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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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aus. Die beiden Männer wurden davon völlig überrascht. Es war ein trockenes und kurzes, fast bellendes Gelächter, voll Bitterkeit und Schmerz.
    »Druck? Sie haben ihn zu Tode gefoltert, Mann. Das war der Balkan in den Neunzigern.«
    »Unter Folter geben die Leute zu, was man will.«
    »Ja. Aber zwischendurch sagen sie auch die Wahrheit.«
    »Warum sollte ein Kurde für Saddam arbeiten? Der hat Tausende von Kurden ermorden lassen. Er hat sie vergast.«
    »Der Heereschef, der hinter den Massakern stand, war selber Kurde. Das sagt gar nichts. Verräter gibt’s in allen Nationen.«
    »Vielleicht, das werden wir ja sehen …«
    Der Oberst schwitzte. Vuk bemerkte, wie seine Hals-Schlagader pochte. Er schaute in seine Notizen und beugte sich vor. Nahm den Stumpen, kaute auf ihm herum, ließ ihn von einem Mundwinkel in den anderen wandern und legte ihn wieder neben die Papiere auf den Tisch. Er schaute nicht auf den Schirm des Detektors, sondern Vuk direkt in die Augen, und Vuk erwiderte den Blick, als der Oberst mehr erklärte als fragte: »Du sagst, du kannst beweisen, daß Azim in Wirklichkeit ein irakischer Maulwurf ist.«
    »Ja, das sage ich.«
    »Du sagst, du kannst ihn finden und aufdecken, daß er ein irakischer Agent ist.«
    »Ja, das sage ich.«
    »Du sagst, du kannst damit, falls du ihn findest, ohne jeden Zweifel dokumentieren …«
    » Wenn ich ihn finde.«
    »Wenn du ihn findest, kannst du ohne jeden Zweifel eine deutliche und unbestreitbare Verbindung zwischen Saddam Hussein und Osama bin Ladens Terrornetzwerk nachweisen.«
    »Korrekt. Ich kann al-Qaida und Saddam so miteinander verknüpfen, daß kein Zweifel mehr besteht, daß Saddam und Osama einen gemeinsamen Krieg gegen die USA führen, auch wenn Saddam dies nie zugeben würde.«
    »Kannst du das beschwören?«
    »Das kann ich beschwören.«
    Der Oberst lehnte sich zurück. Ein kaum zu bemerkendes Lächeln vertiefte die Falten an seinen Mundwinkeln. Er beugte sich wieder vor und fixierte Vuk.
    »Du glaubst ja nicht an Gott, worauf willst du dann schwören? Was ist dir eigentlich heilig, John?«
    »Meine Familie. Anna, Jonathan und Cathy.«
    »Schwörst du auf die Zukunft und das Wohl deiner Familie, daß du mir die Wahrheit gesagt hast?«
    »Ich schwöre auf die Zukunft meiner Familie, daß ich Ihnen die Wahrheit gesagt habe.«
    »Das hoffe ich, John. Das hoffe ich wirklich. Für dich, für deine Familie und für die Vereinigten Staaten von Amerika hoffe ich, daß du die Wahrheit gesagt hast.«

17
    Wenige Tage später war der Oberst aus Washington zurückgekehrt. Er hatte einen Beschluß im Gepäck. Vuk saß im klaren Morgenlicht auf der Veranda, trank Kaffee und las die Zeitungen, die jeden Tag von der Ost- und der Westküste des Festlands eingeflogen wurden und zu denen er jetzt uneingeschränkt Zugang hatte, als Mike kam und ihn fragte, ob er ein paar Minuten Zeit habe. Mike sah rundum zufrieden aus und reckte seinen Daumen in die Höhe.
    Der Oberst wollte Golf spielen gehen. Er saß hinter seinem Schreibtisch im alten Salon der Villa und trug ein grünes Polohemd, lange karierte Shorts und eine Baseballkappe, auf der »Hawaii« stand. Er hatte einen Golfball in der Hand und warf ihn leicht in die Luft. Der Raum stank nach seinen Zigarren, aber er lächelte so breit, wie es seine schmalen Lippen erlaubten.
    »Hallo, John. Willkommen an Bord. Du bist überprüft, und ab sofort bist du im Dienst.«
    »Danke. Wann darf ich meine Familie sehen?«
    »Mein Job ist beendet«, fuhr der Oberst ungerührt fort.
    »Ich will heute früh nur noch eben achtzehn hübsche Löcher machen, dann fliege ich nach Washington zurück. Nicht eben gern. Die Stadt ist ein Drecksloch, das nur an Politik denkt und daran, die Leute über den Tisch zu ziehen, aber Pflicht ist Pflicht. Die CIA übernimmt die operative Seite. Von jetzt an führt dich Phil Marker. Ihr fangt heute mit den Vorbereitungen an.«
    »Und meine Familie, Oberst?«
    »Immer langsam mit den jungen Pferden, John. Möchtest du eine Zigarre?«
    »Nein, danke.«
    »Komisch, daß man nicht genießen darf, was der liebe Gott uns schenkt. Das können die Dreckskommunisten in Kuba wirklich. Eine gute Zigarre rollen, also scheiß drauf, daß es das Gesetz nicht erlaubt. Der heutige Tag ist wie geschaffen für eine gute Zigarre. Oder zwei.«
    Der Oberst steckte den Golfball in die Tasche und nahm sich eine Zigarre vom Tisch, zündete sie umständlich an, sog daran und stieß den Rauch wieder aus. Dann lehnte er sich

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