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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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nachher.«
    »Als Sie sie getötet haben, haben Sie da nichts empfunden?«
    »Nein. Alles war finster. Ich war mitten im Nichts.«
    »Im Nichts?«
    »Einem Ort ohne Zweifel, ohne Trauer, ohne Freude. Man ist einfach nur.«
    »Und hinterher?«
    »Hinterher habe ich gekotzt und mich vollaufen lassen.«
    Vuks Herz schlug langsamer, er wurde ruhiger. Larkins Maschine registrierte bestimmt auch das. Jedenfalls lächelte der Psychologe ihm zu, und in seinen scharfen und zugleich milden, sonderbaren grauen Augen war Mitgefühl zu erahnen.
    »Bereuen Sie Ihre Taten, John?« Larkins Stimme war sanft und freundlich, wie die eines Vaters, der mit seinem Sohn sprach.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Vuk beugte sich ein wenig vor und spürte, wie die verräterischen Schläuche seine Brust einschnürten und die Blutdruckmanschette auf den Oberarm drückte. Er sagte: »Weil man seine Taten nicht bereuen kann. Man kann es nur bedauern oder Trauer darüber empfinden. Ich bedauere viele meiner Taten, aber ich kann sie nicht rückgängig machen. Ich kann sie nicht bereuen.«
    »Ist das nicht eine heuchlerische Unterscheidung?«
    »Mag sein. Ich bin kein Philosoph oder … Psychologe.«
    Larkin lächelte wieder und sagte rasch: »Bedauern Sie, daß Sie die Mörder Ihrer Familie getötet haben?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht. So ist es eben.«
    »Okay, John. Es läuft doch gut. Haben Sie Durst?«
    »Ja.«
    »Sie bekommen gleich ein Glas Wasser. Ich habe nur noch wenige Fragen. Darf ich?«
    »Bitte.«
    »Haben Sie auf amerikanischem Boden strafbare Handlungen begangen?«
    »Ja.«
    »Welche?«
    »Ich habe falsche Papiere benutzt und die Behörden und meine Arbeitgeber belogen. Ich habe unter falschem Namen gelebt und bin mit falschen Papieren in die USA eingereist.«
    »Das ist bekannt. Haben Sie andere kriminelle Taten auf amerikanischem Boden begangen? Gewalttaten? Mord? Raub? Diebstahl?«
    »Nein.«
    »Gut. Haben Sie jemals einem amerikanischen Staatsbürger geschadet?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Einen amerikanischen Staatsbürger getötet?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Bewußt und vorsätzlich amerikanischen Interessen hier oder im Ausland geschadet?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Ja oder nein?«
    »Nein.«
    »Haben Sie zum jetzigen Zeitpunkt Geld oder Papiere in den USA versteckt?«
    »Ja.«
    »Haben Sie Oberst Jorgensen davon erzählt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Er hat mich nicht danach gefragt. Speziell nach dem Konto, meine ich.«
    »Werden Sie ihm verraten, wo es ist?«
    »Ja.«
    »Gut. Warum haben Sie Geld und Papiere versteckt? Das verstößt gegen das Gesetz.«
    »So bin ich nun mal konditioniert.«
    »Wie ein Fuchs, immer mehrere Fluchtwege?«
    »Kann man so sagen, ja.«
    »Aber sonst haben Sie keine strafbaren Handlungen verübt, die gegen die USA oder deren Staatsbürger gerichtet waren?«
    »Nein. Nie.«
    »Warum wollen Sie den USA helfen?«
    »Wegen meiner Familie.«
    »Nicht wegen Ihrer Loyalität den USA gegenüber?«
    »So denke ich nicht.«
    »So denken Sie nicht. In Ordnung. Wollen Sie ein Glas Wasser, bevor der Oberst übernimmt?«
    »Gern.«
    Aber der Oberst erhob sich schwerfällig und meinte: »Das kann noch warten. Ich habe nur ein paar Fragen.«
    »Wie Sie wollen«, sagte Larkin. Die Rangordnung war klar, dachte Vuk, als der Psychologe aufstand und der Oberst sich wieder hinsetzte. Er fischte einen Zigarrenstummel aus der Brusttasche, kaute darauf herum, ließ ihn von einem Mundwinkel in den anderen wandern und legte ihn vor sich hin, ehe er sagte: »Okay, John. Bringen wir kurz die Geschichte mit dem Bankschließfach hinter uns. Was ist das für eins, und wo ist es?«
    »Es befindet sich in der First National Savings Bank in Boston, Filialnummer vier. Es ist ein gewöhnliches Aufbewahrungsfach. Die Miete ist für zehn Jahre im voraus bezahlt.«
    »Wer hat den Schlüssel?«
    »Meine Frau Anna.«
    »Emma?«
    »Emma, ja. Anna trägt den Schlüssel wie ein Schmuckstück an einer Halskette.«
    »Was befindet sich in dem Fach?«
    »Dänische und niederländische Pässe, Dollars und ein Haufen inzwischen sicher wertloser D-Mark.«
    »Wertlos?«
    »Die haben jetzt den Euro.«
    »Stimmt. Sind die Pässe sauber?«
    »So gut wie. Besonders die dänischen. Sie sind leicht zu fälschen, aber meine stammen aus einer Ladung, die vor mittlerweile vielen Jahren gestohlen wurde. Ich habe sie von dem Mann in Florida, den ich schon vor einiger Zeit erwähnt habe.«
    »Gibt es sonst noch

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