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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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das Mädchen.
    » Sorry « , sagte Mike und lächelte sie an.
    » Are you two together? «
    Mike drehte sich zu Vuk um und schüttelte den Kopf. Jetzt war die Schlange hinter ihnen doch etwas länger geworden.
    » We can go together. If it is okay with you? «
    » Sure « , sagte Vuk. » I am Ron. You are from the US? «
    » Yeah. Mike. New York. «
    Sie reichten sich die Hand und lächelten echt amerikanisch, und das junge Mädchen ließ sie in die Gondel steigen, die daraufhin ein wenig angehoben wurde, so daß die nächsten Fahrgäste in die Gondel darunter einsteigen konnten. Mike spielte seine Rolle weiter und meinte, was für ein reizender Ort dieses Tivoli doch sei, und erst, als sie zwei Gondelabstände weitergekommen waren, sagte er: »Schön, dich zu sehen. Alles okay?«
    »Ganz meinerseits. Vielen Dank.«
    Mittlerweile hatten sie den höchsten Punkt erreicht und hatten eine herrliche Sicht über die Dächer von Kopenhagen. Mike zog einen dicken Umschlag aus seiner Innentasche und übergab ihn Vuk. Der steckte ihn im selben Augenblick in seine Umhängetasche, als das Riesenrad sich wieder in Bewegung setzte. Sie hatten vielleicht vier, fünf Minuten Zeit. Eigentlich hatten beide Lust, über alles mögliche zu reden, einfach zwei Freunde zu sein, zwei Touristen in Wonderful Copenhagen, aber Mike war eben Profi und Vuk etwas vorsichtig und nervös, also kam Mike gleich zur Sache.
    »Wir können Mustafa nicht ausfindig machen. Er wohnt nicht mehr in Dänemark, aber wir haben die jüngere Schwester gefunden, Fatima. Sie wohnt in einem Ort, der Ishøj heißt. Liegt bei Kopenhagen. Die Adresse ist in dem Umschlag mit deinen Papieren.«
    »Gut.«
    »Und dänisches Geld, dann brauchst du nicht zur Bank zu gehen. Und diese Euro, die man jetzt in Europa eingeführt hat.«
    »Prima.«
    »Sonst alles in Ordnung?«
    »Alles bestens.«
    »Na, fein.«
    Noch eine Runde. So könnte es pausenlos weitergehen. Immer rundherum fahren und ewig über den Bäumen schweben und diesen Blick über den Park und die Stadt genießen. Das war ein Stückchen ganz normalen Lebens. Etwas, was alle taten. Ins Tivoli gehen. Vuk vermißte Anna und die Kinder auf einmal so sehr, daß seine Hand leicht zitterte. Mike bemerkte auch das.
    »Bist du sicher, daß alles in Ordnung ist?« Seine Stimme klang aufrichtig besorgt, aber gleichzeitig spielte er seine Rolle und zeigte sein breitestes Lächeln, als ihre Gondel den Boden erreichte und an dem jungen Mädchen und den Leuten vorbeirauschte, die nach oben schauten und darauf warteten, daß sie an der Reihe waren.
    »Ja, alles klar. Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten? Gerüchte über mich?«
    »Nein, John. Keine Sorge. Du bist tot und begraben. Und ich bin ja auch noch da, wenn Not am Mann ist.«
    Auch als ihre gemeinsame Fahrt vorbei war und sie mit einem bye und have a nice day in verschiedene Richtungen auseinandergingen, bekam Vuk diese völlig unerwartete und ungewohnte Nervosität nicht in den Griff. Er wurde den Eindruck nicht los, daß alle ihn anstarrten. Ihre Blicke brannten ihm im Nacken. Da zum Beispiel, der Familienvater mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern, der ihn mit diesem beiläufigen Beschatterblick musterte, den man auf allen Spionageschulen der Welt beigebracht bekommt. Und dieser Mann mittleren Alters da drüben am Restaurant. Hatte er den nicht schon mal gesehen? Er nahm sich zusammen und schlenderte zum Ausgang. Am liebsten wäre er gerannt, aber er zwang sich, den Park ruhig zu verlassen und gemächlich in Richtung Hotel zu schlendern. Vor einigen Schaufenstern blieb er stehen, huschte bei Rot schnell noch über die Straße und wandte sich halb um, aber da war niemand. Keiner folgte ihm. Trotzdem stieg er in den nächstbesten Bus. Stieg an einer beliebigen Haltestelle aus, nahm einen anderen Bus und ging das letzte Stück zum Marriott zu Fuß. Er wurde die nagende Nervosität nicht los. Jeden Moment rechnete er damit, einem alten Bekannten zu begegnen, der sich daran erinnerte, daß da sein ehemaliger Schulkamerad Janos ging, der wegen Mordes und Entführung gesucht wurde. Er mußte sehen, daß er hier wegkam. Das Land war einfach zu klein. Es würde wahrscheinlich schon helfen, wenn er besser schliefe. Er hatte auch das Bedürfnis zu joggen. Er vermißte seine morgendlichen Dauerläufe mit Mike, so wie er seine Familie vermißte. Aber jetzt hatte er dänische Papiere. Der dunkelrote Paß lief in vier Jahren aus. Das Foto war das gleiche wie in dem amerikanischen

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