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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Bruderherz Mustafa oder der Papa angefangen hatten, sie überallhin zu eskortieren.
    Als die Freundinnen tatsächlich am Nachmittag wieder auftauchten, ging Vuk vor ihnen ins Kaufhaus Bilka und nahm sich einen Liter Milch, ein Pfund Kaffee und eine Packung Butter. Wie ein gewöhnlicher Kunde streifte er ein wenig durch die Gänge, als ob er noch nach etwas anderem suchte. Er griff nach einer Packung grünem Tee in Beuteln. Er fühlte sich sehr unwohl. Ohne Zweifel waren sowohl das Kaufhaus als auch das ganze Einkaufscenter mit Videokameras bestückt. Der Gedanke, daß er im Augenblick auf Band verewigt wurde, machte ihn ganz nervös. Heute ließen sich die Frauen Zeit, endlich bewegten sie sich auf die Kassen zu. Die Freundin kümmerte sich um den Einkaufswagen, während Fatima den Buggy schob. Die beiden Großen waren nicht dabei. Sie durften draußen mit den anderen Kindern spielen. Sie waren gut erzogen, dachte Vuk, aber wieso waren sie nicht in der Schule? Plötzlich fiel ihm ein, daß die Dänen Sommerferien hatten. Deshalb waren die Kinder bei ihrer Mutter. Vuk hatte auch Fatimas Mann gesehen. Er kam immer erst gegen acht Uhr abends nach Hause. Ein kräftiger Mann mit großem, buschigem Schnauzer. Er fuhr einen Lieferwagen, Vuk vermutete, daß er ein Gemüsegeschäft oder eine Pizzeria hatte. Aber er war im Anzug, womöglich hatte er also mehrere Läden und fuhr während des Tages herum, um nach dem Rechten zu sehen.
    Vuk schaute, welche Warteschlange Fatima sich aussuchte, und stellte sich drei Kassen weiter an. Ihre Schlange war etwas kürzer, aber die Frauen schienen nicht sehr in Eile zu sein. Sie unterhielten sich weiter, so daß er zuerst fertig war. Er steckte seine Sachen in die Plastiktüte und sah, wie sich die Freundin mit dem Einkaufswagen und Fatima mit ihrem Buggy auf den Hauptausgang zubewegten. Vuk machte einen Schritt nach vorn, sah dabei in die andere Richtung und stieß gegen den Einkaufswagen, der ein wenig zur Seite rollte. Er griff nach ihm und sagte: »Oh, Entschuldigung. Das war meine Schuld.«
    »Das macht doch nichts«, sagte die Freundin in lupenreinem Dänisch.
    »Trotzdem«, sagte er, blieb stehen und sah die Freundin an, die seinen Blick erwiderte, während Fatima sofort den Kopf wegdrehte.
    »Fatima?« sagte Vuk. »Du bist doch Fatima? Du hast dich ja überhaupt nicht verändert.«
    Fatima schaute ihn an. Die Freundin sah von einem zum andern. Fatima lächelte.
    »Janos. Bist du das?«
    »Höchstpersönlich. Wir haben uns ja lange nicht gesehen!«
    »Meine Güte, ja. Ich hätte dich fast nicht erkannt, Janos.«
    »Ich hab dich gleich erkannt.«
    »Was machst du denn hier in Ishøj, Janos? War da nicht irgendwas mit dir vor ein paar Jahren?«
    »Keine Ahnung. Ich wohne jetzt in Aalborg. Ich kaufe nur was für einen Freund ein, er hat Grippe. Er wohnt in Alt-Ishøj, weißt du, dem alten Dorf.«
    »Das ist doch unglaublich, Janos. Es ist so lange her.«
    »Allerdings.«
    Sie wußten nicht mehr, was sie sagen sollten. Das kleine Mädchen im Buggy sah ihn mit großen Augen an, und er lächelte ihr zu. Die Freundin fixierte ihn. Sie lächelte auch und sah zu Fatima hinüber. Dann streckte sie ihm die Hand entgegen.
    »Hallo. Ich heiße Nilüfer. Ich bin Fatimas Freundin. Und wer bist du?«
    »Ich bin mit Fatima in die Schule gegangen. In Nørrebro.«
    Fatima lachte.
    »Damals waren wir die beiden einzigen Kanaken. Janos kam aus Jugoslawien. Sein Vater war Gastarbeiter.«
    »Ist nicht wahr.«
    Vuk sagte: »Wißt ihr was? Ich lade euch zu einer Tasse Kaffee ein und deine Tochter zu einem Eis.«
    Fatima schaute wieder weg.
    »Das darf ich … das geht nicht. Aber trotzdem danke.«
    »Dann könnten wir ein bißchen über die alten Zeiten plaudern.«
    »Das wäre bestimmt sehr nett, aber es geht nicht.«
    »Hast du noch Kontakt zu den Leuten von damals?«
    »Nein.«
    Die Freundin sagte etwas in einer Sprache, die Vuk nicht verstand. Zuerst schüttelte Fatima den Kopf, aber die Freundin schien zu insistieren, und schließlich sagte Fatima okay, das verstand auch Vuk, ebenso wie die nächsten Sätze, die sie wieder auf dänisch sagte: »Morgen sind wir in der Stadt. Hier kennen mich zu viele, und dann geht gleich das Gerede los, ich hätte mit einem fremden Mann im Café gesessen, aber wir können uns morgen mittag gegen eins in der Cafeteria vom Kaufhaus Magasin treffen. Ich muß ein Geschenk kaufen. Mein Mann hat Geburtstag.«
    »Wunderbar, Fatima. Ich freu mich drauf.«
    »Wiedersehen. Bis

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