meinen Neurologen bestimmte Liste zum Gegenlesen zeigte. Dort sind meine Selbstmordanteile und deren Gefährlichkeit für mich und andere (bis hin zu Amok) aufgeführt. Diese Liste hat sie wohl erschreckt (mich selber übrigens auch; ich überblicke das sonst nicht alles). Ausschlaggebend war aber, dass sie mein inneres System nicht verstanden hat. Sie suchte sich eine Supervisorin (in Ermangelung von M.H. eine andere). Diese erwies sich als wenig hilfreich. Schließlich bat mich Frau Z. eindringlich, mich in erfahrenere Hände zu begeben.
Also wendete ich mich an Frau K., die bei meiner vorherigen Therapeutensuche keinen Platz frei hatte, die aber, wie ich mich erinnerte, langjährige Erfahrung mit Traumatisierten besitzt. Frau K. war auch jetzt mehr als ausgebucht („täglich fünf Neuanfragen!“ – Das bedeutet, dass ungefähr ein Promille der Hilfe suchenden Anrufer behandelt werden würden, wenn sie pro Jahr zwei neue PatientInnen annimmt!). Sie sagte mir, bei einem angebrochenen Therapiezyklus (25 Stunden sind in Anspruch genommen, also nur noch 55 Verhaltenstherapiestunden beantragbar) sei bei Kollegen wenig Neigung zu erwarten, sich die Mühe einer Gutachtenerstellung zu machen. Ich solle also zwei Jahre warten. Aber auch dann gäbe es das Problem, dass Kollegen wenig Neigung hätten, jemand mit langjähriger Therapieerfahrung und einem solchen Krankheitsbild zu übernehmen, da es massenhaft leichtere und somit Erfolg versprechendere Fälle gäbe.
Das heißt für mich: zwei Jahre überhaupt keine Therapie (Überbrückungssitzungen einmal im Monat werde ich in Ermangelung eines Therapeuten / einer Therapeutin ja nicht haben) und danach wohl kaum (da Burnout sich zur Volkskrankheit auswächst, dürfte es auch noch in zwei Jahren eine Klientenschwemme geben).
Diese Nachricht, ohnehin schon furchtbar, wurde gänzlich empathiefrei und mit einer Gleichgültigkeit und Kälte vorgetragen, die mich frieren ließ. Irgendwelche Hinweise, was ich stattdessen machen könne, gab es nicht. Immerhin gestattete Frau K. mir, mich im Dezember oder Januar wieder zu melden (ohne Gewähr, ob ich auf ihre Vor-Warteliste käme). Falls sie mich nach den zwei Jahren in Anschauung nehmen wollte, würde sie sich nebst den fünf probatorischen Sitzungen weitere Probesitzungen ausbedingen, um zu sehen, ob sie mit mir zusammenarbeiten will (unwahrscheinlich, wenn ich so unwillkommen bin).
Mein Neurologe, bei dem ich zum Glück am selben Tag einen Termin hatte, nannte mir als Möglichkeit die psychiatrische Institutsambulanz der A.Klinik. Laut Internetseite kennt man
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