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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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Fingenegocios wollte nicht, dass wir blieben und ihm halfen. Ach, das bringe ich im Nu wieder in Ordnung, sagte er, und danach an den Portugiesen gewandt, es wäre besser, wenn er das Weite suchte. Er machte dieselbe Geste wie vorher der Portugiese und setzte hinzu, nicht dass sich die Sekretärin des Bürgermeisters die Sache doch noch überlegte, nachgab und er vom Regen in die Traufe käme. Ich lachte mit, um nicht als Dummkopf dazustehen, aber in Wirklichkeit verstand ich kein Wort. Und das war nicht das einzige.
    Erst nachdem wir das Dorf verlassen hatten, wagte ich zu fragen. »Wieso weiß Señorita Ascención nicht, dass Paula deine Freundin ist?«
    »Darum nicht. Fast niemand weiß es.« Er packte mich am Arm und starrte mich an. »Also posaune es bloß nicht überall herum, ja?«
    »Nein, ich verrate es nicht, trotzdem verstehe ich nicht, warum.«
    »Es ist ganz einfach. Paula kommt nicht gern ins Dorf, und ich komme nur, wenn ich etwas hier zu erledigen habe. Und zum Tanzen …« Er sah mich von der Seite an und grinste. »Besser, wir zwei tanzen allein, nicht? Das mit Putisanto war mir eine Lehre. Je weniger sie wissen, desto weniger können sie tratschen.«
    In diesem Augenblick schenkte ich seinen Worten keine Beachtung. Ich war viel zu aufgeregt angesichts der Aussicht, Elenita wiederzusehen. Dabei freute sich ihre Großmutter mehr über meinen Anblick als sie. Sie war froh, dem goldenen Käfig entflohen zu sein, in den ihre älteste Tochter sie auf ewig hatte einsperren wollen. Dabei hatte diese eine Großzügigkeit zur Schau gestellt, der Elena von Anfang an misstraute und hinter der sie mit der Zeit einen unausgesprochenen Pakt erahnte, der einer anderen Frau in ihrer Lage durchaus vorteilhaft erschienen wäre. Ihr nicht.
    Vor ihrer Enkelin wollte sie nicht reden, deshalb schickte Doña Elena sie ins große Haus, um Brot und heiße Schokolade zu holen, damit sie sich für die gestrige Einladung revanchieren konnten. Als Elena gegangen war, erzählte sie mir ihre Version der Reise, am Anfang noch lächelnd, doch dann zunehmend verärgert. Sie habe ihre Töchter großgezogen und es gerne getan, sei aber nicht bereit, nach Oviedo zu ziehen, um sich jetzt um ihre Enkel zu kümmern, im Haus ihres Schwiegersohns zu wohnen, auf seine Kosten, als hätte man sie aus Nächstenliebe aufgenommen, damit sie Kindermädchen spielte, während sie faulenzten. Es sei ihr nicht entgangen, welchen Eindruck die Geschäfte, die Theater und die eleganten Menschen auf ihre Enkelin gemacht hatten, aber sie habe auch rechtzeitig gemerkt, dass die Kleider, die Schleifen und die neuen Hüte, mit denen sie jedes Mal zurückgekehrt war, wenn sie mit ihrer Tante ausging, Teil einer Strategie waren, die sie davon überzeugen sollte, nicht wieder nach Fuensanta zurückzukehren. So war ihre Freude mehr und mehr erloschen, bis sie sich plötzlich mitten in einem Satz, den sie nicht einmal zu Ende geführt hatte, gänzlich in Luft auflöste. Aber ich habe keine Lust, darüber zu sprechen, verstehst du. Ich hatte sehr unangenehme Diskussionen mit meiner Tochter und meinem Schwiegersohn. Er wirft mir vor, ein Problem für ihn zu sein, stell dir vor, er sagt, dass ich seiner Karriere schade, weil ich hier auf diesem Hof wohne, und … Dabei weiß ich ja selbst nicht, ob ich das Richtige getan habe. Ich wusste es und sagte es ihr auch, und wie froh ich sei, dass sie wieder da war, weil ich sie sehr vermisst hätte. Kann ich mir denken, sagte sie und warf mir einen koketten Blick von der Seite zu, bestimmt wegen der Bücher, nicht? Aber nein, entgegnete ich, ich habe mir ja welche ausgeliehen …
    Als der November zu Ende ging und Doña Elena immer noch nicht zurück war, und als dann der Dezember kam und der Portugiese erzählte, im Hof der Rubias hätten sie nichts von ihr gehört, wagte ich mich noch einmal zum Häuschen hinauf. Ich stellte den Kurier des Zaren zurück und musste feststellen dass ich Jules Vernes’ Werke bald durch hätte. Mir blieb nur noch die Wahl zwischen den Abenteuern des Kapitän Hatteras und einem Exzentriker mit einem Faible für das Gänsespiel, zwischen dem Nordpol und den Vereinigten Staaten von Amerika, zwischen der anonymen Identität eines Millionärs, der England zum Vorreiter der Antarktisforschung machen will, und der anonymen Identität eines Millionärs, der entschlossen ist, dem Gewinner einer Partie seines Lieblingsspiels sein ganzes Vermögen zu hinterlassen. Ich entschied mich für letzteres,

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