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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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zukünftige Schwiegermutter musste später zugeben, dass er zwar ein Vermögen erben würde, aber erheblich kleiner war als der Untergebene ihres Mannes und obendrein noch vor seinem vierzigsten Geburtstag kein Haar mehr auf dem Kopf hätte.
    Als la Michelina schließlich das Handtuch warf und die gute Partie ihrer Tochter öffentlich kundtat, hatte Filo bereits zum zweiten Mal den Kaffee erbrochen, den sie bei ihrer morgendlichen Runde durchs Dorf in Cuelloduros Bar trank. Mathilde la Piriñaca, die um diese Zeit auch immer dort saß, runzelte nur die Stirn, als Filo kreidebleich, mit schweißüberströmtem Gesicht und der Hand vor dem Mund hinausstürzte und kurz darauf zurückkam, um Cuelloduro den Kaffee zu bezahlen, den sie kaum angerührt auf dem Tresen stehen ließ. Drei Tage später wiederholte sich die gleiche Szene, und diesmal konnte la Piriñaca den Mund nicht halten.
    »Du bist schwanger, Rubia.« Das soll sie gesagt haben, woraufhin Filo ihr einen dieser Blicke zugeworfen hatte, die angeblich töten können.
    »Du kannst mich mal, Piriñaca!«
    Anschließend zahlte sie und ging, doch es war nicht das letzte Mal, dass sie sich das anhören musste.
    »Du bist schwanger, das sieht man gleich.« Und nachdem la Piriñaca dies wie ein unanfechtbares Urteil verkündet hatte, wandte sie sich an die anderen. »Ich irre mich nie, das wisst ihr. Die ist so schwanger, wie ich Piriñaca heiße, ihr werdet es sehen.«
    Filo kehrte für den Rest des Jahres nicht mehr in Cuelloduros Bar zurück, doch ihre Abwesenheit nährte nur noch mehr Gerüchte, und die größten Nutznießer waren die beiden frischgebackenen Verlobten in der Kaserne mit ihrem ja, mein Schatz, aber sicher, Liebling, mein Ein und Alles, ich dich auch, und ich dich noch viel mehr. Kein Mensch achtete auf sie. Die schmalzigen Liebesbezeugungen, mit denen Mediamujer ihren Curro beim kleinsten Anlass wie mit parfümiertem Balsam überschüttete, und die ihn, seinem dämlichen Gesicht nach zu urteilen, mehr entzückten als erdrückten, hatten keine Chance gegen die wütende Unabhängigkeitserklärung, die Catalinas Tochter am Tag der Drei Heiligen Könige machte, als sie, von ihren beiden Schwestern wie Schildknappen flankiert, in der Bar erschien.
    »Was ist los?« Sie stützte die Ellbogen auf den Tresen und ließ den Blick über einen Gast nach dem anderen schweifen, ehe sie sagte: »Ja, ich bin schwanger, im vierten Monat. Hat jemand was dagegen? Ich schäme mich nicht, und im übrigen ist es allein meine Sache. Der Vater stammt nicht aus diesem Dorf, er ist nicht einer von euren Ehemännern, und wie er heißt, geht euch einen Scheißdreck an. Ist das klar?«
    Niemand wagte, darauf zu antworten. Einige sahen sich schweigend an, andere täuschten ein winziges Lächeln vor, die meisten jedoch beschränkten sich darauf, große Augen zu machen und die Lippen so fest zusammenzupressen, als hätte ihnen das Staunen für immer die Sprache verschlagen. Doch dann lächelte Paula tatsächlich und zeigte dabei sämtliche Zähne.
    »Ja, sieht so aus.« Sie drehte sich um und schlug mit der Hand auf den Tresen. »Dreimal Milchkaffee, Antonio. Mit einem Schuss Weinbrand.«
    »Genau«, sagte Chica lächelnd. »Wir haben etwas zu feiern.«
    Obwohl sie darauf bestanden zu zahlen, weigerte sich Cuelloduro nicht nur, ihr Geld anzunehmen, sondern nahm unter dem Tresen eine Schachtel hervor, die noch nie jemand gesehen hatte. Sie war voller herrlich krümeliger Polvorones, die seine Frau jedes Jahr zu Weihnachten mit Mandeln und Schokolade buk und nur innerhalb der Familie verteilte. An diesem Morgen aber nahm er drei heraus, legte jeden auf einen Teller und stellte sie vor die drei Rubias.
    »Geht aufs Haus«, sagte er laut und grinste vielsagend, denn er wusste genau, wie seine Gäste staunen würden. »Und der Rest auch, verdammt. Seit dem Überfall Cencerros auf den Bürgermeister von Alcaudete habe ich mich nicht mehr so gefreut.«
    Aber viele seiner Gäste dachten nicht so liberal wie er, und dass sie Antifaschisten waren, hinderte sie nicht daran, die Szene bis ins kleinste Detail auszukosten. Während sie von Mund zu Mund weitergegeben wurde, wurde sie immer größer, wie ein Schneeball, der einen Hang hinunterrollt, bis sie die Ohren des Feindes erreichte, angereichert durch eine romantische Dramatik, sodass den Betschwestern das Wasser im Mund zusammenlief und sie sich bekreuzigten, sobald sie davon hörten. Mutter gehörte nicht zu den Schlimmsten, aber sie

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