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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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die Details vor, die nicht hier drinstehen, Toftlund.«
    »Okay. Der Bericht deckt tatsächlich alles ab. Es gibt in Dänemark kein terroristisches Milieu, das mit al-Qaida verknüpft ist, aber es gibt Personen, die Osama huldigen und in Schrift und Rede unsere Gesellschaftsordnung untergraben wollen. Es sind wenige. Aber sie sind aktiv, besonders im Internet. Offenbar bleiben wir verschont. Wie immer.«
    »Wir sollten darüber froh sein, aber nicht naiv.«
    »Ich kann doch keine Terrorzellen erfinden, Vuldom.«
    Sie legte die Brille wieder hin und drückte ihre Zigarette aus, steckte sich aber gleich eine neue an und sagte: »Wie viele Operationen laufen im Augenblick?«
    »Wir hören ungefähr hundert Personen ab und überwachen sie. Wir haben eine Menge Ressourcen anderer Abteilungen in Anspruch genommen. Seit dem 11. September haben wir ungefähr fünfhundert Operationen durchgeführt. In drei, vier Kreise, die besonders deutlich antisemitische Haltungen geäußert oder im Netz Osama & Co. unterstützt haben, haben wir V-Leute eingeschleust. Die reden ohne Ende von islamischer Revolution, werden aber nicht aktiv. Genau wie Bjerregaard sagt: Die Linksradikalen in den Siebzigern führten die gewaltsame Revolution im Munde, und die DKP ließ sich von Moskau aushalten, aber letzten Endes sind sie dann doch alle zu Muttern nach Hause gegangen, um brav ihren Brei zu löffeln. Die haben in ihrer WG gehockt und von der Revolution geträumt. Die islamischen Fundamentalisten hocken in Studienkreisen oder Moscheen und schwafeln von der Scharia, aber solange sie nur schwatzen, brechen sie das Gesetz nicht.«
    »Das meint er?«
    »Ja.«
    »Hizb ut-Tahrir al-islami. Was meint er dazu?«
    Toftlund atmete tief durch und sagte dann: »Hör mal zu, Vuldom. Ich habe Bjerregaard nie leiden können. Ich wollte ihn nicht haben. Er ist ein alter reaktionärer Knacker, aber als Polizeibeamter ist er nicht mit Gold aufzuwiegen. Er geht sehr bedacht vor, er ist ein Terrier, er beißt sich fest und hat nur sein Ziel im Auge. Er konnte mit der Aufgabe, die er hier bekommen hat, zuerst überhaupt nichts anfangen, aber mittlerweile findet er, daß es genauso spannend ist, nach potentiellen Terroristen zu fahnden wie nach potentiellen Spionen oder marxistischen Revoluzzern. Und technisch ist er unschlagbar. Er kann immer noch besser Löcher in Wände bohren oder Wanzen in Autos einbauen als alle anderen. Er ist unbezahlbar. Er hat wahnsinnig viele Vorurteile, aber seine Berichte sind absolut zuverlässig.«
    »Wunderbares Plädoyer, Toftlund. Man soll sich immer vor seine Mitarbeiter stellen. Ich habe speziell nach Hizb ut-Tahrir gefragt, weil die Organisation auch in deinem Bericht genannt wird und Journalisten und Politiker mich ständig danach fragen. Es gibt Kräfte, die sie verbieten lassen wollen. Also, was ist damit? Wie es in deinem Bericht steht?«
    »Ja.«
    »Lauter Unschuldslämmer.«
    »Ja und nein, Herrgott! Ich betreibe hier keine Schwarzweißmalerei.«
    »Also doch das reinste Terroristennest.«
    Toftlund sah sie zweifelnd an. »Ich versteh dich nicht. Ich habe doch eben gesagt, es ist nicht meine Art schwarzweißzumalen.«
    »Also bitte, was ist das für eine Organisation?«
    Er atmete noch einmal tief durch. Er wußte schlichtweg nicht, worauf seine Chefin hinauswollte.
    »Das steht doch in dem Bericht.«
    »Sag’s mir trotzdem.«
    »Bitte?«
    »Erklär’s mir, Toftlund!«
    »Na, gut. Du wirst es mir hoffentlich auch gleich erklären. Die Organisation ist revolutionär. Sie agiert weltweit und hat in Dänemark Fuß gefaßt. Das Vokabular ist antisemitisch. Sie kämpft für ein globales islamisches Kalifat. Wurde in den fünfziger Jahren von einem Marxisten gegründet, vielleicht ist ihr Vokabular deshalb so revolutionär angehaucht. Wendet sich gegen jede Form von Integration, wie wir sie verstehen. Man baut eben keine Brücke zu einem stinkenden Misthaufen, wie sich ihr Chef in Dänemark ausgedrückt hat. Der Islam ist der Weg zum Heil. Allah und die Scharia stehen über allem. Sie hassen dich und mich, vor allem aber hassen sie die Einwanderer und Muslime, die sich für die Integration aussprechen. Sie rekrutieren ihre Leute mit Erfolg an den Wirtschaftsgymnasien und allgemein an den höheren Schulen. Und dabei sind sie deshalb so erfolgreich, weil die jungen Leute der zweiten Einwanderergeneration sich diskriminiert und auf ein Abstellgleis geschoben fühlen. Und sie bieten Erlösung und Antworten auf alle Fragen. Sie

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