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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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als ich ihr eröffnete, dass ich am nächsten Tag nach der Schule zu Doña Elena gehen würde, um sie zu begrüßen und mich zu erkundigen, wann wir mit den Französischstunden beginnen könnten. Am nächsten Morgen fragte sie mich, warum ich meine Sonntagskleider angezogen hätte, wenn es doch Montag war.
    »Weil wir heute Zeugnisse bekommen«, erklärte ich.
    »Na und?«
    »Na ja … der Lehrer sagt immer, wir sollten anständig angezogen zur Schule kommen, und ich dachte, ich sollte mich ein bisschen in Schale werfen.«
    »Wenn du meinst«, antwortete sie und gab mir wie jeden Morgen einen Kuss auf die Stirn.
    Als Don Eusebio die Zeugnishefte austeilte, die wir vor Donnerstag unterschrieben zurückbringen mussten, gratulierte ich mir zu der schlauen Rückeroberung meiner guten Noten, die die Weihnachtsferien in einen kleinen Sommer mitten im Winter verwandeln würden. Danach fiel es mir nicht schwer, Paquito abzuschütteln, der sich aus der Schule schleppte, als wären seine Fußknöchel an die Kette der Mathematik gefesselt, in der er wieder einmal durchgefallen war, und bevor ich mich auf den Weg machte, ging ich noch zur Toilette, feuchtete mir das Haar an und kämmte es vor dem Spiegel, doch es nutzte nicht viel, denn all meine Sorgfalt bekam nur der Portugiese zu sehen, der mit verschränkten Armen vor dem Schultor stand und auf mich wartete.
    »Seht euch das an«, sagte er, obwohl er ganz allein war. »Du siehst aus wie Don Juan Tenorio höchstpersönlich. Und so ordentlich gekämmt.«
    »Ja, aber …« Ich ging auf ihn zu und senkte die Stimme. »Ich … wenn ich nicht …«
    »Gib dir keine Mühe, ich weiß alles.« Er lachte. »Heute Morgen bin ich Fingenegocios begegnet, und der hat mir erzählt, dass du ihm fünfzig Céntimos schuldest, nicht? Dann lass uns sofort zum Rathaus gehen und unseren Lohn abholen, damit du deine Schulden bezahlen kannst, außerdem wirst du Geld jetzt bitter nötig haben. Du hast keine Ahnung, wie teuer es ist, die Frauen bei Laune zu halten.«
    »Es ist keine Frau, es ist Elenita.«
    »Elenita?« Er lachte erneut. »Du meinst wohl Elena-wenn-es-dir-nichts-ausmacht-danke, denn etwas anderes kriegt man von ihr nicht mehr zu hören.«
    Den ganzen Weg über machte er sich über mich lustig, doch es störte mich nicht. Ich fühlte mich gut, fast beschützt von seinen Witzen. Ganz ähnliche hatte der Portugiese in jenem Sommer über sich selbst gemacht, als Paula noch mit einer Fischschere in der Schürzentasche herumgelaufen war. Und nachdem uns Señorita Ascención endlich bezahlt hatte – Meine Güte, Pepe, du machst dich so rar, ich verstehe nicht, wie du so alleine leben kannst, in der alten Mühle, ohne je ins Dorf zu kommen, um zu tanzen, und ohne Freunde, dabei gibt es so viele hübsche, unverheiratete Frauen hier –, lachten wir weiter. Er beharrte darauf, dass wir uns das Geld teilten, obwohl ich nicht mit so viel gerechnet hatte, und wechselte mir eine Pesete, damit ich Fingenegocios die fünfzig Céntimos zurückgeben konnte.
    »Na, mein Junge, alles klar? Steck sie mir in die Hemdentasche.« Er war dabei, den Eingang der Krippe zu überdachen, hielt mit der linken Hand die Bretter fest und in der rechten den Hammer. »Danke.« Dann wandte er sich Pepe zu. »Und du? Alles in Ordnung bei dir?«
    »Ich?« Pepe ging auf ihn zu, vergewisserte sich, dass ihn niemand sehen konnte, und machte dann eine Geste, die ich noch nie gesehen hatte. »Die ist …«, er wiederholte die Geste, schneller diesmal, »… kann ich dir sagen.«
    Fingenegocios musste so laut lachen, dass ihm das Dach aus der Hand rutschte. Die Bretter brachten die Seiten der Krippe zum Einsturz und wirbelten eine Wolke von Sägespänen auf.
    »Und jetzt?« Erstaunlich gut imitierte er die hohe Stimme von Don Bartolomé, während er aufstand, als wollte er sich das Desaster von oben ansehen. »Wo soll das Jesuskind jetzt zur Welt kommen? Was bist du bloß für ein seelenloser Unmensch, Joaquin!«
    Der Portugiese lachte am lautesten, und während ich ihn beobachtete, wurde mir bewusst, warum ich mich so wohl fühlte. Ich war soeben in die Bruderschaft der Männer aufgenommen worden, mitsamt ihrer Komplizenschaft von obszönen Gesten und mehrdeutigen Worten, dem Kodex ausgesprochener Blasphemien und vielsagenden Schweigens, der Solidarität des heute du, morgen ich, zwei Möpse sind mir lieber als zwei Klöpse und so weiter, obwohl ich nur eine vage Vorstellung davon hatte, was diese Taufe bedeutete.

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